Neue Senderfamilie: So soll ATV genesen
Fernsehen. Unter dem neuen Eigentümer, ProSiebenSat.1 Puls4, wird ATV mehr zum Serien- und Doku-Soap-Sender.
LIang mussten alle Beteiligten Stillschweigen bewahren. Seit Freitagnacht null Uhr darf der neue Eigentümer von ATV mit dem Sender schalten und walten, wie er (und die Wettbewerbsbehörde) will. Und er darf darüber reden. Zur Erinnerung: Der 2003 gegründete, erste nationale Privatsender Österreichs suchte schon länger einen neuen Finanzier. Weil der bisherige, Herbert Kloiber, nicht mehr bereit war, im Schnitt zehn Millionen Euro Verlust pro Jahr zu decken. Die Behörden genehmigten den Verkauf mit erstaunlich milden Auflagen – und seit Freitag gehört ATV zur Privatsenderfamilie ProSiebenSat.1Puls 4.
Deren Chef, Markus Breitenecker, erklärte bei einer Pressekonferenz: „Wir wollen die Sender ATV und ATV 2 wieder gesund machen.“In einem Puls4-Studio präsentierte er die Pläne für ATV. Ein erstes Signal für das Zusammenrücken. Die ATV-Mitarbeiter waren schon tags zuvor über die wichtigsten Neuerungen informiert. Zum Beispiel darüber, dass sie ab sofort mit Thomas Gruber einen neuen Chef haben, der bisher Teil der Führung von Puls4 war und nun Geschäftsführer und Programmchef von ATV ist. Oder dass bis Ende 2017 rund 70 Stellen abgebaut werden. Das ist nicht schön, die Alternative hätte aber heißen können, dass mit der Einstellung des Senders alle Mitarbeiter ihren Posten verlieren. Stattdessen will Breitenecker den Sender erhalten und „auf ein gutes Niveau bringen“. Wie das gehen soll, wurde am Freitag so skizziert: Strukturell und räumlich werden die Sender zusammenwachsen, behalten aber ihre Namen. ATV übersiedelt spätestens im
IIHerbst an den Standort von Puls4 im Mediaquarter Marx. Dort soll auch ein drittes Studio für den Sender errichtet werden. Die Sender werden bei der Vermarktung und der Technik eng zusammenarbeiten.
Die Redaktionen von ATV und Puls 4 bleiben getrennt. Das war freilich die oberste Auflage der Wettbewerbsbehörde, zumindest für die kommenden fünf Jahre. Aber auch der Führungsebene, allen voran Corinna Milborn, ist es wichtig, die redaktionelle Vielfalt zu erhalten. Dennoch ist sie ab sofort Informationsdirektorin für beide Sender, die Chefredaktion von Puls 4 hat sie an Philipp Tirmann abgegeben. Jeder Sender behält sein eigenes Nachrichtenteam und einen eigenen Chefredakteur. „Es gibt Möglichkeit zum Austausch von Rohmaterial“, sagt Milborn, „aber es entscheidet jeweils der Chefredakteur, was gemacht wird. Es gibt niemanden, der ihnen reinredet.“Programm: ATV bleibt der Sender für eigenproduzierte Reportagen und Doku-Soaps, wie „Das Geschäft mit der Liebe“oder „Bauer sucht Frau“(an zwei Hauptabenden der Woche) und Serien. Puls 4 Heimat für Spielfilme (vier Abende in der Woche), Sport und Sitcoms. Information machen beide eigenständig, aber nicht mehr zur selben Zeit. Die Politiksendung „Klartext“mit Martin Thür könnte von Montag auf Mittwoch wechseln, weil Puls 4 am Montag „Pro & Contra“zeigt. ATV soll jünger werden und übernimmt daher von Puls 4 die Castingshow „Austrias Next Topmodel“. Serien wie „Criminal Minds“, die bisher auf beiden Sendern zu unterschiedlichen Zeiten liefen, sollen ab sofort nur mehr auf einem Sender zu sehen sein. Dabei wird ATV der Krimi-Sender, Puls4 der Sender für Comedys und Sitcoms.