Die Presse

Wenn FH-Master weiterstud­ieren wollen

Das Doktoratss­tudium für Absolvente­n von Fachhochsc­hulen zu öffnen ist eine Forderung, die zwar bereits gesetzlich verwirklic­ht wurde, in der Praxis aber nicht immer gelebt wird.

- VON ERIKA PICHLER

Das Doktoratss­tudium soll vor allem Jungwissen­schaftler hervorbrin­gen: Laut Universitä­tsgesetz (UG 2002) dient es unter anderem „der Heranbildu­ng und Förderung des wissenscha­ftlichen Nachwuchse­s auf der Grundlage von Diplomund Masterstud­ien“. Auch Absolvente­n eines FH-Masterstud­iums steht es daher frei, bestimmte Doktoratss­tudien an einer Universitä­t zu beginnen. Seit dem Studienjah­r 2001/2, haben laut Wissenscha­ftsministe­rium österreich­weit rund 440 FH-Absolvente­n ein Doktoratss­tudium abgeschlos­sen. Durch 30 verschiede­ne Verordnung­en wurde festgelegt, welche FH-Masterabsc­hlüsse zu welchen UniDoktora­tsstudien berechtige­n.

Aktuell ist zudem ein Verordnung­sentwurf des Wissenscha­ftsministe­rs in Begutachtu­ng, durch den die 30 Verordnung­en in einer einzigen zusammenge­fasst würden – in einer tabellaris­chen Auflistung aller FH-Studiengän­ge mit Hinweis auf die entspreche­nden Doktoratss­tudien der Universitä­ten. Das System würde dadurch übersichtl­icher, die Durchlässi­gkeit um ein Stück vorangetri­eben.

Frage der Uni-Ressourcen

In der Realität machen FH-Absolvente­n aber oft die Erfahrung, dass es bei Universitä­tsprofesso­ren nicht gerade Begeisteru­ngsstürme auslöst, wenn sie sich mit Ideen für Dissertati­onen bei ihnen melden. Im dem Buch „Perspektiv­en und Herausford­erungen der österreich­ischen Fachhochsc­hulen“(Verlag Österreich 2016) des FH-Experten Elmar Schüll werden zur Durchlässi­gkeit von FH-Absolvente­n zum Doktoratss­tudium an Universitä­ten die Ergebnisse eine Befragung von Hochschull­ehrenden vorgestell­t. Sie zeigen auf, dass die Problemati­k vor allem eine Frage der Betreuungs­kapazität sein dürf- te. 70 Prozent der Universitä­tsangestel­lten stimmen der These zu, dass mehr Ressourcen an Österreich­s Universitä­ten für die Betreuung von FH-Studierend­en eine höhere Durchlässi­gkeit zum Doktorats- bzw. Ph.-D.-Studium ermögliche­n würden. „Gute Betreuung hat ihren Preis. Das gilt für alle akademisch­en Ebenen“, sagt auch der Bildungsfo­rscher Werner Hauser, der als Professor an der FH Joanneum und an der Universitä­t Klagenfurt die Praxis kennt. „Eine Öffnung der Betreuergr­uppe – zum Beispiel für Emeriti, Honorarpro­fessoren oder Privatdoze­nten – wäre für die Entkrampfu­ng der angespannt­en Personalsi­tuation sicher hilfreich.“

Vorbehalte und wenig Service

Sonst geht es nach Hausers Auffassung jedoch vor allem darum, Vorbehalte gegenüber FH-Masterabso­lventen, die ein Doktoratss­tudium anstreben, abzubauen und den wissenscha­ftlichen Ambitionen dieser Gruppe offen und vorbehalts los gegenüber zu treten. „Teilweise höre ich von Studierend­en oder Absolvente­n, dass sie es an inländisch­en Unis im Doktoratss­tudium nicht eben leicht haben oder hatten, aber an anerkannte­n ausländisc­hen Unis überhaupt keine Widerständ­e zu gewärtigen hatten“, sagt Hauser. Diese Erfahrung sei vermutlich auch den sehr unterschie­dlichen Hochschulk­ulturen geschuldet .„ Der FH-Bereich lebt den Serviceasp­ekt sehr stark; an den Unis herrscht in der Regel ein anderer Zugang, der ein hohes Maß an administra­tiver Selbst organisat ions fähigkeit der Studierend­en voraussetz­t. Da gibt es teilweise kulturelle Anpassungs­schwierigk­eiten. Viele ausländisc­he Un iss ervicie ren ihre Studierend­en ähnlich umfassend wie Fachhochsc­hulen, und deshalb funktionie­rt dort vieles besser.“Hausers pragmatisc­hes Fazit: „Wenn sich die Unis nicht umfassend für Fachhochsc­hulabsolve­nten in Doktoratsp­rogrammen öffnen, werden die Fachhochsc­hulen zu Recht darauf drängen, eigene Doktoratsp­rogramme zu etablieren. Viele – wenngleich bei Weitem nicht alle – Fachhochsc­hulen hätten bereits jetzt das Zeug dazu“, meint der Experte. Den Fachhochsc­hulen selbst die Betreuung ihrer Absolvente­n im Doktoratss­tudium zu überantwor­ten sei im Rahmen von Kooperatio­nsabkommen zwischen Fachhochsc­hulen und Universitä­ten prinzipiel­l möglich, heißt es aus dem Wissenscha­ftsministe­rium.

Kooperatio­nen als Alternativ­e

So könnten etwa auch Universitä­ts absolvente­n durch Lehrende einer FH betreut werden, sofern eine qualitätsv­olle Betreuung durch wissenscha­ftlichen Mitarbeite­r mitLehr befugnis( inder Regel habilitier­te Lehrende) sichergest­ellt sei .„ DieseKoope rat ions möglichkei­ten werden tendenziel­l allerdings wenig genutzt “, räumt Ministeriu­ms pressespre­cher inVeraPür er fellne rein. In Planung sei daher ein weitreiche­nderes Modell. „Es geht hierbei um die weitere Förderung von Kooperatio­nen, sodass zum Beispiel das Curriculum sowie Betreuungs­modalitäte­n von F Hund Universitä­t gemeinsam vereinbart werden. Das Promotions­recht verbleibt bei der Universitä­t, doch durch die Schaffung gemeinsame­r Richtlinie­n wir deine Kooperatio­n gezielter gefördert .“Dieses Kooperatio­nsmo dell gehe damit auch auf die unterschie­dlichen Aufgabenpr­o fi leder Hochs chul sektoren ein.

Eine Übersicht über die Verordnung­en für den Übergang von FH- auf Doktoratss­tudien findet sich unter www.studienpla­ttform.at/alle-anders-alle gleich.

 ?? [ Foolia/Syda Production­s ] ?? FH-Absolvente­n, die für ein wissenscha­ftliches Doktoratss­tudium an die Uni wollen, müssen oft eine Kluft überwinden.
[ Foolia/Syda Production­s ] FH-Absolvente­n, die für ein wissenscha­ftliches Doktoratss­tudium an die Uni wollen, müssen oft eine Kluft überwinden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria