In universeller Sprache studieren
In Naturwissenschaft und der Technik ist sie unumstrittene Lingua franca. Unis und FH führen daher auf postgradualem Level vermehrt Studien in englischer Sprache ein.
Was in den Geisteswissenschaften teilweise umstritten ist, gilt in den Naturwissenschaften als akzeptiert: Englisch als Wissenschaftssprache, die den Austausch mit einer globalen Fachwelt ermöglicht. Immer mehr Studienrichtungen springen auf den Internationalisierungszug auf und führen Englisch als Unterrichtssprache ein.
Ab Herbst werden im Rahmen von Nawi Graz – einer Kooperation der TU Graz mit der Karl-Franzens-Universität – erstmals die Masterstudien Physics (MSc) und Technical Physics (Dipl.-Ing.) vollständig in englischer Sprache angeboten. Damit wird es in Graz insgesamt sieben naturwissenschaftliche Masterstudiengänge auf Englisch geben: Advanced Materials Science, Biotechnology, Chemical and Pharmaceutical Engineering, Mathematics, Physics, Technical Chemistry und Technical Physics.
Darüber hinaus werden auch in den deutschsprachigen Bachelorstudien selektive Lehrveranstaltungen auf Englisch angeboten. Dies sei einerseits eine mögliche Vorbereitung für ein englischsprachiges Masterstudium und andererseits für Incoming-Studierende attraktiv, heißt es aus dem Nawi Graz Steering Committee.
Nicht Hürde, sondern Hilfe
Dessen Vorsitzende, Renate Dworczak und Stellvertreter Detlef Heck, sind sich einig, dass die Ausbildung in Englisch unumgänglich sei, um international auf Masterlevel mithalten zu können. „Sie ist nicht als Hürde zu sehen, sondern als Hilfestellung, um im internationalen Kontext kompetitiv zu bleiben“, sagt Heck. Zudem verfügten die heutigen Studierenden über ein durchgängig hohes Sprachniveau.
Auch für die Lehrenden sei es kein Problem, auf Englisch zu unterrichten, sagt Dworczak. „Die meisten sind dank internationaler Kontakte und Forschungsprojekte Englisch gewohnt, etwa als Arbeitssprache in ihrer oft international besetzten Forschungsgruppe.“Zudem böten beide Universitäten Kurse zu „Teaching in English“an.
Nicht nur forschungsorientierte Unis, auch FH-Studien mit internationaler Ausrichtung setzen zunehmend auf Englisch. Im ersten Jahr läuft derzeit das englischsprachige Masterstudium Automotive Mechatronics and Mangement (AMM) der FH OÖ. Hier wird stark auf Praxisbezug Wert gelegt. So absolviere jeder Studierende ein 18-monatiges studiengangsspezifisches Praktikum im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung bei einem Partnerbetrieb, berichtet Studiengangsleiter Kurt Gaubinger. Stolz ist man zudem auf eine gewisse Exklusivität (nicht mehr als 15 Studierende pro Jahrgang) und Internationalität: Nur sieben Studierende kommen aus Österreich, der Rest aus Südafrika, Indien, Bangladesch, der Türkei, Brasilien und Mexiko. Doch wie funktioniert ein englischsprachiges Studium, das ab dem zweiten Semester in öster- reichischen Unternehmen absolviert wird? „Das ist für Unternehmen, aber auch für die Studierenden teilweise sicherlich eine Herausforderung“, sagt Gaubinger. „Trotzdem stellt in vielen Unternehmen die englische Sprache insbesondere in den Entwicklungsabteilungen kein wirkliches Problem dar, da oft ohnedies schon Mitarbeiter aus anderen Nationen beschäftigt sind oder internationale Kooperationen bestehen.“
Vorkenntnisse meist gut
Ein englischsprachiges Masterstudium für Bild- und Signalverarbeitung (Applied Image and Signal Processing) bietet seit einigen Jahren die FH Salzburg gemeinsam mit der Universität Salzburg an. Eine diesem Joint Master vergleichbare Zusammenarbeit von FH und Universität im technischen Bereich gebe es in Österreich sonst nicht, sagt Stefan Wegenkittl, wissenschaftlicher Leiter des Studiengangs. Teil des Aufnahmeverfahrens ist nicht nur die Überprüfung der Vorkenntnisse in Mathematik und Informatik, sondern auch der Kompetenzen in Englisch – sowohl als Fachsprache als auch für die allgemeine Kommunikation. Auch Wegenkittl stellt den Englischkenntnissen der Studierenden ein im Wesentlichen gutes Zeugnis aus. „Inländische Studierende sind bisher noch nie an der Fremdsprache gescheitert, manche internationale Bewerber allerdings schon.“Zur Vorbereitung rät er, sich zum Beispiel englischsprachige Wiki-Einträge zu Mathematik durchzulesen oder auf YouTube Fachvorträge auf Englisch anzusehen – Stichwort TED-Reihe.
Für den Unterricht jedenfalls stelle Englisch viel weniger eine Hürde dar, als das unterschiedliche fachliche Vorwissen der Studierenden. „Gerade in technischen Fächern ist das Vokabular eher begrenzt, bestimmte Begrifflichkeiten sind in der Technik universell“, sagt Wegenkittl. „Hingegen werden Fächer wie Mathematik und Programmieren in den unterschiedlichen Bachelorstudien sehr vielfältig interpretiert. Hier versuchen wir, mit Tutorien einen Ausgleich herzustellen.“