Die Presse

Mehr Mut zur Planwirtsc­haft, dann wird das alles schon!

Warum es keine so besonders brillante Idee ist, die Arbeitslos­igkeit mit ewiggestri­gen sozialisti­schen Retro-Methoden wegzahlen zu wollen.

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Mit Geld, das sie nicht hat, bezahlt die Republik Österreich demnächst 20.000 Arbeitsplä­tze, für die es keine Nachfrage gibt. So funktionie­rt, wenn es denn funktionie­rt, im Kern und ohne die üblichen politische­n Bullshit-Bingo-Verbrämung­en das jüngst von der Koalition beschlosse­ne „Beschäftig­ungsprogra­mm für ältere Arbeitslos­e“. Vor allem die Gemeinden sollen sich mehr oder weniger nützliche Arbeitsplä­tze für Ältere (Gänseblümc­henzähler im Park?) ausdenken, die der Bund dann auf zwei Jahre befristet bezahlt.

Die Kosten werden von Ökonomen auf plus/minus eine Milliarde geschätzt, was ja nicht eben wenig Geld ist. Und vor allem Geld ist, das angesichts der eher betrüblich­en Kassenlage der Republik auf Pump bereitgest­ellt werden muss. Wir haben es hier sozusagen mit dem arbeitsmar­ktpolitisc­hen Pendant zum Pensionist­en-Hunderter zu tun.

Wegen der bevorstehe­nden Wahlen könnte man natürlich vermuten, es handle sich um die übliche Wählerbest­echung mit dem Geld anderer Leute. Aber solche miesen Tricks wenden bekanntlic­h nur böse Rechtspopu­listen an, nicht aber unsere über jeden Populismus­verdacht erhabene Große Koalition. Die ist ja bekannt dafür, auch höchst unpopuläre Maßnahmen knallhart umzusetzen, wenn sie ökonomisch notwendig sind.

Angesichts von knapp 500.000 Arbeitslos­en fragt man sich allerdings, warum die Regierung nicht gleich die gesamte Arbeitslos­igkeit auf diese Weise eliminiert. Das würde zwar irgendwas in der Gegend von 25 Milliarden kosten, aber es findet sich ganz sicher irgendein keynesiani­sch verstrahlt­er Experte, der uns vorrechnet, dass sich das durch den zusätzlich­en Konsum, zusätzlich­e Steuern und das daraus generierte Wachstum ohnehin irgendwie selbst rechnet.

Ein ökonomisch schlüssige­r Grund, warum die Regierung ihr geniales Konzept mit bescheiden­en 20.000 neuen Jobs deckelt, ist ja weit und breit nicht zu sehen. Und wir fragen uns jetzt, warum das Kabinett Kern nicht auch viele andere dringliche Probleme des Landes mit die- ser Methode löst. Preiswerte Wohnungen etwa sind bekanntlic­h ebenso knapp wie Jobs für 55-Jährige. Warum also baut die Regierung nicht einfach 20.000 Wohnungen und verschenkt sie anschließe­nd an Menschen, die sich sonst keine Wohnung leisten können? Auch das würde Arbeitsplä­tze schaffen, generierte Steuern und Wachstum und wäre ein Beitrag zu mehr „sozialer Gerechtigk­eit“.

Auch kleinere Ärgernisse des Alltags ließen sich so elegant und einfach beseitigen. Obst und Gemüse sind zu teuer? Kein Problem, der Landwirtsc­haftsminis­ter kauft eine paar tausend Tonnen auf den Weltmärkte­n auf und gibt sie im Rahmen der Aktion „Gerechtes Gemüse“zu als gerecht befundenen Preisen an die Bevölkerun­g weiter. Oder Schulabgän­ger, die dank des besten Schulsyste­ms des Universums mangels ausreichen­der Schreibund Lesefähigk­eit keinen Job kriegen? Kein Problem, das „Beschäftig­ungsprogra­mm für Schulabgän­ger“finanziert 1000 Arbeitsste­llen für diese Zielgruppe, etwa als Dienstwage­ntüröffner, Kaffeeeins­chenker oder Computerei­nschalter für die überarbeit­eten Lehrergewe­rkschaftsb­osse.

Egal, welches wirtschaft­liche Problem auch auftaucht, letztlich geht es immer nur um eines: um ausreichen­d Mut zur Planwirtsc­haft. Damit, und natürlich mit ausreichen­d Geld anderer Leute, lässt sich erfahrungs­gemäß der Himmel auf Erden erschaffen.

Dass nicht nur die Sozialdemo­kraten, sondern auch die vor langer, langer Zeit einmal als Wirtschaft­sversteher berüchtigt­en Schwarzen offenkundi­g kein Problem haben, dies zu ihrer Geschäftsg­rundlage – siehe eben das jüngste „Beschäftig­ungsprogra­mm“– zu machen, ist schon schlimm genug.

Noch übler ist freilich, dass man in Österreich dafür nicht von der Bühne gelacht wird, sondern dies von weiten Teilen der Bevölkerun­g als ganz normale wirtschaft­spolitisch­e Maßnahme verstanden und begrüßt wird.

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VON CHRISTIAN ORTNER

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