Wie man rechtliche Fallgruben umschifft
Bei Immobilientransaktionen gelten im Prinzip die gleichen Regeln wie bei allen anderen Geschäften. Ein Knackpunkt sind im Nachhinein festgestellte Mängel. Die jeweilige Haftung hängt von den entsprechenden Umständen ab.
Fehler zu machen liegt in der Natur des Menschen“, sagt Ernst Vejdovszky, Vorstandsvorsitzender der S-Immo. Dementsprechend sind Fehler beziehungsweise nachträglich auftauchende Mängel auch bei gewerblichen Immobilientransaktionen ein Thema, mit dem man sich auseinandersetzen sollte.
Doch was genau versteht man unter einem Mangel im rechtlichen Sinn? „Ein Mangel ist jede negative Abweichung vom vertraglich geschuldeten Zustand“, erläutert Leonhard Göbel, Rechtsanwalt und Partner bei Nepraunik & Prammer. Der Maßstab ist also in erster Linie, was konkret im Liegenschaftskaufvertrag vereinbart worden ist. Diesbezüglich sind laut Göbel dem Verhandlungsspielraum kaum Grenzen gesetzt. Dort, wo nichts zugesichert worden sei, leiste der Verkäufer – gemäß § 922 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches – Gewähr für die „gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften“der Immobilien. Das betrifft Eigenschaften, die man sich „im Normalfall“von einer Immobilie erwartet. „Von einem Baugrund darf man sich beispielsweise erwarten, dass er keine massiven Kontaminationen aufweist“, so der Experte.
Ein Mangel kann allerdings nicht nur ein Sachmangel, sondern auch ein Rechtsmangel sein. Letzterer liegt etwa dann vor, wenn die Pfandrechte einer Bank nicht aus dem Grundbuch gelöscht wurden, oder wenn sich herausstellt, dass Teile einer Liegenschaft an einen Dritten vermietet sind. Ein Rechtsmangel ist beim Kauf einer Immobiliengesellschaft aber auch dann gegeben, wenn nachteilige Verträge – etwa mit Planern und bauausführenden Unternehmen, Mietern, Property Management, Versicherungen oder Energieversorgern – nicht of- fengelegt werden, ebenso wie etwaige Auseinandersetzungen mit Mietern oder andere Rechtsstreitigkeiten.
Wann Gewährleistung gilt
„Wenn Mängel offengelegt werden oder zumindest offenkundig – sprich ohne eingehende Nachforschungen – erkennbar sind, dann entfällt die Gewährleistung“, so Göbel. Als Beispiele nennt er unter anderem Handymasten im Sichtbereich der Liegenschaft, Bahn- oder Fluglärm oder auch Staub- und Geruchsbelästigung durch eine benachbarte Fabrik. „Was für den Käufer offensichtlich ist, muss er hinnehmen, und er kann nicht nachträglich eine Verbesserung oder Preisminderung verlangen“, bringt es Göbel auf den Punkt. Auf nicht offenkundige Mängel muss vom Verkäufer jedoch ausdrücklich hingewiesen werden, idealerweise schon bei der Besichtigung.
Aus Beweisgründen empfiehlt es sich unbedingt, im Kaufvertrag zu definieren, was keinen Mangel darstellt, wie beispielsweise die Lage einer Liegenschaft in einem Gebiet mit Hochwasser- oder Lawinengefahr oder etwaige Verunreinigungen einer Immobilie. Für „arglistig verschwiegene Mängel haftet der Verkäufer auch dann, wenn ein Gewährleistungsausschluss vereinbart worden ist, wobei manchmal sogar eine strafrechtliche Relevanz gegeben sein kann“, so Göbel.
Von Anfang an offengelegte Mängel drücken jedenfalls den Kaufpreis. Für Gewährleistungsmängel, die erst später ans Licht treten und nicht behebbar sind, kommt auch eine nachträgliche Preisminderung in Betracht. Egal, ob es sich nun um einen offenen Mangel handelt oder nicht – generell gilt im Zusammenhang mit der Gewährleistung, dass dem Verkäufer zuerst die Gelegenheit gegeben werden muss, den Mangel zu beheben. Ist das nicht möglich, so kommt es zur Preisminderung. Bei wesentlichen Mängeln kann der Käufer auch die Rückabwicklung des Kaufs verlangen. Im Falle eines Verschuldens des Verkäufers ist neben dem Gewährleistungsanspruch auch Schadenersatz zu leisten – bei Anlegerobjekten etwa für entgangenen Mietzins oder Zinsschaden wegen der verspäteten Verwertbarkeit einer Liegenschaft.
Wie man sich absichert
Was kann man tun, um sich so weit wie möglich gegenüber Mängeln oder Gewährleistungsansprüchen abzusichern? Im Interesse sowohl des Käufers als auch des Verkäufers ist eine genaue Leistungsbeschreibung anzuraten – etwa über Bodenbeschaffenheit, Bebaubarkeit, den baulichen Zustand der Gebäude oder vorhandene Rechtsverhältnisse. „Als Profi gilt es, im Vorfeld sehr viele Faktoren zu berücksichtigen“, so S-Immo-CEO Vejdovszky. In diesem Zusammenhang sei eine ordentliche Due Diligence unabdingbar. Dabei würden unter anderem Mieterträge, generelle wirtschaftliche Parameter, aber auch die Qualität einer Liegenschaft unter die Lupe genommen. Göbel rät dazu, im Kaufvertrag genau zu definie- ren, wofür gehaftet wird und wofür nicht. Eventuell könnten betragsmäßige Grenzen vereinbart werden. Aus der Sicht des Käufers empfehle es sich, keinen generellen Gewährleistungsausschluss zu akzeptieren. Verkäufer hingegen sollten danach trachten, möglichst weitgehende Haftungsausschlüsse zu vereinbaren. Vorsicht ist im Zusammenhang mit Konsumentengeschäften angebracht. „Hier darf die Gewährleistung gemäß Konsumentenschutzgesetz (KSchG) – konkret § 9 – grundsätzlich nicht eingeschränkt werden“, so Göbel. Rechtsexperten raten nicht nur bei großen Immobilientransaktionen zu einer sorgfältigen Risikoprüfung. Für Ingo Steinwender, Konzernleiter Recht bei CA Immo, ist diese im Fachterminus „Due Diligence“genannte Prüfung ein „absolutes Musthave in jeder Ankaufstransaktion, weil man dadurch den Transaktionsgegenstand umfassend kennenlernt“. Die umfassende Prüfung aus rechtlicher, steuerlicher, technischer und wirtschaftlicher Sicht kann mitunter viel nachträglichen Ärger und auch Kosten sparen. Die Ergebnisse können außerdem die kommerzielle und rechtliche Ausgestaltung des Kaufvertrags wesentlich beeinflussen.