Die Presse

„Bibi“beim Friseur

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I n grauer Vorzeit galt der Weisenrat als letzte Instanz in allen wesentlich­en Fragen. Die Entscheidu­ngen sollten reif und ausgewogen sein – wie die Männer, die sie zu treffen hatten. Je reifer, desto weißhaarig­er respektive kahlköpfig­er. Das war das Merkmal der ausschließ­lich männlichen Entscheidu­ngsträger bei den alten Griechen und Römern – und selbst bei den alten Schweden.

Tempi passati. Wer als Politiker heute auf sich hält, der lässt sich die Haare färben und – bei Bedarf – neue einsetzen. Silvio Berlusconi ähnelt oberhalb des gestraffte­n Kinns einem Jüngling, der vor der Reifeprüfu­ng steht; Donald Trump mutet an wie ein Mutant, wie ein Alien „from outer space“. Wer wollte leugnen, dass die Sehnsucht nach ewiger Jugend mit Eitelkeit, den halb so alten Gefährtinn­en an ihrer Seite zu tun hat – und letztlich mit der Angst vor dem Tod?

Benjamin „Bibi“Netanjahu wollte da nicht nachstehen. Seit seinem letzten Besuch beim Friseur seines Vertrauens wirkt Israels Premier wie runderneue­rt. Das soignierte Weißgrau ist einer Brauntönun­g gewichen, das Haar pappt auf der Kopfhaut. Ist dem Figaro ein Malheur passiert und ihm der Farbbeutel ausgekomme­n? Oder hat Sara ihrem „Bibi“einen neuen Look eingeredet, seine Xanthippe, die ihn einmal hochkant aus der Limousine warf? Zuallerlet­zt: Hält die Weisheit Schritt mit der äußerliche­n Verjüngung? (vier)

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