Die Presse

Woher kommen die vielen Farben des Wassers?

Vielfältig­e biologisch­e, geologisch­e und physikalis­che Faktoren bestimmen, wie Wasser auf uns wirkt, und in welchen Farben es leuchtet.

- VON ALICE GRANCY [ Foto: Fabry ]

Dreht man den Wasserhahn auf, wirkt es durchsicht­ig. Und auch im Glas scheint es zunächst keine Farbe zu haben. Blickt man jedoch auf das Meer oder einen Fluss, erscheint Wasser in unterschie­dlichen Türkis- und Blautönen, mitunter wirkt es dunkelbrau­n bis schwarz. „Die Farbe des Wassers hängt von biologisch­en, geologisch­en und physikalis­chen Einflüssen ab“, erklärt Helmut Habersack vom Institut für Wasserwirt­schaft, Hydrologie und konstrukti­ven Wasserbau der Boku Wien.

Sogenannte Cyanobakte­rien, auch als Blaualgen bekannt, lassen Wasser grünlich oder bläulich wirken. Eine Algenblüte im Meer ist auch von Satelliten aus zu erkennen. Gelöstes Eisen wiederum färbt einen Fluss rötlich. Gelb wirkt das Wasser etwa in Geo- thermiegeb­ieten mit Schwefelvo­rkommen. Zusätzlich verändern dort farbige Bakterien den Eindruck. Auch Schwebstof­fe lassen Wasser gelblich bis bräunlich wirken. In Flüssen sind das etwa Schlammflo­cken oder kleine Teilchen, die sich ablagern.

Schwarze und gelbe Flüsse

Dunkel gefärbte Huminstoff­e, Aufbauprod­ukte aus der Materie toter Lebewesen, sowie Fluvinsäur­en, die beim Zersetzen von Pflanzen entstehen, machen Gewässer dunkel. Diesen verdankt etwa der Rio Negro, der Schwarze Fluss seinen Namen. Durch sie ist der Nebenfluss des Amazonas, der durch Kolumbien, Venezuela und Brasilien fließt, allerdings auch weniger artenreich als andere Flüsse. (Dass es an seinen Ufern daher auch weniger Gelsen gibt, mag mancher noch als Vorteil empfinden.)

Den Huang He (deutsch: gelber Fluss) im Norden Chinas wiederum färbt abgetragen­er Löss, ein hellgelbli­ch-graues Sediment aus der Umgebung. Überhaupt verändert der Untergrund den Farbeindru­ck: Vulkanisch­er Basalt verleiht einem Flussbett einen eher finsteren Eindruck, kalkige oder sandige Böden wirken hell. Der weiße Korallensa­nd der Karibik prägt ein Stück weit deren typisches Flair.

Und nicht zuletzt entscheide­t das am Wasser auftreffen­de Sonnenlich­t, wie dieses wirkt: Ein Teil wird an der Oberfläche reflektier­t, ein Teil gebrochen. Im Wasser selbst absorbiere­n, also schlucken, herumschwi­mmende Teilchen das Licht. Oder es prallt von den Partikeln ab und wird gestreut, also in seinem Weg umgeleitet. Die Lichtfarbe selbst wirkt je nach Tageszeit anders. Beim Sonnenauf- oder -untergang wird der blaue Lichtantei­l stärker gestreut, ein höherer Anteil roten Lichtes erreicht die Wasserober­fläche. Außerdem spiegelt sich die Sonne selbst im Wasser und färbt es rot. „Langwelli- ges rotes Licht wird am schnellste­n geschluckt. Kurzwellig­es blaues Licht gelangt weit in einen Ozean hinein und wird reflektier­t“, so Habersack. Auch dessen Tiefe lässt uns Wasser anders, meist dunkler, wahrnehmen als in seichten Gewässern. Außerdem wird die blaue Farbe des Himmels an der Wasserober­fläche reflektier­t.

Größter Forschungs­fluss der Welt

In seiner Forschung befasst sich Habersack nicht nur mit ökologisch­en Fragen rund um Wasser, sondern auch mit dessen Nutzung, etwa für Wasserkraf­t und Schifffahr­t: „Es geht darum, die Gewässer nachhaltig zu nutzen und zugleich zu schützen“, erläutert er. Um nahezu im Maßstab 1:1 zu testen, was in der Natur passiert, wurde vor zwei Jahren im Norden Wiens für sein Institut der größte Forschungs­fluss der Welt angelegt.

 ?? Helmut Habersack, Boku Wien ?? „Kurzwellig­es blaues Licht gelangt weit in einen Ozean hinein.“
Helmut Habersack, Boku Wien „Kurzwellig­es blaues Licht gelangt weit in einen Ozean hinein.“

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