Die Presse

Hitler-Fauxpas des Trump-Sprechers

Weißes Haus. Pressespre­cher Sean Spicer offenbarte mit Nazi-Vergleich arge Wissenslüc­ken. Er hat bisher eine unglücklic­he Figur abgegeben und gilt als rücktritts­reif.

- VON THOMAS VIEREGGE

Wien/Washington. Sean Spicer ist seit seinem ersten Tag im Weißen Haus umstritten, als er als Pressespre­cher des Präsidente­n rüde mit den Journalist­en umging und ihnen im Auftrag seines Chefs „alternativ­e Fakten“vorsetzte, wie es hinterher die Trump-Beraterin Kellyanne Conway in einer Wortschöpf­ung nannte. Die Behauptung, noch nie hätten so viele Menschen an der Angelobung eines US-Präsidente­n teilgenomm­en, entpuppte sich auf den ersten Blick schlicht als Lüge.

Der Job eines Pressespre­chers im Weißen Haus erfordert Gewandthei­t, Eloquenz, umfassende Kenntnis und die Fähigkeit, die Medien mit Informatio­nen zu füttern, ohne Geheimniss­e preiszugeb­en. Spicer bringt indessen nicht die Qualifikat­ionen mit, wie sich bei seinem jüngsten Auftritt im Briefing Room erneut offenbarte.

Ein Nazi-Vergleich hatte die Korrespond­enten in Verwunderu­ng versetzt. Im Gegensatz zu Bashar al-Assad, dem syrischen Diktator, sei Adolf Hitler „nicht auf das Niveau gesunken“, Giftgas gegen die eigene Bevölkerun­g einzusetze­n, erklärte Spicer. „Er hat Juden vergast“, rief ein Reporter.

Auf Nachfrage vergriff sich der Pressespre­cher weiter im Ton. Hitler habe Gas in „Holocaust-Zentren“zur Anwendung gebracht, korrigiert­e er sich – und meinte die NS-Vernichtun­gslager. Danach leistete er mehrfach Abbitte. In einem Kommunique´ und in einem TV-Interview stellte er klar, er wollte keineswegs den Holocaust-Horror verharmlos­en. Um seinen Kopf zu retten, sagte er schließlic­h in einem „Mea Culpa“, sein Fehler habe von Trumps Erfolgen abgelenkt. Da hatten Demokraten und jüdische Organisati­onen bereits Rücktritts­forderunge­n erhoben oder ihm – wie Chelsea Clinton – empfohlen, das Holocaust-Museum in Washington zu besuchen.

Im Weißen Haus hat Spicer bisher eine eher unglücklic­he Figur abgegeben und eine Reihe von Fauxpas geliefert. Gemeinsam mit seinem Mentor – Stabschef Reince Priebus – gilt der Kommunikat­ionschef als ein Quell des internen Chaos und als rücktritts­reif. Ohnehin war der 45-jährige Ex-Pressespre­cher der Republikan­er eine Verlegenhe­itslösung.

Intern äußerte der Präsident seine Unzufriede­nheit mit dem Pressespre­cher. Spicers nachmittäg­liche Pressekonf­erenzen verfolgt Trump oft live im Oval Office, und zuweilen schickt er Instruktio­nen per Zettel in den Briefing Room. Einmal tadelte er sogar den Anzug Spicers. Dass die Komikerin Melissa McCarthy die Auftritte Spicers in der Satireshow „Saturday Night Live“persiflier­te und zum Kult machte, erregte vollends den Unmut des Präsidente­n. Entgegen seinem Ruf, Mitarbeite­r rasch zu feuern, hält Trump ihnen zunächst die Treue. Nach dem jüngsten Eklat scheinen die Tage Sean Spicers als Pressespre­cher indes gezählt.

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[ Reuters ] Sean Spicer sitzt im Weißen Haus auf einem Schleuders­itz.

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