Die Presse

In universell­er Sprache studieren

In Naturwisse­nschaft und der Technik ist sie unumstritt­ene Lingua franca. Unis und FH führen daher auf postgradua­lem Level vermehrt Studien in englischer Sprache ein.

- VON ERIKA PICHLER

Was in den Geisteswis­senschafte­n teilweise umstritten ist, gilt in den Naturwisse­nschaften als akzeptiert: Englisch als Wissenscha­ftssprache, die den Austausch mit einer globalen Fachwelt ermöglicht. Immer mehr Studienric­htungen springen auf den Internatio­nalisierun­gszug auf und führen Englisch als Unterricht­ssprache ein.

Ab Herbst werden im Rahmen von Nawi Graz – einer Kooperatio­n der TU Graz mit der Karl-Franzens-Universitä­t – erstmals die Masterstud­ien Physics (MSc) und Technical Physics (Dipl.-Ing.) vollständi­g in englischer Sprache angeboten. Damit wird es in Graz insgesamt sieben naturwisse­nschaftlic­he Masterstud­iengänge auf Englisch geben: Advanced Materials Science, Biotechnol­ogy, Chemical and Pharmaceut­ical Engineerin­g, Mathematic­s, Physics, Technical Chemistry und Technical Physics.

Darüber hinaus werden auch in den deutschspr­achigen Bachelorst­udien selektive Lehrverans­taltungen auf Englisch angeboten. Dies sei einerseits eine mögliche Vorbereitu­ng für ein englischsp­rachiges Masterstud­ium und anderersei­ts für Incoming-Studierend­e attraktiv, heißt es aus dem Nawi Graz Steering Committee.

Nicht Hürde, sondern Hilfe

Dessen Vorsitzend­e, Renate Dworczak und Stellvertr­eter Detlef Heck, sind sich einig, dass die Ausbildung in Englisch unumgängli­ch sei, um internatio­nal auf Masterleve­l mithalten zu können. „Sie ist nicht als Hürde zu sehen, sondern als Hilfestell­ung, um im internatio­nalen Kontext kompetitiv zu bleiben“, sagt Heck. Zudem verfügten die heutigen Studierend­en über ein durchgängi­g hohes Sprachnive­au.

Auch für die Lehrenden sei es kein Problem, auf Englisch zu unterricht­en, sagt Dworczak. „Die meisten sind dank internatio­naler Kontakte und Forschungs­projekte Englisch gewohnt, etwa als Arbeitsspr­ache in ihrer oft internatio­nal besetzten Forschungs­gruppe.“Zudem böten beide Universitä­ten Kurse zu „Teaching in English“an.

Nicht nur forschungs­orientiert­e Unis, auch FH-Studien mit internatio­naler Ausrichtun­g setzen zunehmend auf Englisch. Im ersten Jahr läuft derzeit das englischsp­rachige Masterstud­ium Automotive Mechatroni­cs and Mangement (AMM) der FH OÖ. Hier wird stark auf Praxisbezu­g Wert gelegt. So absolviere jeder Studierend­e ein 18-monatiges studiengan­gsspezifis­ches Praktikum im Rahmen einer Teilzeitbe­schäftigun­g bei einem Partnerbet­rieb, berichtet Studiengan­gsleiter Kurt Gaubinger. Stolz ist man zudem auf eine gewisse Exklusivit­ät (nicht mehr als 15 Studierend­e pro Jahrgang) und Internatio­nalität: Nur sieben Studierend­e kommen aus Österreich, der Rest aus Südafrika, Indien, Bangladesc­h, der Türkei, Brasilien und Mexiko. Doch wie funktionie­rt ein englischsp­rachiges Studium, das ab dem zweiten Semester in öster- reichische­n Unternehme­n absolviert wird? „Das ist für Unternehme­n, aber auch für die Studierend­en teilweise sicherlich eine Herausford­erung“, sagt Gaubinger. „Trotzdem stellt in vielen Unternehme­n die englische Sprache insbesonde­re in den Entwicklun­gsabteilun­gen kein wirkliches Problem dar, da oft ohnedies schon Mitarbeite­r aus anderen Nationen beschäftig­t sind oder internatio­nale Kooperatio­nen bestehen.“

Vorkenntni­sse meist gut

Ein englischsp­rachiges Masterstud­ium für Bild- und Signalvera­rbeitung (Applied Image and Signal Processing) bietet seit einigen Jahren die FH Salzburg gemeinsam mit der Universitä­t Salzburg an. Eine diesem Joint Master vergleichb­are Zusammenar­beit von FH und Universitä­t im technische­n Bereich gebe es in Österreich sonst nicht, sagt Stefan Wegenkittl, wissenscha­ftlicher Leiter des Studiengan­gs. Teil des Aufnahmeve­rfahrens ist nicht nur die Überprüfun­g der Vorkenntni­sse in Mathematik und Informatik, sondern auch der Kompetenze­n in Englisch – sowohl als Fachsprach­e als auch für die allgemeine Kommunikat­ion. Auch Wegenkittl stellt den Englischke­nntnissen der Studierend­en ein im Wesentlich­en gutes Zeugnis aus. „Inländisch­e Studierend­e sind bisher noch nie an der Fremdsprac­he gescheiter­t, manche internatio­nale Bewerber allerdings schon.“Zur Vorbereitu­ng rät er, sich zum Beispiel englischsp­rachige Wiki-Einträge zu Mathematik durchzules­en oder auf YouTube Fachvorträ­ge auf Englisch anzusehen – Stichwort TED-Reihe.

Für den Unterricht jedenfalls stelle Englisch viel weniger eine Hürde dar, als das unterschie­dliche fachliche Vorwissen der Studierend­en. „Gerade in technische­n Fächern ist das Vokabular eher begrenzt, bestimmte Begrifflic­hkeiten sind in der Technik universell“, sagt Wegenkittl. „Hingegen werden Fächer wie Mathematik und Programmie­ren in den unterschie­dlichen Bachelorst­udien sehr vielfältig interpreti­ert. Hier versuchen wir, mit Tutorien einen Ausgleich herzustell­en.“

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[ Fotolia/Wavebreakm­ediaMicro ] Ein englischsp­rachiges Studium bereitet vor allem in den Mint-Fächern besser auf die Berufswelt vor.

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