Der IWF sorgt sich um unser Kuchenstück
Die große Einkommensungleichheit stört selbst den Währungsfonds.
D ass der Anteil der Lohnkosten am Volkseinkommen seit vielen Jahren kontinuierlich sinkt, ist nicht wirklich neu. Dass sich der bisher als arg neoliberal verschrieene Internationale Währungsfonds (IWF) zu sorgen beginnt, weil der sinkende Lohnkostenanteil das Wachstum der Einkommensungleichheit stark beschleunigt, schon.
Allerdings sorgen sich die IWF-Experten zu Recht: Wir steuern nämlich weltweit offensichtlich auf ein ernstes Verteilungsproblem zu, das die Politik in dieser Schärfe noch nicht erkannt hat und das sich mit konventionellen Methoden nicht lösen lässt. Etwa mit der Trump’schen „America First“-Politik, die den Grund des Übels in Globalisierung und Freihandel sieht.
Das wird durch die jüngste IWF-Studie ganz eindeutig widerlegt: Wenn dem so wäre, dann müsste der Anteil der Lohnkosten in den von der Globalisierung profitierenden Schwellenländern steigen. Tut er aber nicht. Auch dort sinkt der Anteil der Arbeitnehmer am erarbeiteten Gesamtkuchen seit 25 Jahren beständig ab.
Die Experten vom IWF und vom World Economic Forum haben nun erstmals explizit den „Hauptschuldigen“für diese Entwicklung genannt: den technologischen Fortschritt vulgo Automatisierung und Roboterisierung (siehe auch Themenstrecke auf den Seiten 1 und 2 dieser Ausgabe). D as ist jetzt ein Problem: Freihandel kann man mit Schutzzöllen abblocken. Wer aber versucht, technologischen Fortschritt aufzuhalten oder auch nur zu behindern, der wird sehr schnell auf dem Abstellgleis der Geschichte landen. Und das genaue Gegenteil des gewünschten Wohlstandseffekts erreichen.
Wir werden uns aber, das ist wohl eine der IWFBotschaften, bald in einer intensiven Verteilungsdiskussion wiederfinden, von deren Ausgang es abhängen wird, ob wir mittelfristig in eine Phase der Massenverarmung a` la frühes Industriezeitalter hineinschlittern, oder ob wir die neuen Möglichkeiten zum Ausbau des erreichten Massenwohlstands nutzen können. Links-rechts-Ideologien aus der Mottenkiste des vorigen Jahrhunderts werden uns da allerdings mit Sicherheit nicht weiterbringen.