Hitler-Fauxpas des Trump-Sprechers
Weißes Haus. Pressesprecher Sean Spicer offenbarte mit Nazi-Vergleich arge Wissenslücken. Er hat bisher eine unglückliche Figur abgegeben und gilt als rücktrittsreif.
Wien/Washington. Sean Spicer ist seit seinem ersten Tag im Weißen Haus umstritten, als er als Pressesprecher des Präsidenten rüde mit den Journalisten umging und ihnen im Auftrag seines Chefs „alternative Fakten“vorsetzte, wie es hinterher die Trump-Beraterin Kellyanne Conway in einer Wortschöpfung nannte. Die Behauptung, noch nie hätten so viele Menschen an der Angelobung eines US-Präsidenten teilgenommen, entpuppte sich auf den ersten Blick schlicht als Lüge.
Der Job eines Pressesprechers im Weißen Haus erfordert Gewandtheit, Eloquenz, umfassende Kenntnis und die Fähigkeit, die Medien mit Informationen zu füttern, ohne Geheimnisse preiszugeben. Spicer bringt indessen nicht die Qualifikationen mit, wie sich bei seinem jüngsten Auftritt im Briefing Room erneut offenbarte.
Ein Nazi-Vergleich hatte die Korrespondenten in Verwunderung versetzt. Im Gegensatz zu Bashar al-Assad, dem syrischen Diktator, sei Adolf Hitler „nicht auf das Niveau gesunken“, Giftgas gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen, erklärte Spicer. „Er hat Juden vergast“, rief ein Reporter.
Auf Nachfrage vergriff sich der Pressesprecher weiter im Ton. Hitler habe Gas in „Holocaust-Zentren“zur Anwendung gebracht, korrigierte er sich – und meinte die NS-Vernichtungslager. Danach leistete er mehrfach Abbitte. In einem Kommunique´ und in einem TV-Interview stellte er klar, er wollte keineswegs den Holocaust-Horror verharmlosen. Um seinen Kopf zu retten, sagte er schließlich in einem „Mea Culpa“, sein Fehler habe von Trumps Erfolgen abgelenkt. Da hatten Demokraten und jüdische Organisationen bereits Rücktrittsforderungen erhoben oder ihm – wie Chelsea Clinton – empfohlen, das Holocaust-Museum in Washington zu besuchen.
Im Weißen Haus hat Spicer bisher eine eher unglückliche Figur abgegeben und eine Reihe von Fauxpas geliefert. Gemeinsam mit seinem Mentor – Stabschef Reince Priebus – gilt der Kommunikationschef als ein Quell des internen Chaos und als rücktrittsreif. Ohnehin war der 45-jährige Ex-Pressesprecher der Republikaner eine Verlegenheitslösung.
Intern äußerte der Präsident seine Unzufriedenheit mit dem Pressesprecher. Spicers nachmittägliche Pressekonferenzen verfolgt Trump oft live im Oval Office, und zuweilen schickt er Instruktionen per Zettel in den Briefing Room. Einmal tadelte er sogar den Anzug Spicers. Dass die Komikerin Melissa McCarthy die Auftritte Spicers in der Satireshow „Saturday Night Live“persiflierte und zum Kult machte, erregte vollends den Unmut des Präsidenten. Entgegen seinem Ruf, Mitarbeiter rasch zu feuern, hält Trump ihnen zunächst die Treue. Nach dem jüngsten Eklat scheinen die Tage Sean Spicers als Pressesprecher indes gezählt.