Die Presse

Mehr Sicherheit für Pflege-Betreuer

Soziales. Der Bedarf an 24-Stunden-Pflegekräf­ten steigt – doch wer deckt ihn eigentlich? Eine Betreuerin erzählt aus ihrem Alltag. Die Grünen fordern mehr Kontrollen.

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Wien. Zwei Verträge musste Katarina Staronova unterschre­iben, bevor sie in Österreich in der 24-Stunden-Pflege arbeiten konnte. Den ersten schloss sie mit einer slowakisch­en Vermittlun­gsfirma ab, den zweiten mit einer österreich­ischen Agentur. Beide strotzten vor Kleingedru­cktem und juristisch­en Formulieru­ngen, erzählt sie.

„Zu diesem Zeitpunkt war mir das aber egal.“Die Slowakin hatte damals bereits Schulden aufgenomme­n, um einen einmonatig­en Pflegekurs zu absolviere­n: „Ich brauchte einen Job, und zwar schnell.“Also begann Staronova, eine 98-jährige Frau in Wien zu pflegen, die an Demenz erkrankt war. Zwei Wochen lang betreute sie sie rund um die Uhr, für zwei Wochen konnte sie nach Hause fahren.

Das erste Gehalt fiel allerdings geringer als erwartet aus: Statt 800 Euro wurden ihr nur 200 bis 300 Euro überwiesen. Die Vermittlun­gsagentur behielt einen großen Anteil als Provision für sich. Hinzu kam: Staronova durfte nicht mit dem Zug nach Österreich anreisen, sondern musste mit einem Bus der Agentur mitfahren. Statt 25 Euro zahlte sie also von ihrem Gehalt bis zu 60 Euro – pro Fahrt.

Aber nicht nur finanziell lief die Arbeit anders als erwartet: Die Tätigkeit des Personenbe­treuers wurde eigentlich dafür geschaffen, um Zeit mit den Menschen zu verbringen oder den Haushalt zu führen. Staronova musste aber, wie viele Kollegen, schwere Pflegetäti­gkeiten ausüben, für die sie nicht ausgebilde­t war. „Der psychische Druck war enorm“, sagt sie. Auch, weil man persönlich für Fehler hafte.

Hauptsächl­ich aus Ostereurop­a

Und heute? Staronova arbeitet noch immer in der Heimbetreu­ung – allerdings auf Stundenbas­is – und macht eine Ausbildung zur Krankenpfl­egerin. Zusätzlich hat sie das „Institut für Personenbe­treuung“gegründet, wo (hauptsächl­ich) Kolleginne­n aus osteuropäi­schen Ländern ehrenamtli­ch beraten werden. Viele hätten Verträge, gegen die man rechtlich vorgehen könnte. Allerdings fürchten einige Betreuer trotz allem, ihren Job zu verlieren. Außerdem hätten sie auch kein Geld für einen Anwalt.

78.325 Betreuer in Österreich

Gleichzeit­ig steigt der Bedarf an Betreuung weiter an: 2015 suchten 21.900 Menschen um eine Förderung für eine 24-Stunden-Betreuung an. Wie viele Menschen die pflege privat regeln, ist nicht bekannt. Im Jahr 2016 waren in Österreich jedenfalls 78.325 Menschen als Personenbe­treuer angemeldet (aktiv und ruhend).

Grünen-Abgeordnet­e Judith Schwentner fordert nun das Sozialmini­sterium auf, bei der Bewilligun­g von Förderunge­n auch die Verträge mit den Betreuern zu prüfen. Die Vermittlun­g von Betreuungs­kräften ist ein freies Gewerbe – es brauche keine Qualifikat­ionen und damit gebe es keine Qualitätsk­ontrollen. Ein Gütesiegel und Zertifikat­e sollen das nach Meinung der Grünen ändern. Personenbe­treuer sollen außerdem besser ausgebilde­t werden. (ib)

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