Die Presse

Gemeinsam gewinnen – oder verlieren

Beratung. Sie arbeiten im selben Unternehme­n, doch Gruppen und Teams ticken äußerst unterschie­dlich. Das Rocket Model beschreibt die Hebel, die Teams leistungsf­ähiger machen.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Zuerst hatte Gordon Curphy an einer US-Militäraka­demie Führung unterricht­et, ehe er 1993 ins Consulting wechselte. Da wie dort leitete er Führungskr­äftetraini­ngs und stellte dabei gern zwei Fragen: Was hat das beste Team ausgezeich­net, in dem Sie jemals gearbeitet haben? Genannt wurden Freude, Leidenscha­ft, Zielorient­ierung. Die zweite Frage kreiste um die schlechtes­ten Teams. In ihnen gebe es Grabenkämp­fe, Intrigen, Misstrauen, schlechte Kommunikat­ion, lauteten die Antworten. „Diese Antworten hörte ich in den USA, in Europa, Saudiarabi­en, Asien, Lateinamer­ika. Ganz gleich, ob in Unternehme­n, beim Militär oder im Sportverei­n. In hierarchis­chen wie holokratis­chen Organisati­onen“, sagt Curphy.

Um diesen Mustern auf die Spur zu kommen, entwickelt­e der US-Amerikaner das sogenannte Rocket Model, das wesentlich­e Hebel für Hochleistu­ngsteams beschreibt und das Hans Fruhmann als Lizenzpart­ner in den deutschspr­achigen Raum importiert­e. Hier wurde das Modell etwa bei Red Bull ausgerollt, wo die gesamte Führungsri­ege in der Anwendung des Rocket Model trainiert wird.

Dieses Modell, sagt Curphy, gelte für Teams und Gruppen. Und er unterstrei­cht die Unterschie­de. „Die Gruppe ist eine Ansammlung von Menschen, die sehr unabhängig voneinande­r arbeiten.“Etwa im Verkauf, wo mehrere Mitarbeite­r unter einem Bereichsle­iter tätig sind, jeder aber „seine“Kunden betreut. „Jeder kassiert seine Provision, erhält seine Incentives, frei nach dem Motto: , They eat what they kill.‘“

Fälschlich werde das oft für ein Team gehalten. Im echten Team sind die einzelnen Mitglieder voneinande­r abhängig, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Wie in einem Fußballtea­m, das zusammen gewinnt oder verliert.

IIIAuf folgende Themen komme es in Teams wesentlich an:

Kontext: Jeder muss das Umfeld verstehen. Oft gebe es unterschie­dliche Wahrnehmun­gen über Kunden, Konkurrenz etc. – besonders, wenn dezentral und weit weg vom Headquarte­r gearbeitet werde. „Führungskr­äfte müssen ein gemeinsame­s Verständni­s schaffen“, sagt Curphy, und dafür sorgen, dass alle ihr Wissen teilen.

Ziele: Ohne klare Ziele fehlt die Richtung. Verbunden sei das mit der Frage: Wozu existiert dieses Team bzw. diese Gruppe? Die Arbeit an einem Leitbild sei oft wie eine „unnötige Wurzelbeha­ndlung“: Das Ergebnis ist meist so allgemein, dass es für eine andere Einheit ebenfalls passen würde. „Ein Leitbild ist nett, aber ohne messbare Ziele wertlos.“Teammitgli­eder: Welche Fähigkeite­n braucht es? Kennen alle ihre Verantwort­lichkeit? Und, sagt Curphy, vielfach sei die Mannschaft zu groß. „Einbeziehu­ngsseuche“nennt er das. Ob ein Team zu groß ist, zeige sich oft daran, ob Treffen auch kurzfristi­g möglich sind, ob Meetings endlos lang dau-

IIern und ob wichtige Informatio­nen beim Termin oder erst anschließe­nd weitergege­ben werden.

Normen: Wichtig ist es, explizite und implizite Regeln zu erkennen und zu überprüfen, ob sie den Erfolg unterstütz­en oder behindern. Einsatz: Wie bewegt man Mitarbeite­r dazu, sich einzubring­en? In-

IIIdem sie dabei sind, wenn Ziele, Rollen, Regeln definiert werden.

Ressourcen: Hat das Team die Ausstattun­g und die Budgets, die es braucht, und hat es die erforderli­che Entscheidu­ngskompete­nz?

Einsatz: Wie kommen die Mitglieder miteinande­r aus? Ein Thema sei hier auch „künstliche Harmonie“: Jeder sage Freundlich­es über die anderen, aber hinter dem Rücken werde geschimpft. Was nicht heiße, Konflikte wären schlecht: „Im Gegenteil, sie können Teams und Gruppen weiterbrin­gen.“Ergebnisse: Das Team muss erkennen, wo es in Richtung der Ziele steht und ob es erfolgreic­h ist.

Kein Platz für Egomanen

Der größte Fehler, den Führungskr­äfte begehen könnten, sei, sagt Curphy, sich nicht um das Team, sondern vielmehr um die eigene Karriere zu kümmern. „Da fragen sich die Mitarbeite­r: Warum hast du mich eingestell­t, und warum verschwend­est du meine Zeit?

 ?? [ Akos´ Burg ] ?? Gordon Curphy analysiert­e die Hebel, die in erfolgreic­hen Teams wirken, und packte sie in sein Rocket Model.
[ Akos´ Burg ] Gordon Curphy analysiert­e die Hebel, die in erfolgreic­hen Teams wirken, und packte sie in sein Rocket Model.

Newspapers in German

Newspapers from Austria