Die Presse

N Österreich früh die Ehe schließt

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Recht dann nicht akzeptiert wird, wenn es den Grundwertu­ngen der österreich­ischen Rechtsordn­ung widerspric­ht. Daraus leitet Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er ab, dass „wirkliche Kinderehen“in Österreich ohnedies nicht anerkannt werden, wie er im Zuge einer parlamenta­rischen Anfrage im Vorjahr erklärte.

Jung heiraten: Zahl rückläufig

Zahlen gibt es über jene, die sich auf österreich­ischem Boden minderjähr­ig trauen lassen. Im Jahr 2015 waren dies 46 Personen: Zehn Frauen heirateten mit 16 Jahren, 33 Frauen mit 17 Jahren. Dazu kamen laut Statistik Austria drei Männer, die minderjähr­ig (alle waren 17 Jahre alt) eine Frau heirateten.

Die Zahl jener, die in Österreich so jung zum Standesamt gehen, war schon einmal deutlich höher. Im Jahr 2000 heirateten etwa 228 Personen unter 18 Jahren, im Jahr 2004 noch 167. „Die Zahl nimmt stark ab, ich habe seit Jahren keinen Fall mehr gehabt“, erklärt Doris Täubel-Weinreich, Vorsitzend­e der Fa- milienrich­ter, aus der Praxis. Früher seien es vor allem Personen aus Ex-Jugoslawie­n gewesen, die die Ehe minderjähr­ig eingehen wollten, berichtet Täubel-Weinreich. In solchen Fällen spreche man als Richterin mit den Ehekandida­ten getrennt, um zu klären, ob man die Heirat genehmigt. Bei Flüchtling­en hingegen tauche zuletzt die Frage, ob eine im Ausland geschlosse­ne Ehe gültig ist, verstärkt auf, sagt die Richterin zur „Presse“.

Eine generelle Anhebung des Heiratsalt­ers auf 18 Jahre könne auch in Österreich sinnvoll sein, meint Professori­n Astrid Deixler-Hübner von der Uni Linz. Das würde rechtlich „einiges erleichter­n“, zumal dann die Sonderrege­ln für Minderjähr­ige wegfallen würden. Bereits gültig in Österreich geschlosse­ne Ehen von Minderjähr­igen solle man aber bestehen lasse, sagt die Expertin.

Eine Gesetzesän­derung nach deutschem Vorbild ist aber hierzuland­e ohnedies nicht geplant. „Wir sehen derzeit keinen Regelungsb­edarf für Österreich“, erklärte ein Sprecher von Justizmini­ster Brandstett­er.

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