Die Presse

Warum ist Orb´an noch in der EVP?

Der ungarische Fidesz verstößt mit seinem AntiEU-Kurs gegen die Satzung der Europäisch­en Volksparte­i.

- VON WOLFGANG BÖHM wolfgang.boehm@diepresse.com

Macht

kostet Glaubwürdi­gkeit. Speziell dann, wenn sie mit zu vielen inhaltlich­en Zugeständn­issen erkauft wird. Die Europäisch­e Volksparte­i (EVP) ist die mächtigste Parteienfa­milie der EU. Sie stellt die meisten Mitglieder der EUKommissi­on, die größte Gruppe an Regierungs­chefs und die meisten Abgeordnet­en im Europaparl­ament.

Damit das so bleibt, schaut die Parteispit­ze unter dem französisc­hen Politiker Joseph Daul gerne einmal beiseite, wenn eines ihrer Mitglieder auf Abwege gerät. Seit Jahren ignoriert sie die Politik des ungarische­n Ministerpr­äsidenten, Viktor Orban.´ Nun verstößt er erneut gegen die Satzung der EVP, in der es heißt, dass alle Mitglieder sich verpflicht­en, „den Einigungs- und föderalen Integratio­nsprozess in Europa als konstituie­renden Bestandtei­l der Europäisch­en Union zu fördern“.

Orban´ paktiert mit nationalis­tischen Kräften wie der PiS in Polen. Nun sandte er einen Umfragebog­en an seine Landsleute, der sich gegen eine europäisch­e Solidaritä­t und gegen Regeln des Binnenmark­ts richtet. Es geht nicht mehr darum, eine manchmal quere EU-Politik zu kritisiere­n. Orban´ arbeitet gegen jene Regeln, die sein Land mit dem Beitritt übernommen hat. Und er höhlt die Glaubwürdi­gkeit gemeinsam beschlosse­ner Entscheidu­ngen aus.

Für die EVP wird es Zeit, Konsequenz­en zu ziehen oder ihre Werte offen zu verraten.

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