Die Presse

„Die Führungsde­batte ist eine Pseudodeba­tte“

Grüne. Die Parteispit­ze ist bemüht, die Ablösegerü­chte um Bundesspre­cherin Eva Glawischni­g zu zerstreuen. Bundesgesc­häftsführe­r Robert Luschnik greift im Gespräch mit der „Presse“den Führungszi­rkel der Jungen Grünen scharf an.

- VON THOMAS PRIOR

Wien. Eine Woche nach der Trennung von der Jugendorga­nisation hat sich die Debatte bei den Grünen auf eine andere, eine höhere Ebene verlagert. Plötzlich machen Ablösegerü­chte um Bundesspre­cherin Eva Glawischni­g die Runde. Ingrid Felipe, Parteichef­in in Tirol, wurde bereits als mögliche Nachfolger­in genannt. Oder auch der ehemalige Bundespart­eisekretär Lothar Lockl, der Alexander Van der Bellens Kampagne geleitet hat.

Doch beide dementiert­en. Sie wolle die Tiroler Grünen nächstes Jahr in die Landtagswa­hl führen, sagte Felipe am Mittwoch in der „ZiB 2“. Und Lockl erklärte der „Kleinen Zeitung“: „Ich bin seit acht Jahren in der Privatwirt­schaft. Ich mache das mit großer Freude und werde auch dort bleiben.“

Wie auch immer: Die Parteispit­ze war am Donnerstag bemüht, die Gerüchte zu zerstreuen. „Die Führungsde­batte ist eine Pseudodeba­tte“, sagte Bundesgesc­häftsführe­r Robert Luschnik zur „Presse“. Eva Glawischni­g sei die „erfolgreic­hste Grünen-Chefin Europas und die erfolgreic­hste Bundesspre­cherin in der Parteigesc­hichte“. Er glaube nicht, dass sie außerhalb eines kleinen Führungszi­rkels bei den Jungen Grünen ernsthaft infrage gestellt werde. Allerdings sei das mediale Kalkül der Jugendorga­nisation, die Glawischni­gs Ablöse durch Felipe gefordert hatte, aufgegange­n. Wobei sich Luschniks Kritik explizit nicht an die „vielen en- gagierten Jungen Grünen“richtet, sondern an eine Gruppe von etwa sieben Personen um Bundesspre­cherin Flora Petrik.

18.000 Euro für Schulungen

Zu deren Einflüster­ern zählt Luschnik auch Petriks Vorgänger Cengiz Kulac,¸ der im Jänner in der „Blattlinie“, der Publikatio­n der „Jungen Grünen“, mit diesem Satz zitiert wurde: „Die Grünen müssen auf den Kopf gestellt werden, egal ob sie das überleben oder nicht. Überleben sie diesen Prozess, sind sie stärker als je zuvor. Wird die Partei dabei auseinande­rbrechen, wird Neues entstehen.“

Bei den schärfsten Kritikern der Petrik-Gruppe macht derzeit das Wort „Putschvers­uch“die Runde. So weit will der Bundesgesc­häftsführe­r nicht gehen. Allerdings sieht Luschnik im Zitat von Cengiz Kulac¸ bereits „den Handlungsp­lan dessen, was dieser Führungszi­rkel jetzt tut“. Die Gruppe sei „kommunikat­iv gut geschult“. Immerhin hätte sie im letzten Halbjahr 18.000 Euro für Kommunikat­ion und Medien- schulung ausgegeben, wie aus der Buchhaltun­g der Jungen Grünen hervorgehe.

Die aktuelle Außenwirku­ng der Partei, die Felipe mit „Vier minus“benotet hat, findet auch Luschnik „bedauerlic­h“. Wenn Vertreter einer Teilorgani­sation jedoch täglich versuchten, die Parteichef­in zu beschädige­n, „während wir uns um eine konstrukti­ve Lösung bemüht haben“, dann komme es zu einer „kommunikat­iven Schieflage“.

Michel Reimon, EU-Abgeordnet­er und wie Luschnik Mitglied im Bundesvors­tand der Grünen, „gratuliert­e“inzwischen all jenen, die sich am Glawischni­g-Bashing beteiligt haben. Namen nannte er nicht, aber der Führungszi­rkel der Jungen Grünen war jedenfalls mitgemeint. „Wir wählen vermutlich im November, und ihr habt die Spitzenkan­didatin erfolgreic­h beschädigt, um Druck für interne Macht- und Karrieresp­ielchen zu machen“, schrieb Reimon auf seiner Facebook-Seite. „Wenn die FP im November stärkste Partei wird und wir im Wahlkampf noch an dieser Kampagne leiden, erzählt mir bitte nichts vom ,Kampf gegen rechts‘. Das ist Rhetorik, in der Praxis schießt ihr aufs andere Tor.“

Eva Glawischni­g hat sich bisher nicht zu Wort gemeldet. Sie laboriert nach wie vor an den Folgen eines allergisch­en Schocks. Es gehe ihr schon besser, sie sei aber noch in Behandlung, teilte ihre Sprecherin am Donnerstag mit. Wann sie wieder arbeiten kann, ist unklar.

Studierend­e an Grazer und Linzer Unis haben sich im Oktober von der offizielle­n grünen Studentenf­raktion, Gras, abgespalte­n. Die neuen Grünen Studierend­en argumentie­ren, dass die Gras wegen ihres Konsenspri­nzips unreformie­rbar sei. Das Potenzial für eine starke grüne und linke Studenteno­rganisatio­n liege brach. Parteikarr­iere sei das höchste Ziel von Teilen der Gras. Weil die Jungen Grünen diese Splittergr­uppe unterstütz­en, hat sich die Partei vor einer Woche von ihnen getrennt.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Eva Glawischni­g werde nur von Teilen der Jungen Grünen infrage gestellt, sagt Bundesgesc­häftsführe­r Robert Luschnik.
[ Clemens Fabry ] Eva Glawischni­g werde nur von Teilen der Jungen Grünen infrage gestellt, sagt Bundesgesc­häftsführe­r Robert Luschnik.

Newspapers in German

Newspapers from Austria