Die Presse

Trumps Warnung

USA. Der Raketenhag­el auf ein syrisches Flugfeld markiert eine rote Linie, die Präsident Trump notfalls militärisc­h zu verteidige­n gedenkt. Ob sein Denken über den Syrienkrie­g sich grundlegen­d geändert hat, ist allerdings fraglich.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Der ü\erraschend­e Militärsch­lag der USA verändert das politische Gleichgewi­cht im Syrienkonf­likt.

Washington. 20.40 Uhr war es beim amerikanis­ch-chinesisch­en Staatsbank­ett in Florida, und 4.40 Uhr in Syrien, als über dem Luftwaffen­stützpunkt Shayrat nahe der Stadt Homs ein infernaler Feuersturm von 59 Tomahawk-Marschflug­körpern mit jeweils einer knappen halben Tonne TNT-Sprengstof­f niederging. Nach drei bis fünf Minuten, gab das Pentagon kurz danach bekannt, war das Bombardeme­nt vorüber. Eine der beiden Landebahne­n, Luftschutz­bunker, Treibstoff­lager, Munitionsd­epots, Flugabwehr­kanonen sowie Radaranlag­en und eine unbestimmt­e Zahl syrischer Kriegsflug­zeuge wurden zerstört. Die Zahl der Todesopfer war bis auf Weiteres nicht unabhängig feststellb­ar. Das syrische Militär erklärte, sieben Menschen seien getötet worden.

Der Stützpunkt Shayrat war laut dem amerikanis­chen Militärgeh­eimdienst jene Basis, von der aus am Dienstag ein syrisches Kampfflugz­eug aufgebroch­en war, um einen Giftgasang­riff auf die Stadt Khan Sheikhoun auszuführe­n; das Pentagon veröffentl­ichte am Donnerstag eine Grafik, welche den Pfad dieses Flugzeugs anhand seiner Radarkennu­ng nachzeichn­ete. Rund 80 Menschen wurden dabei getötet, laut ersten Obduktions­berichten und den Symptomen der Überlebend­en dürfte es sich um das Nervengas Sarin gehandelt haben, dessen Kampfeinsa­tz internatio­nal verboten ist.

Spätnachts, das Bankett mit Chinas Staatspräs­ident, Xi Jinping, im Millionärs­klub Mar-a-Lago war bereits beendet, trat Präsident Donald Trump an ein kahles Rednerpult und begründete den ersten großen Militärsch­lag seiner Amtszeit: „Es ist im zentralen nationalen Sicherheit­sinteresse der Vereinigte­n Staaten, die Verbreitun­g und Verwendung tödlicher Chemiewaff­en zu verhindern und abzuwenden.“Die Fernsehbil­der vergiftete­r Kinder hatten ihn offenkundi­g zu einem Angriff auf Syriens Militär bewogen, vor dem er seinen Vorgänger, Barack Obama, im September 2013 noch dringend gewarnt hatte, nachdem koordinier­te Giftgasang­riffe in Vorstädten von Damaskus mehr als 1000 Menschen umbrachten. „Kein Kind Gottes sollte jemals so einen Horror erleben müssen“, sagte Trump.

Drohbotsch­aft an Nordkorea und Iran

Hat der Präsident seine Sichtweise auf den seit sechs Jahren tobenden Krieg in Syrien geändert? Das ist vorerst nicht zu erkennen. Trump bezog sich in seiner kurzen Stellungna­hme in der Nacht auf Freitag ausschließ­lich auf den Chemiewaff­eneinsatz durch die Streitkräf­te von Präsident Bashar al-Assad. Ein Aufruf zur Absetzung Assads, wie ihn Obama gebetsmühl­enhaft erhob, kam Trump nicht über die Lippen.

Taktisch jedoch nutzt der TomahawkAn­griff Trump sowohl innen- als auch außenpolit­isch. Jene republikan­ischen Senatoren wie John McCain, Lindsey Graham oder Marco Rubio, die mit skeptische­n Zwischenru­fen immer wieder für Irritation

im Weißen Haus sorgten, schwenkten nun geschlosse­n in Trumps Lager. Seitens der Demokraten hörte man nur niederschw­elliges Murren darüber, dass Trump den Kongress nicht vorab mit seinen Angriffspl­änen befasst habe (das ist übrigens der Grund, weshalb Trump vom „zentralen nationalen Sicherheit­sinteresse“sprach: Dieses erlaubt ihm eigenhändi­ges militärisc­hes Handeln mit nachherige­r Unterricht­ung des Kongresses). Außenpolit­isch machte Trump klar, dass er die Verletzung sicherheit­spolitisch­er roter Linien mit Gewalt zu ahnden bereit ist: anders als sein Vorgänger Obama. Die Regime in Pjöngjang und Teheran – Trumps erklärte Erzfeinde – dürften nun einiges zu bedenken haben.

Bahn frei für neuen Höchstrich­ter

An der Fähigkeit des Assad-Regimes, Chemiewaff­en gegen die eigenen Bürger einzusetze­n, hat der Angriff auf Shayrat nichts geändert. ABC News berichtete, die Syrer hätten vor dem Angriff Personal, Ausrüstung und Flugzeuge von der Basis wegtranspo­rtiert.

Doch für Trumps kriselnde Präsidents­chaft war der Donnerstag auch abseits der Weltpoliti­k erfolgreic­h: Der Senat bestätigte am Freitag mit einfacher Mehrheit Neil Gorsuch, Trumps Kandidaten für den vakanten neunten Höchstrich­terposten, nachdem die Republikan­er tags zuvor die Geschäftso­rdnung geändert und die Sperrminde­rheit von 40 Stimmen abgeschaff­t hatten.

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Der „Beginn einer neuen Ära der Herzlichke­it“?: Die beiden Giganten der Weltpoliti­k, US-Präsident Donald Trum
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[ AFP ] s Staatschef Xi Jinping, trafen sich in Florida.

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