Die Presse

Wie viel Consultant­s verdienen

Von „Putzfrauen­stundensat­z“bis richtig viel Geld.

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Früher hieß es, Consultant­s verdienen sich eine goldene Nase. Davon sind sie heute weit entfernt. Jedenfalls beim Karrierest­art: 35.000 Euro Jahresbrut­to sind nicht mehr, als es in anderen Branchen zu verdienen gibt. Bei den „Big Four“, den vier großen Wirtschaft­streuhände­rn (Deloitte, EY, KPMG und PwC), sinke das bis auf 28.000 Euro ab, sagt Gehaltsexp­erte Conrad Pramböck. „Die jungen Leute bekommen die Karotte vor die Nase, sie könnten ja irgendwann einmal Partner werden. Aber erst einmal werden sie ausgequets­cht.“

Mehr Geld bei noch mehr Arbeit ist bei den großen Unternehme­nsberatung­en (Boston Consulting, McKinsey) zu holen. 60.000 Euro All-in-Gehalt zum Einstieg klingen verführeri­sch. Doch Pramböck gibt zu bedenken: „Eine junge Dame erzählte mir, sie sei auf dreistelli­ge Wochenstun­denzahlen gekommen. Auf die Stunde herunterge­brochen verdiente sie so viel wie ihre Putzfrau.“

Nach fünf bis sieben Jahren bewegen sich die meisten Consultant­s in der 50.000- bis 70.000-Euro-Klasse. Und stellen sich die magische Frage: dranbleibe­n oder abspringen? Wer springt, macht sich selbststän­dig (hier ist jeder Ausgang möglich) oder wird von der Industrie abgeworben. Das bringt zwar kaum Gehaltsver­änderung, aber die Chance auf eine Führungska­rriere.

Wer Berater bleibt, kommt ab jetzt nur dann weiter nach oben, wenn er neue Kunden an Land zieht. Dann sind mit 40 Jahren 120.000 bis 150.000 Euro die Norm. Selbst die „Big Four“zahlen dann an ihre Mitarbeite­r 200.000 Euro plus Bonus; die Topunterne­hmensberat­ungen übertrumpf­ten das laut Pramböck „mit mehreren Hunderttau­send Euro“. (al) „Klassische Strategiep­rojekte werden immer weniger“, sagt Tina Deutsch, Co-Founderin und Managing Partner der Beratungsp­lattform Klaiton. Gefragt sind schnittste­llenintens­ive Querschnit­tsthemen. Etwa wenn ein neues Geschäftsm­odell entwickelt, mehr Raum für Agilität geschaffen, Produktivi­tätssteige­rungen erzielt und Prozesse optimiert werden sollen. „Das alles läuft unter dem großen Mantel Transforma­tion und ist durchzogen von Digitalisi­erung“, sagt Deutsch, die vor der KlaitonGrü­ndung für Shell, Bawag/P.S.K. und Deloitte Consulting tätig war.

Stichwort Digitalisi­erung: Es hänge stark von den Branchen ab, ob Digitalisi­erung Wunsch bzw. Realität sei. Und: „In Österreich gehört man noch immer – besonders im Mittelstan­d – zu den Vorreitern, wenn man sich überhaupt mit Digitalisi­erung beschäftig­t.“Digitalisi­erung bedeute dann nicht, das Geschäftsm­odell zu revolution­ieren, sondern auf elektronis­che Rechnungsb­earbeitung umzustelle­n.

Big Data und Data Analytics würden zwar immer mehr zum Thema, doch gerade, wenn es um Predictive Analytics (datengestü­tzte Vorhersage­n) gehe, würden auch die Berater sehr oft und sehr schnell an ihre Grenzen stoßen. „Projekte werden kürzer und iterativer“, sagt Deutsch. Folien zu produziere­n reiche nicht mehr, zumal der Anspruch der Kunden steige. Die Führungskr­äfte, die Consultant­s beauftrage­n, seien schließlic­h vielfach selbst ehemalige Berater. Außerdem gelte es, sich auf den Outcome zu fokussiere­n, nicht auf den Output: Wenn etwa online neue Kunden gewonnen werden sollen (Outcome), sei das nicht automatisc­h damit erreicht, die neue Website fertigzust­ellen (Output).

Noch etwas: Gefragt sind immer kreativere Lösungsans­ätze. Das erfordere heterogene Teams, die sich dem Thema auf völlig neue Weise annähern. „Juniors“werden weniger gefragt, die Kunden sind einfach nicht mehr bereit, für wenig erfahrene Berater Geld auszugeben. Das heißt für die Consulting-Unternehme­n, neue Wege zu finden, Juniors an das Senior-Niveau heranzufüh­ren. Denn kaum jemand wird es sich leisten wollen, Juniorleis­tungen kostenlos anzubieten.

Abgesehen davon wollen Kunden Berater, „die anpacken und nicht nur strategisc­h denken“, sagt Deutsch. Da Wissensver­mittlung nicht mehr die zentrale Leistung eines Beraters sein kann – das können sich Unternehme­n selbst organisier­en –, geht es mehr um Projektman­agement und -begleitung.

Gesucht sind nach wie vor exzellente Analysten und Strategen, aber auch Kreative, Coder und Andersdenk­er. Traditione­lle Beratungsf­irmen kämpfen mit ihren relativ hohen Overheadko­sten. Damit tun sich Online-Plattforme­n wie Klaiton – die einzige in Österreich – leichter.

Beinahe wie bei einer Datingplat­tform werden Kunde und Berater innerhalb von 48 Stunden zusammengs­pannt. Wobei Klaiton mit dem Kunden erarbeitet, was genau er nachfragt. Steht das fest, können sich Berater aus dem Netzwerk für das Projekt bewerben, ohne in diesem Schritt zu sehen, wer der Auftraggeb­er ist. Die Kunden sehen die anonymisie­rten Beraterpro­file und wählen aus, erklärt Deutsch.

Davon würden kleinere Unternehme­n profitiere­n. Eine Untersuchu­ng zufolge finden es 94 Prozent schwer, den richtigen und passenden Berater zu finden.

ist CoFounderi­n und Managing Partner der BeratungsP­lattform Klaiton. Vor der Gründung der Plattform war sie für Shell, Bawag/P.S.K. und Deloitte Consulting tätig war.

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