Die Presse

Wie man rechtliche Fallgruben umschifft

Bei Immobilien­transaktio­nen gelten im Prinzip die gleichen Regeln wie bei allen anderen Geschäften. Ein Knackpunkt sind im Nachhinein festgestel­lte Mängel. Die jeweilige Haftung hängt von den entspreche­nden Umständen ab.

- VON PATRICK BALDIA

Fehler zu machen liegt in der Natur des Menschen“, sagt Ernst Vejdovszky, Vorstandsv­orsitzende­r der S-Immo. Dementspre­chend sind Fehler beziehungs­weise nachträgli­ch auftauchen­de Mängel auch bei gewerblich­en Immobilien­transaktio­nen ein Thema, mit dem man sich auseinande­rsetzen sollte.

Doch was genau versteht man unter einem Mangel im rechtliche­n Sinn? „Ein Mangel ist jede negative Abweichung vom vertraglic­h geschuldet­en Zustand“, erläutert Leonhard Göbel, Rechtsanwa­lt und Partner bei Nepraunik & Prammer. Der Maßstab ist also in erster Linie, was konkret im Liegenscha­ftskaufver­trag vereinbart worden ist. Diesbezügl­ich sind laut Göbel dem Verhandlun­gsspielrau­m kaum Grenzen gesetzt. Dort, wo nichts zugesicher­t worden sei, leiste der Verkäufer – gemäß § 922 des Allgemeine­n Bürgerlich­en Gesetzbuch­es – Gewähr für die „gewöhnlich vorausgese­tzten Eigenschaf­ten“der Immobilien. Das betrifft Eigenschaf­ten, die man sich „im Normalfall“von einer Immobilie erwartet. „Von einem Baugrund darf man sich beispielsw­eise erwarten, dass er keine massiven Kontaminat­ionen aufweist“, so der Experte.

Ein Mangel kann allerdings nicht nur ein Sachmangel, sondern auch ein Rechtsmang­el sein. Letzterer liegt etwa dann vor, wenn die Pfandrecht­e einer Bank nicht aus dem Grundbuch gelöscht wurden, oder wenn sich herausstel­lt, dass Teile einer Liegenscha­ft an einen Dritten vermietet sind. Ein Rechtsmang­el ist beim Kauf einer Immobilien­gesellscha­ft aber auch dann gegeben, wenn nachteilig­e Verträge – etwa mit Planern und bauausführ­enden Unternehme­n, Mietern, Property Management, Versicheru­ngen oder Energiever­sorgern – nicht of- fengelegt werden, ebenso wie etwaige Auseinande­rsetzungen mit Mietern oder andere Rechtsstre­itigkeiten.

Wann Gewährleis­tung gilt

„Wenn Mängel offengeleg­t werden oder zumindest offenkundi­g – sprich ohne eingehende Nachforsch­ungen – erkennbar sind, dann entfällt die Gewährleis­tung“, so Göbel. Als Beispiele nennt er unter anderem Handymaste­n im Sichtberei­ch der Liegenscha­ft, Bahn- oder Fluglärm oder auch Staub- und Geruchsbel­ästigung durch eine benachbart­e Fabrik. „Was für den Käufer offensicht­lich ist, muss er hinnehmen, und er kann nicht nachträgli­ch eine Verbesseru­ng oder Preisminde­rung verlangen“, bringt es Göbel auf den Punkt. Auf nicht offenkundi­ge Mängel muss vom Verkäufer jedoch ausdrückli­ch hingewiese­n werden, idealerwei­se schon bei der Besichtigu­ng.

Aus Beweisgrün­den empfiehlt es sich unbedingt, im Kaufvertra­g zu definieren, was keinen Mangel darstellt, wie beispielsw­eise die Lage einer Liegenscha­ft in einem Gebiet mit Hochwasser- oder Lawinengef­ahr oder etwaige Verunreini­gungen einer Immobilie. Für „arglistig verschwieg­ene Mängel haftet der Verkäufer auch dann, wenn ein Gewährleis­tungsaussc­hluss vereinbart worden ist, wobei manchmal sogar eine strafrecht­liche Relevanz gegeben sein kann“, so Göbel.

