„Die Führungsdebatte ist eine Pseudodebatte“
Grüne. Die Parteispitze ist bemüht, die Ablösegerüchte um Bundessprecherin Eva Glawischnig zu zerstreuen. Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik greift im Gespräch mit der „Presse“den Führungszirkel der Jungen Grünen scharf an.
Wien. Eine Woche nach der Trennung von der Jugendorganisation hat sich die Debatte bei den Grünen auf eine andere, eine höhere Ebene verlagert. Plötzlich machen Ablösegerüchte um Bundessprecherin Eva Glawischnig die Runde. Ingrid Felipe, Parteichefin in Tirol, wurde bereits als mögliche Nachfolgerin genannt. Oder auch der ehemalige Bundesparteisekretär Lothar Lockl, der Alexander Van der Bellens Kampagne geleitet hat.
Doch beide dementierten. Sie wolle die Tiroler Grünen nächstes Jahr in die Landtagswahl führen, sagte Felipe am Mittwoch in der „ZiB 2“. Und Lockl erklärte der „Kleinen Zeitung“: „Ich bin seit acht Jahren in der Privatwirtschaft. Ich mache das mit großer Freude und werde auch dort bleiben.“
Wie auch immer: Die Parteispitze war am Donnerstag bemüht, die Gerüchte zu zerstreuen. „Die Führungsdebatte ist eine Pseudodebatte“, sagte Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik zur „Presse“. Eva Glawischnig sei die „erfolgreichste Grünen-Chefin Europas und die erfolgreichste Bundessprecherin in der Parteigeschichte“. Er glaube nicht, dass sie außerhalb eines kleinen Führungszirkels bei den Jungen Grünen ernsthaft infrage gestellt werde. Allerdings sei das mediale Kalkül der Jugendorganisation, die Glawischnigs Ablöse durch Felipe gefordert hatte, aufgegangen. Wobei sich Luschniks Kritik explizit nicht an die „vielen en- gagierten Jungen Grünen“richtet, sondern an eine Gruppe von etwa sieben Personen um Bundessprecherin Flora Petrik.
18.000 Euro für Schulungen
Zu deren Einflüsterern zählt Luschnik auch Petriks Vorgänger Cengiz Kulac,¸ der im Jänner in der „Blattlinie“, der Publikation der „Jungen Grünen“, mit diesem Satz zitiert wurde: „Die Grünen müssen auf den Kopf gestellt werden, egal ob sie das überleben oder nicht. Überleben sie diesen Prozess, sind sie stärker als je zuvor. Wird die Partei dabei auseinanderbrechen, wird Neues entstehen.“
Bei den schärfsten Kritikern der Petrik-Gruppe macht derzeit das Wort „Putschversuch“die Runde. So weit will der Bundesgeschäftsführer nicht gehen. Allerdings sieht Luschnik im Zitat von Cengiz Kulac¸ bereits „den Handlungsplan dessen, was dieser Führungszirkel jetzt tut“. Die Gruppe sei „kommunikativ gut geschult“. Immerhin hätte sie im letzten Halbjahr 18.000 Euro für Kommunikation und Medien- schulung ausgegeben, wie aus der Buchhaltung der Jungen Grünen hervorgehe.
Die aktuelle Außenwirkung der Partei, die Felipe mit „Vier minus“benotet hat, findet auch Luschnik „bedauerlich“. Wenn Vertreter einer Teilorganisation jedoch täglich versuchten, die Parteichefin zu beschädigen, „während wir uns um eine konstruktive Lösung bemüht haben“, dann komme es zu einer „kommunikativen Schieflage“.
Michel Reimon, EU-Abgeordneter und wie Luschnik Mitglied im Bundesvorstand der Grünen, „gratulierte“inzwischen all jenen, die sich am Glawischnig-Bashing beteiligt haben. Namen nannte er nicht, aber der Führungszirkel der Jungen Grünen war jedenfalls mitgemeint. „Wir wählen vermutlich im November, und ihr habt die Spitzenkandidatin erfolgreich beschädigt, um Druck für interne Macht- und Karrierespielchen zu machen“, schrieb Reimon auf seiner Facebook-Seite. „Wenn die FP im November stärkste Partei wird und wir im Wahlkampf noch an dieser Kampagne leiden, erzählt mir bitte nichts vom ,Kampf gegen rechts‘. Das ist Rhetorik, in der Praxis schießt ihr aufs andere Tor.“
Eva Glawischnig hat sich bisher nicht zu Wort gemeldet. Sie laboriert nach wie vor an den Folgen eines allergischen Schocks. Es gehe ihr schon besser, sie sei aber noch in Behandlung, teilte ihre Sprecherin am Donnerstag mit. Wann sie wieder arbeiten kann, ist unklar.
Studierende an Grazer und Linzer Unis haben sich im Oktober von der offiziellen grünen Studentenfraktion, Gras, abgespalten. Die neuen Grünen Studierenden argumentieren, dass die Gras wegen ihres Konsensprinzips unreformierbar sei. Das Potenzial für eine starke grüne und linke Studentenorganisation liege brach. Parteikarriere sei das höchste Ziel von Teilen der Gras. Weil die Jungen Grünen diese Splittergruppe unterstützen, hat sich die Partei vor einer Woche von ihnen getrennt.