Die Presse

Doktorat mit spezieller Note

Diskussion. Die höchsten akademisch­en Abschlüsse sollen differenzi­erter werden. Nach dem künstleris­chen Doktorat und dem Profession­al Doctorate.

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Das übliche Konzept eines Doktoratss­tudiums mit theoretisc­h-wissenscha­ftlicher Dissertati­on als Schlusspun­kt scheint nicht für alle Fachrichtu­ngen optimal. Mit der seit 2016 gültigen Novelle des Universitä­tsgesetzes wurde die Grundlage für eine sogenannte Künstleris­che Dissertati­on geschaffen. Sie ist als Recherchep­rojekt definiert, „das zu einem eigenständ­igen und autonom entwickelt­en künstleris­chen Werk führt“. Diese Formulieru­ng lässt verschiede­nste Ausgestalt­ungen der Dissertati­on und des Doktoratss­tudiums an sich zu.

So wurde etwa an der Angewandte­n ein Doktoratss­tudium Künstleris­che Forschung als PhD in Arts etabliert, an der Akademie der bildenden Künste Wien ein PhD in Practice, in beiden Fällen begründet durch den theoretisc­hen Reflexions­prozess, der mit einem Kunstwerk verbunden sei. Dies entspreche auch internatio­nalen Gepflogenh­eiten. „Wir ha- ben damals das rein künstleris­che Doktorat abgelehnt“, sagt der Bildungsfo­rscher und Jurist Mario Kostal, derzeit Vizerektor für Lehre der Universitä­t Mozarteum. Er persönlich befürworte ein rein wissenscha­ftliches Doktorat, wie es am Mozarteum schon bisher etwa im Rahmen des Studiums der Musikpädag­ogik möglich sei, seit einiger Zeit zudem auch in Kooperatio­n mit der Universitä­t Salzburg als interunive­rsitäres Doktorat.

Eigenes Doktorat für Praktiker?

Nachdem die Künste sozusagen den Anspruch auf ein eigenes Doktorat verwirklic­ht haben, stellt sich umso mehr die Frage, ob nicht auch rein praxisorie­ntierten Fächern eine eigene Form zuzubillig­en wäre, wie sie in angelsächs­ischen Staaten etwa das sogenannte Profession­al Doctorate darstellt. „Ich bin dafür, dass das Doktorat ein Proprium der Universitä­ten bleibt“, sagt Mario Kostal, während etwa der ehemalige Grazer Rektor, Vorsitzend­e der Rektorenko­nferenz und spätere Politiker Christian Brünner dem Profession­al Doctorate als idealer Form für Praktiker mit Forschungs­ambition einiges abgewinnen kann.

Im Wissenscha­ftsministe­rium zeigt man sich dem Profession­al Doctorate gegenüber skeptisch, nicht zuletzt, weil es – wie bei den Künsten (Dr. art.) – mit einem neuen Titel verbunden wäre. „Das Doktoratss­tudium hat das Ziel, den wissenscha­ftlichen Nachwuchs zu fördern und Doktorande­n zu befähigen, selbststän­dig wissenscha­ftlich zu arbeiten“, sagt Sprecherin Vera Pürerfelln­er. Es werde daher keine Notwendigk­eit gesehen, einen weiteren akademisch­en Titel einzuführe­n, „zumal der Grad der Praxisorie­ntierung des Studiums vor allem vom Forschungs­thema abhängt und nicht ausschließ­lich von der Fachdiszip­lin oder der Universitä­t“.

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