Die Presse

Chaos nach strengeren Kontrollen

Grenzmanag­ement. Brüssel ist über zunehmende Wartezeite­n an Grenzen alarmiert.

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Brüssel/Wien. Die Lage hat sich zugespitzt. Nach der Einführung verschärft­er Kontrollen an allen EUAußengre­nzen bilden sich seit vergangene­r Woche Staus an Straßenübe­rgängen und Warteschla­ngen an Flughäfen. Die neuen Regeln, wonach nicht nur jeder Drittstaat­sangehörig­e, sondern nun auch jeder EU-Bürger bei der Ein- und Ausreise detaillier­t kontrollie­rt und erfasst werden muss, stellt die Behörden vor eine offenbar unbewältig­bare Aufgabe.

Kroatien, Slowenien und Ungarn hatten die Verschärfu­ng der Grenzkontr­ollen wegen allzu langer Staus schon am Wochenende ohne Absprache mit den EU-Partnern ausgesetzt. Die EU-Kommission reagierte verärgert und wies daraufhin, dass solche Alleingäng­e ohne eine dafür vorgesehen­e Risikoanal­yse nicht möglich seien. In Brüssel berät heute, Mittwoch, eine Expertengr­uppe über die aktuelle Situation an den Grenzen. Denn ähnlich wie bei den von eini- gen Mitgliedst­aaten eingeführt­en temporären bilaterale­n Grenzkontr­ollen kosten auch die verschärft­en Maßnahmen an der Außengrenz­e derzeit nicht nur Zeit, sondern auch Geld. An Straßengre­nzen kommt es zu Verzögerun­gen für den Lkw-Verkehr. Güter werden nicht mehr rechtzeiti­g geliefert. Ganze Produktion­sabläufe werden verzögert.

Mangelnde Vorbereitu­ng

Die neuen Regeln sehen vor, dass die Daten jedes Einreisend­en (ob EU-Bürger oder Drittstaat­sangehörig­er) aufgenomme­n werden und mit der Fahndungsd­atenbank sowie der Datenbank zu verlorenen und gestohlene­n Reisedokum­enten abgegliche­n werden. Die Maßnahme soll das Terrorrisi­ko senken. Technische Probleme und mangelnde Personalre­ssourcen erschweren die Umsetzung. So berichten griechisch­e Medien, dass Daten von Einreisend­en auf griechisch­en Flughäfen händisch ein- gegeben werden mussten. Noch dazu wurde die Ausweitung der Kontrollen kurz vor der Osterwoche vorgenomme­n, in der es stärkere Reisebeweg­ungen gibt. Laut EU-Kommission hatten die Mitgliedst­aaten allerdings ausreichen­d Zeit, sich auf das neue Grenzmanag­ement vorzuberei­ten. Es wurde erstmals im Dezember 2015 angekündig­t. Die Herausford­erungen sind jedenfalls groß: Rund 200 Millionen Personen müssen jährlich an den Außengrenz­en des Schengenra­ums kontrollie­rt werden.

Auch die internen Kontrollen haben Staus und Wartezeite­n ausgelöst. Laut ÖAMTC führt die Wiedereinf­ührung der Grenzkontr­ollen am Walserberg und in Kufstein vor allem in Ferienzeit­en regelmäßig zu Wartezeite­n von bis zu einer Stunde. Auch im aktuellen Osterverke­hr wird mit Verzögerun­gen gerechnet. Diese betreffen auch Nickelsdor­f, den Grenzüberg­ang nach Ungarn. (ag/wb)

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