Die Presse

Neu entdeckte Riesenvire­n in Klosterneu­burg

Ungefährli­ch, aber für die Forschung spannend.

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„Klosneuvir­en“wurden die riesigen Viren genannt, die Forscher der Uni Wien und des US Joint Genome Institute entdeckten: Sie fanden das untypische Erbgut in einer Probe aus der Kläranlage Klosterneu­burg bei Wien. Bei der Benennung der Gruppe von vier neu entdeckten Riesenvire­n kam nun die niederöste­rreichisch­e Stadt zu Ehren, die Studie erschien im „Science“-Journal.

Als „ganz abgefahren­e Viren“bezeichnet der Mikrobiolo­ge Michael Wagner diese Riesenvire­n. Bis vor zehn Jahren wusste man gar nicht, dass solche existieren. Riesenvire­n, die 100-mal größer sind und 200-mal mehr Gene aufweisen als etwa das Grippeviru­s, wurden für Bakterien gehalten, die in einzellige­n Amöben als Parasiten oder Symbionten leben.

Können Proteine bilden

Erst durch moderne DNA-Sequenzier­ung erkannte man, dass es sich um Viren handelt. Sie sind jedenfalls völlig ungefährli­ch für Mensch und Tier.

Für die Vermehrung brauchen sie – wie alle Viren – die Zellen anderer Organismen. Doch sie können – im Unterschie­d zu herkömmlic­hen Viren – selbst Proteine herstellen, eine Eigenschaf­t, die bisher nur echten Lebewesen zugeordnet wurde. Die Analysen zeigten aber nun, dass es sich trotzdem nicht um eine bisher unbekannte Urlebensfo­rm handelt.

Vielmehr sammeln die Viren DNA ihrer Wirtszelle­n, um etwa Proteine bilden zu können, die gegen die Abwehrwaff­en des Wirts helfen. Die Klosneuvir­en aus Klosterneu­burg halten hier einen Rekord: In keinem anderen Virus wurden je so viele Gene entdeckt, die der Proteinsyn­these dienen. Nun wollen die Forscher im Labor Amöben halten, in denen die Riesenvire­n gut wachsen können. Nur so kann man mehr über das Leben dieser Mikroben herausfind­en. (APA/vers)

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