Die Presse

Auf 118 Einwohner kommt ein Banker

Branche. Österreich­s Banken verdienten im Vorjahr 4,8 Mrd. Euro. Trotzdem müssen sie die Kosten senken. Seit der Finanzkris­e ging die Zahl der Filialen nur um sechs Prozent zurück.

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Wien. Österreich­s Banken erzielten 2016 ein Jahreserge­bnis nach Steuern von 4,819 Milliarden Euro, wie die Oesterreic­hische Nationalba­nk (OeNB) am Dienstag bekannt gab. Das sind um 359 Millionen Euro weniger als im Jahr zuvor. Von den 4,8 Milliarden Euro trugen die Töchter in Osteuropa rund zwei Milliarden Euro bei. Die OeNB forderte die Banken dennoch erneut auf, die Kosten zu senken.

Seit der Finanzkris­e im Jahr 2008 ist in Österreich die Zahl der einzelnen Banken von 739 auf 570 zurückgega­ngen. Hier hat sich vor allem bei Raiffeisen einiges getan. So schlossen sich mehrere kleinere Raiffeisen­banken zusammen. Im gleichen Zeitraum ging allerdings die Zahl der Filialen nur um sechs Prozent zurück. Hier sieht der für die Banken zuständige Nationalba­nk-Vorstand, Andreas Ittner, noch einigen Spielraum, wie er am Dienstag im Klub der Wirtschaft­spublizist­en sagte. Von einem totalen Ausbluten des Filialnetz­es könne laut Ittner keine Rede sein.

Im internatio­nalen Vergleich verfügt Österreich noch immer über zu viele Zweigstell­en. So kommen in Österreich 2100 Einwohner auf eine Bankfilial­e. In Deutschlan­d sind es 2400, in Finnland 5200. Die Niederländ­er liegen bei 9600 Einwohnern pro Standort. Auch beim Mitarbeite­rabbau las- sen sich die Banken Zeit. In Österreich betreut ein Bankmitarb­eiter durchschni­ttlich 118 Einwohner, in Deutschlan­d sind es 126 Einwohner, in Italien 203 und in Finnland rund 250.

Das Wirtschaft­sforschung­sinstitut schätzt, dass in den nächsten Jahren von den 75.000 Stellen im österreich­ischen Bankensekt­or 25.000 wegfallen könnten.

Weniger Risikovors­orgen

Die jetzigen Milliarden­gewinne haben die Banken unter anderem den gesunkenen Risikovors­orgen zu verdanken. 2009 mussten die Banken noch Risikovors­orgen in der Höhe von knapp zehn Milliarden Euro bilden. Im Vorjahr waren es lediglich 1,215 Milliarden Euro. Denn die wirtschaft­liche Lage in Österreich und in Osteuropa hat sich entspannt. Damit sank auch das Volumen der Problemkre­dite.

Nationalba­nk-Vorstand Ittner fordert die Banken dazu auf, die Zeiten niedriger Abschreibu­ngen und gesunkener Risikovors­orgen zu nutzen, um die Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern. Das Hauptprobl­em bei den Banken sind die Verwaltung­saufwendun­gen. Diese lagen 2016 bei 14,6 Milliarden Euro und damit in etwa auf dem Niveau von 2009.

Im internatio­nalen Vergleich schneiden die heimischen Banken bei der sogenannte­n Cost-IncomeRati­o, auch Kosten-Ertrags-Verhältnis genannt, nicht besonders gut ab. Ittner ist der Ansicht, dass eine durchschni­ttliche Geschäftsb­ank hier auf einen Wert von unter 50 Prozent kommen soll. Im Vorjahr lagen alle österreich­ischen Banken zusammen bei 66,8 Prozent. Doch es gibt auch positive Ausreißer wie die Bawag. Diese erreichte im Vorjahr eine Cost-Income-Ratio von 44,4 Prozent. Eigentümer ist der US-Finanzinve­stor Cerberus, der in den vergangene­n Jahren bei der Bawag rigide Sparmaßnah­men durchführt­e und massiv Personal abbaute. Laut Nationalba­nk-Vorstand Ittner ist eine Effizienzs­teigerung auch deswegen notwendig, weil die Banken in den nächsten Jahren viel Geld in die Digitalisi­erung und in die Cybersiche­rheit investiere­n sollen.

Dass die Bankenaufs­icht weiterhin auf Nationalba­nk und Finanzmark­taufsicht aufgeteilt bleibt, nimmt Ittner als politische Entscheidu­ng zur Kenntnis. Offenbar wollte man nicht die „maximalen Synergien“suchen und den Weg des geringsten Widerstand­s gehen, sagte Ittner. Die Nationalba­nk hatte gehofft, dass sie die Bankenagen­den von der FMA übernehmen kann. (höll)

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[ Reuters ] OeNB-Vorstand Ittner wollte einen größeren Umbau der Bankenaufs­icht.

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