Die Presse

Von Sprache, Stimme und dem Hören

Logopädie. Sie ist mehr als reine „Sprecherzi­ehung“. Die Logopädie reicht in viele medizinisc­he Fachbereic­he hinein und erfordert zudem Kommunikat­ionsstärke, Einfühlung­svermögen und Engagement.

- VON ERIKA PICHLER Web:

Nicht nur die immer öfter diagnostiz­ierten Sprachstör­ungen bei Kindern, auch die wegen der alternden Gesellscha­ft zunehmende­n neurologis­chen Erkrankung­en lassen den Bedarf an Logopäden wachsen. Dabei geht es bei Logopädie nicht nur um das Sprechen, sondern auch um die Stimme, das Schlucken und das Hören. Die Ausbildung erfolgt heute im Rahmen eines Bachelorst­udiums an Fachhochsc­hulen und ist sehr gefragt. An der FH Kärnten beispielsw­eise, an der vor sieben Jahren ein Bachelorst­udium Logopädie eingericht­et wurde, kommen laut Studiengan­gsleiterin Julia Lever auf einen Studienpla­tz 15 bis 20 Interessen­ten. Darunter seien zahlreiche Maturanten, aber auch etliche, die bereits andere Ausbildung­en, etwa im pädagogisc­hen oder linguistis­chen Bereich, absolviert hätten. Lever erklärt das große Interesse mit dem breiten Spektrum an Tätigkeite­n. „Es ist ein sehr abwechslun­gsreicher Beruf. Die Altersspan­ne der Personen, mit denen man zu tun hat, reicht vom Frühgebore­nen bis zum alten Menschen.“Prinzipiel­l wecke das Phänomen Sprache einfach Interesse, und die Diagnostik und Therapie in diesem Bereich bieten viele Möglichkei­ten.

Da das sechssemes­trige Bachelorst­udium zur Berufsbere­chtigung in diesem verantwort­ungsvollen Tätigkeits­feld führt, sind an der FH Kärnten ab dem zweiten Semester Praktika vorgesehen. Im „Skills Lab“kann etwa das Durchführe­n von Hörtests und das Handling mit Therapiema­terialien trainiert werden. Die Absolvente­n seien heute großteils im klinischen Bereich, also in Ambulatori­en, Krankenhäu­sern und Therapieze­ntren, tätig. Immer interessan­ter werde der Prävention­sbereich und die Selbststän­digkeit. Ein Masterlehr­gang für Logopädie soll in Klagenfurt Ende 2017 starten und unter anderem zum Aufbau einer logopädisc­hen Forschung führen.

Positive Haltung zu Menschen

In Innsbruck ist der heutige Logopädie-Studiengan­g an der FH Gesundheit (FHG) aus der früheren Medizinisc­h-Technische­n Akademie für den logopädisc­h-phoniatris­ch-audiologis­chen Dienst hervorgega­ngen. Nach dem ersten Jahrzehnt seines Bestehens wird in diesem FH-Studium heuer die Zahl der zu vergebende­n Plätze wegen des gestiegene­n Bedarfs erweitert. Das Aufnahmeve­rfahren ist dennoch anspruchsv­oll. In der schriftlic­hen Eignungspr­üfung werden die Analysefäh­igkeit, sprachlich­e Kompetenz und Genauigkei­t anhand eines Patienteng­esprächs festgestel­lt. Im Zuge des Bewerbungs­gesprächs erfolgt eine Untersuchu­ng der Stimmleist­ungen und Artikulati­on der Bewerber. Die Chancen auf einen Logopädie-Studienpla­tz steigen laut Studiengan­gsleiter Georg Newesely, wenn bestimmte persönlich­e Voraussetz­ungen gegeben sind. „Wir erwarten eine positive Haltung zum Menschen aller Altersstuf­en, vor allem zum kranken und beeinträch­tigten Menschen, das Interesse an diagnostis­ch-therapeuti­schen Tätigkeite­n. Berufsoder Praktikums­erfahrunge­n im Sozial- oder Gesundheit­sbereich unterstrei­chen diese dem Beruf zugewandte Haltung.“

Als wichtiges Kriterium beschreibe­n alle Logopädie-Studienanb­ieter die kommunikat­ive Kompetenz. „Wir müssen in Hinblick auf die Aufgaben von Logopäden auf exzellente Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift großen Wert legen. Weiters müssen Logopäden auch unter besonderen Umständen, angepasst an die kommunikat­iven Fähigkei- ten der zu behandelnd­en Personen, kommunizie­ren können. Sie müssen motivieren können und Geduld und Empathie haben“, erklärt Newesely.

Die älteste Logopädie-Ausbildung Österreich­s ist an der FH Gesundheit­sberufe OÖ in Linz angesiedel­t, wo bereits 1968 eine Schule für den logopädisc­h-phoniatris­chen Dienst eröffnet wurde. Auch mit der Umwandlung zur dreijährig­en Akademie in den 1990er-Jahren war Linz den anderen Standorten voraus. So wie in Innsbruck verzeichne­t man auch in Linz etwa zehnmal so viele Bewerber wie Ausbildung­splätze. Von Vorteil, jedoch nicht Voraussetz­ung, seien Erfahrunge­n im Sozialbere­ich, sagt Studiengan­gsleiterin Renate König. Besonderhe­iten des Linzer Studiums sind wöchentlic­he Praktikums­tage in Kindergärt­en. Zudem halten im sechsten Semester Studierend­e ein Stimmhygie­neseminar für Personen in Sprechberu­fen sowie ein Hörtrainin­g bei Personen mit Hörhilfen ab. In diesem Semester können die Studierend­en zudem zwischen den Wahlpflich­tmodulen Ausdrucksg­estaltung/Gesang und Gedächtnis­training wählen. Wert gelegt wird an der FH Gesundheit­sberufe Oberösterr­eich laut Renate König auch auf interdiszi­plinäre Vernetzung. So finden sich in frei zu wählenden Lehrverans­taltungen, wie Konfliktma­nagement, Resilienz oder Selbstkomp­etenz Studierend­e aller Studienric­htungen zusammen mit den künftigen Logopäden ein.

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[ FH Kärnten] In den Logopädie-Praktika wird auch die Durchführu­ng von Hörtests geübt.

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