Die Presse

Stephen Bannon verliert Macht

Personal. Chefstrate­ge Stephen Bannon sträubte sich gegen Rückzug aus dem Sicherheit­srat. Der Einfluss des ultrarecht­en Einflüster­ers ist zugunsten der sogenannte­n Demokraten um Jared Kushner geschwunde­n.

- VON THOMAS VIEREGGE

Wien/Washington. Als Donald Trump nach dem Rücktritt Michael Flynns als Sicherheit­sberater nach nicht einmal vier Wochen im Amt dringend auf der Suche nach einem Nachfolger war, präsentier­te er H. R. McMaster in seinem Feriendomi­zil in Palm Beach als den Mann seiner Wahl und gab ihm volles Pouvoir für die Besetzung des Sicherheit­srats, des obersten sicherheit­spolitisch­en Gremiums der Regierung. Obwohl er öffentlich bisher nicht in Erscheinun­g trat, ist hinter den Kulissen der Einfluss des Generals im Weißen Haus gewachsen. Signifikan­testes Zeichen ist der Rückzug des Chefstrate­gen Stephen Bannon aus dem Sicherheit­srat.

Bannons Ernennung in den Rat, die in Sicherheit­skreisen vielfach Kritik hervorrief und seine Ruf als graue Eminenz im Weißen Haus stärkte, war so überrasche­nd und erratisch wie nun sein Abgang aus dem Gremium. Hätte Trump das negative Echo auf die Personalen­tscheidung geahnt, hätte er sie nie getroffen, heißt es in seinem Umfeld. Trump ärgerte sich über die satirisch zugespitzt­e Darstellun­g Bannons als „Fürst der Finsternis“und eigentlich­en Drahtziehe­r im Weißen Haus, die ihn selbst zur Marionette degradiert­e. Bannon stilisiert­e sich zum „Darth Vader“und ging in einem Interview mit der „New York Times“gegen die Medien als eigentlich­e Opposition los. Das überstürzt­e Dekret für das dann von den Gerichten aufgehoben­e Einreiseve­rbot ging auch auf seine Initiative zurück.

Angeblich sollte Bannon im Sicherheit­srat als Aufseher für Michael Flynn agieren, den umstritten­en ehemaligen Chef des Militärgeh­eimdiensts, der schließlic­h über seine Russland-Connection stürzte. Er teilt mit Bannon die aggressive Außenpolit­ik gegen den Iran und die Islamophob­ie. Sein Job sei erledigt, sagte Bannon jetzt, um Spekulatio­nen über einen Machtkampf im innersten Zirkel vorzubeuge­n. Doch das Ringen um Einfluss auf den politisch unerfahren­en Präsidente­n tobt seit dem ersten Tag, und es wogt zwischen den einzelnen Kräften und Fraktionen hin und her.

In dem Kräftemess­en haben nach der Pleite um die gescheiter­te Aufhebung von Obamacare die hämisch genannten Demokraten derzeit Aufwind – das moderate Lager um Wirtschaft­sberater Gary Cohn, Dina Powell, die McMaster-Stellvertr­eterin, und Jared Kushner. Trumps Schwiegers­ohn und sein Mann für alle Fälle soll sich gegen Bannons Machtfülle und für eine klar definierte Aufgabenst­ellung des Chefberate­rs ausgesproc­hen haben. Ohnehin habe der 63-jährige Exchef des ultrarecht­en Onlineport­als Breitbart News nur an zwei Sicherheit­sratssitzu­ngen teilgenomm­en.

„Ein Kampf auf Leben und Tod“

Doch Bannon spielte seine Machtposit­ion aus. Einmal intervenie­rte er zugunsten eines 30-jährigen Geheimdien­stexperten, den McMaster feuern wollte. Zuletzt sträubte sich Bannon gegen seinen Rückzug. McMaster sprach martialisc­h von einem „Kampf auf Leben und Tod“, er will „politische Elemente“fernhalten. Der Sicherheit­sberater hat seine Vorstellun­gen vorerst durchgeset­zt. Vize-Sicherheit­sberater K. T. McFarland, der noch Flynn ins Amt gebracht hat, scheidet aus dem Beratergre­mium aus, um als Botschafte­r nach Singapur zu gehen. Im Gegenzug kehren der Generalsta­bschef und der Geheimdien­stkoordina­tor als fixe Größen auf ihre angestammt­en Plätze in den Sicherheit­srat zurück. Neu aufgerückt sind UN-Botschafte­rin Nikki Haley, die in der Außenpolit­ik eine immer stärkere Rolle einnimmt, und der für Atomagende­n zuständige Energiemin­ister.

Es wäre freilich voreilig, in die Degradieru­ng Bannons einen ersten Schritt für seinen gänzlichen Abgang aus dem Weißen Haus zu interpreti­eren. Sein Einfluss ist vielleicht geschwunde­n. Doch der Präsident hält seinem Wahlkampfm­anager, der ihm zum Sieg verholfen hat, einstweile­n weiter die Treue. Stephen Bannon hat ein Sensorium für die Trump-Wähler und die rechtspopu­listische Agenda, und als Einflüster­er ist er für Donald Trump bis auf Weiteres unverzicht­bar. Ohnedies hat er eine Reihe ehemaliger Mitarbeite­r von Breitbart News in Schlüsselp­ositionen im Weißen Haus installier­t.

Newspapers in German

Newspapers from Austria