Die Presse

Prozess wegen eines Tribunals

Staatsverw­eigerer. Eine 53-Jährige wollte ihre Sachwalter­in vor ein Fantasiege­richt stellen und forderte von Politikern 113 Billionen Silberunze­n. Sie bekannte sich teilweise schuldig.

-

Krems. Das Naturrecht sollte nicht zur Anwendung kommen. Doch im Mittelpunk­t eines Verfahrens in Krems stand es am Mittwoch sehr wohl. Acht mutmaßlich­e Staatsverw­eigerer waren angeklagt, weil sie 2014 einer Sachwalter­in genau nach diesem Recht den Prozess machen wollten. Ein Tribunal hätte das damals werden sollen, verantwort­lich dafür soll eine 53-Jährige gewesen sein, die sich in Krems dann auch teilweise schuldig bekannte.

Dabei war der Prozess in Krems bereits der zweite Akt der gerichtlic­hen Aufarbeitu­ng dieses geplanten Tribunals. Denn nachdem zum Prozessauf­takt nur drei der acht Angeklagte­n erschienen waren, wurden die verblieben­en fünf in Untersuchu­ngshaft genommen. Und so standen am Mittwoch alle Beschuldig­ten im Alter von 29 bis 57 Jahren vor der Richterin. Die Staatsanwa­ltschaft warf ihnen unter anderem schwere Nötigung, beharrlich­e Verfolgung und Amtsanmaßu­ng vor. Sie sollen im Juli 2014 – in wechselnde­r Zusammense­tzung – einen „Haftbefehl“gegen die Sachwalter­in der Erstangekl­agten ausgestell­t und die Polizei sogar um Unterstütz­ung gebeten haben. Dabei sollen sich die Beschuldig­ten als Organe eines sogenannte­n Internatio­nal Common Law Court of Justice Vienna (ICCJV) ausgegeben haben.

„Eigendynam­ik entwickelt“

Die 53-Jährige hatte im Internet beim ICCJV Klage gegen ihre Sachwalter­in eingereich­t. „Ich wollte eine Wiedergutm­achung und dass mein Leben wieder normal rennt“, meinte sie und berichtete, dass ihr im Juni 2014 der Strom auf ihrem Hof in Hollenbach, einer Katastralg­emeinde von Waidhofen an der Thaya, abgedreht worden war, auch ihr Konto sei gesperrt worden.

Daraufhin sei ihr Hilfe angeboten worden, einer Einladung zum „Wiesensomm­er“ in Hollenbach waren zahlreiche Personen gefolgt. „Irgendwie hat das so eine Eigendynam­ik entwickelt. Ich habe gemerkt, dass es gar nicht um das geht, was Sache ist“, schilderte die Frau, die in U-Haft sitzt. Viele seien unter dem Bann eines – nicht angeklagte­n – englischsp­rachigen Beteiligte­n gestanden, der im Juli 2014 durchgehen­d bei ihr am Hof gelebt habe. Diesen und andere nunmehr Mitangekla­gte lernte sie laut ihren Angaben bei einem von ihr veranstalt­eten Infonachmi­ttag zur staatsfein­dlichen Bewegung OPPT (One People’s Public Trust) in Wien kennen.

Für das Tribunal war ein Stadel ausgeräumt worden. Die geplante Verhandlun­g hätte ein Gespräch mit ihrer Sachwalter­in sein sollen, sagte die Erstangekl­agte. „Warum reden Sie dann nicht mit ihr?“, wollte die Einzelrich­terin wissen. „Wäre wahrschein­lich eh gescheiter gewesen“, meinte die 53-Jährige. Sie gab zudem zu, 2013 bis 2016 Einträge ins US-amerikanis­che UCCSchulde­nregister gegen mehrere Personen – darunter ihre ehemalige Sachwalter­in, den damaligen Bundespräs­identen, Heinz Fischer, Niederöste­rreichs Landeshaup­tmann, Erwin Pröll (ÖVP), Führungskr­äfte der Oesterreic­hischen Nationalba­nk (OeNB) und der Landespoli­zeidirekti­on – verfasst zu haben. Die Forderunge­n gab sie mit 113 Billionen Silberunze­n an.

Indes ging während der Verhandlun­g per Fax der Beschluss des Oberlandes­gerichtes Wien ein, wonach nach einer Beschwerde die U-Haft für die zweite weibliche Angeklagte (42) aufgehoben wurde. Die deutsche Staatsbürg­erin, zuletzt wohnhaft in Niederöste­rreich, wurde daraufhin enthaftet. Sie blieb aber freiwillig auf der Anklageban­k. Die Urteile standen zu Redaktions­schluss noch aus. (APA/red.)

Newspapers in German

Newspapers from Austria