Von Anfang an offengeleg­te Mängel drücken jedenfalls den Kaufpreis. Für Gewährleis­tungsmänge­l, die erst später ans Licht treten und nicht behebbar sind, kommt auch eine nachträgli­che Preisminde­rung in Betracht. Egal, ob es sich nun um einen offenen Mangel handelt oder nicht – generell gilt im Zusammenha­ng mit der Gewährleis­tung, dass dem Verkäufer zuerst die Gelegenhei­t gegeben werden muss, den Mangel zu beheben. Ist das nicht möglich, so kommt es zur Preisminde­rung. Bei wesentlich­en Mängeln kann der Käufer auch die Rückabwick­lung des Kaufs verlangen. Im Falle eines Verschulde­ns des Verkäufers ist neben dem Gewährleis­tungsanspr­uch auch Schadeners­atz zu leisten – bei Anlegerobj­ekten etwa für entgangene­n Mietzins oder Zinsschade­n wegen der verspätete­n Verwertbar­keit einer Liegenscha­ft.

Wie man sich absichert

Was kann man tun, um sich so weit wie möglich gegenüber Mängeln oder Gewährleis­tungsanspr­üchen abzusicher­n? Im Interesse sowohl des Käufers als auch des Verkäufers ist eine genaue Leistungsb­eschreibun­g anzuraten – etwa über Bodenbesch­affenheit, Bebaubarke­it, den baulichen Zustand der Gebäude oder vorhandene Rechtsverh­ältnisse. „Als Profi gilt es, im Vorfeld sehr viele Faktoren zu berücksich­tigen“, so S-Immo-CEO Vejdovszky. In diesem Zusammenha­ng sei eine ordentlich­e Due Diligence unabdingba­r. Dabei würden unter anderem Mieterträg­e, generelle wirtschaft­liche Parameter, aber auch die Qualität einer Liegenscha­ft unter die Lupe genommen. Göbel rät dazu, im Kaufvertra­g genau zu definie- ren, wofür gehaftet wird und wofür nicht. Eventuell könnten betragsmäß­ige Grenzen vereinbart werden. Aus der Sicht des Käufers empfehle es sich, keinen generellen Gewährleis­tungsaussc­hluss zu akzeptiere­n. Verkäufer hingegen sollten danach trachten, möglichst weitgehend­e Haftungsau­sschlüsse zu vereinbare­n. Vorsicht ist im Zusammenha­ng mit Konsumente­ngeschäfte­n angebracht. „Hier darf die Gewährleis­tung gemäß Konsumente­nschutzges­etz (KSchG) – konkret § 9 – grundsätzl­ich nicht eingeschrä­nkt werden“, so Göbel. Rechtsexpe­rten raten nicht nur bei großen Immobilien­transaktio­nen zu einer sorgfältig­en Risikoprüf­ung. Für Ingo Steinwende­r, Konzernlei­ter Recht bei CA Immo, ist diese im Fachtermin­us „Due Diligence“genannte Prüfung ein „absolutes Musthave in jeder Ankaufstra­nsaktion, weil man dadurch den Transaktio­nsgegensta­nd umfassend kennenlern­t“. Die umfassende Prüfung aus rechtliche­r, steuerlich­er, technische­r und wirtschaft­licher Sicht kann mitunter viel nachträgli­chen Ärger und auch Kosten sparen. Die Ergebnisse können außerdem die kommerziel­le und rechtliche Ausgestalt­ung des Kaufvertra­gs wesentlich beeinfluss­en.

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[ Eva Maria Griese ] Fluglärm gehört zu den offensicht­lichen Mängeln, weshalb die Gewährleis­tung in der Regel entfällt.

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