Der Spiegel des eigenen Könnens
Fußballanalyse. Rapid könnte mit dem 3:1-Sieg gegen St. Pölten im ÖFB-Cup auf die Erfolgsspur zurückfinden, Austria hingegen muss nach dem Aus gegen Admira die Einstellung überdenken.
Wien. Ganz gemeine Zungen behaupten, dass Rapid von den noch vier verbliebenen Vereinen im ÖFB-Cup als das große Wunschlos gilt. Ob das auch Salzburg, Lask oder Admira so sehen, wird sich womöglich auch am Sonntag noch nicht beantworten lassen, wenn die Halbfinalauslosung vonstattengeht. Was allerdings feststeht, ist die Tatsache, dass Rapid mit dem 3:1-Sieg gegen St. Pölten nicht nur Imagekorrektur betrieben, sondern Trainer Damir Canadi vorerst auch den Job gerettet hat. Und die Spieler demonstrierten dabei, dass sie das Spiel nach acht sieglosen Partien in Folge, vor allem aber nicht den Glauben an sich selbst verloren haben.
Der erste Sieg dieses Kalenderjahres könnte die Trendwende bei Rapid eingeläutet haben, orakeln jetzt prompt die Kritiker, die zuvor noch der kompletten Mannschaft, vor allem dem Trainer, jegliches Geschick abgesprochen, ihm sogar den weiteren Verbleib in Hütteldorf geradezu verweigert hatten. So schnelllebig ist Österreichs Fußball, deshalb aber auch so berechenbar.
Verliert Rapid am Samstag in der Liga gegen SV Ried, beginnt das Spiel mit hundertprozentiger Sicherheit erneut. Der Vorsprung des Tabellensiebenten auf das Schlusslicht beträgt vor Anpfiff nur acht Punkte. Elf sind zwar auch kein Ruhmesblatt, würden aber Kritikern für eine weitere Woche keine neuen Argumente liefern.
Applaus, drei Tore
Nur noch zwei Siege fehlen GrünWeiß auf den Europacup, so rechnen Optimisten, so muss auch Canadi rechnen. Eine Saison ohne Europacupstartplatz abzuschließen ist selbst trotz seiner Eloquenz nicht als Erfolg zu verkaufen. Und die Gewissheit, dass der Europacup nur noch mit dem ersten Cup-Triumph seit 1995 zu erreichen ist, ist weder eine Erleichterung noch eine Befreiung; es ist nur ein Anfang. Rapid hat heuer erstmals gegen St. Pölten gewonnen; das sagt alles.
Welche Wirkung allerdings drei Tore in einer Partie, zuvor waren es fünf in sieben Spielen, freisetzen, beantwortet das Ried-Spiel. Die Art, wie Wöber, Szanto, Murg und Evergreen Hofmann auftraten, verwies alle Spekulationen über Unruhe, fehlenden Zusammenhalt oder einen nachhaltigen Schaden ob Canadis ungestümer Form der Kommunikation schnell ins Reich der Fantasie. Die Wiener waren schneller, bissiger, besser – als St. Pölten.
Violette Tristesse
Wer zweimal in Serie gegen den gleichen Gegner verliert, hat mehr als nur ein Problem. Austrias Formkurve zeigt so irritierend steil nach unten, dass beide Niederlagen gegen Admira nun bei der Klubführung die Alarmglocken schrillen lassen sollten. Der Mannschaft fehlt nach dem viel zu frühen Rückstand die nötige Qualität, das Spiel gegen einen schwächeren Gegner zu drehen. Und wenn sie sich Chancen mühselig erarbeitet hatte, wurden sie leichtfertig vergeben, zumeist von Venuto. Austria, der Rekordcupsieger (27), verabschiedete sich gegen den Vorjahresfinalisten mit 1:2.
Es mag kalmierend wirken, dass entgegen der klaren Niederlage in der Liga das Cup-Aus bis zum Abpfiff nicht fixiert schien, am Endergebnis aber ändert diese Be- trachtung nichts: Austria konnte der Admira-Abwehr keinen Schaden zufügen. In der Südstadt dürften sich einige fragen, warum denn nicht schon viel früher die Trainerfrage geklärt worden ist. Die Zahlen sprechen, wie bei Rapid, eine klare Sprache. Admira ist seit acht Runden – solange zieht Damir Buric´ bereits die Fäden – unbesiegt. Statt Tabellenführung und CupHalbfinale werden bei Austria Wunden geleckt, wird das Tief analysiert. Aktuell hat Violett als Tabellenvierter kein Europacup-Ticket, in dieser Form bleibt nur die – aus Wiener Sicht sich kannibalisierende – frohe Erwartung, dass Salzburg den Cup gewinnt. Der Nebeneffekt: Ein Wiener Klub wird, sollten nicht schleunigst Tore fallen für Austria, nächste Saison zusehen, wenn internationale Spiele anstehen. Ob es Signalwirkung hat, dass Austria am Samstag gegen St. Pölten spielt? Die Liga ist der wahre Spiegel des eigenen Könnens. Wie man die Niederösterreicher knackt, zeigte Rapid eindrucksvoll vor.
Im Fußball ist es immer so, dass man nach vorn schauen muss – und nicht zurück. Thorsten Fink Austria-Trainer