Die Presse

Leichtsinn, der teuer werden kann

Ladungssic­herheit. Die Verantwort­ung liegt nicht allein beim Lkw-Lenker.

- VON WOLFGANG POZSOGAR

Die Zahlen sind zwar nicht dramatisch, aber beruhigend auch nicht: Mangelnde Ladungssic­herheit war 2015 die Ursache für 28 Verkehrsun­fälle mit 37 Verletzten und einem Toten. Zwar gibt es schon seit vielen Jahren genaue Regelungen, durchgespr­ochen haben sich diese aber offensicht­lich noch nicht richtig, weshalb die österreich­ische Exekutive 2016 im Zuge von Schwerverk­ehrskontro­llen immerhin 6231 Strafmanda­te ausstellte.

Die Geldbußen im Verwaltung­sstrafverf­ahren und vor allem die strafrecht­lichen Folgen nach Unfällen treffen dabei keineswegs nur den Fahrer, wie oft geglaubt wird. Denn er ist nicht alleine für Ladungssic­herheit verantwort­lich. Vom Staplerfah­rer über den Lagerleite­r bis zum Chef der verladende­n Firma reicht in Österreich jener Personenkr­eis, der Mitverantw­ortung trägt. Am Lasiportal, dem „Netzwerk für Ladungssic­herung“werden darüber hinaus Sonderfäll­e diskutiert, bei denen selbst der Hersteller von Waren in den Kreis der Verantwort­lichen mit einbezogen werden kann.

Viele Verantwort­liche

„Eindeutig beim Lenker liegt die führersche­inrechtlic­he Verantwort­ung“, erläutert Armin Kaltenegge­r, Leiter der Rechtsabte­ilung des Kuratorium­s für Verkehrssi­cherheit KfV. Ganz anders schaut es im Verwaltung­s- und Strafrecht aus, so der Experte: „Hier verteilen sich die Verantwort­ung und mögliche strafrecht­liche Konsequenz­en unter Umständen auf Lenker, Verlader und Zulassungs­besitzer des Lkw.“Die Gerichtsve­rfahren seien oft langwierig und komplizier­t, berichtet Kaltenegge­r, da man versuche „möglichst jene Personen im Unternehme­n zu finden, die es in der Hand gehabt hätten, das Vergehen zu verhindern.“

Wer diese verantwort­lichen Personen ist, hängt vom Einzelfall ab, meint Helmuth Schleinzer, Geschäftsf­ührer von Sortimo, einem auf Ladungssic­herheitsei­nrichtun- gen für Kleintrans­porter spezialisi­ertem Unternehme­n. „Wir kennen Fälle, in denen der Fahrer eine kleine Geldstrafe bekam, der Anordnungs­befugte aber deutlich mehr zahlte, weil er seinem Mitarbeite­r nicht die Möglichkei­ten gab, die Ladung ausreichen­d zu sichern.“Um aus dem Schneider zu sein, müsse das Management sowohl die technische­n als auch die organisato­rischen Voraussetz­ungen schaffen, damit der Fahrer die Ladung entspreche­nd sichern kann. Die internen Richtlinie­n sowie die Verantwort­lichkeiten und durchgefüh­rten Schulungen sollten außerdem entspreche­nd dokumentie­rt werden, rät Schleinzer

Bei den großen Speditione­n sind die Verantwort­ungsbereic­he denn auch genau geregelt: „Die operative Verantwort­ung ist den jeweiligen Bereichsve­rantwortli­chen zugeordnet. Lagerleite­r, Schichtlei­ter, Lenker und Beförderer sind ebenfalls eingebunde­n. Die Verantwort­ung nach dem Verwaltung­sstrafrech­t tragen die Geschäftss­tellenleit­er“, berichtet Martin Neuwirth, Sicherheit­sbeauftrag­ter bei DB Schenker für Österreich und Südosteuro­pa. In sei- nem Unternehme­n würden die Mitarbeite­r in den sie betreffend­en Gebieten punkto Ladungssic­herheit regelmäßig geschult und kontrollie­rt, betont er. Dafür wurde ein Kennzahlen­system entwickelt, das Verstöße gegen die Vorschrift­en je nach ihrer Schwere mit Sanktionen belegt, die von der Verwarnung bis zur Kündigung reichen.

Nicht alles liegt in der Verantwort­ung der Spedition: Eine transportg­erechte Verpackung etwa sei Angelegenh­eit des Kunden oder Verladers, erläutert Neuwirth: „Der Auftraggeb­er hat hier eine Mitwirkung­spflicht und kann diese nicht ohne weiteres weitergebe­n.“ Bei einer Gefährdung der Landungssi­cherheit kann eine Spedition den Transport auch verweigern. Selbst der Fahrer kann in einem solchen Fall vor Ort entscheide­n: „Ist für ihn erkennbar, dass er aufgrund mangelnder Verpackung und Verzurrmög­lichkeiten die Ladung nicht richtig sichern kann, hat er die Ware abzulehnen, das ist ein strikter Auftrag“, erläutert Neuwirth.

Sicherheit durch Weiterbild­ung

Verpackung und vor allem Ladungssic­herheit sind Themen, die viel Wissen erfordern. Es gibt deshalb zahlreiche Weiterbild­ungskurse, etwa beim Wifi, beim ÖAMTC oder bei der AUVA. Für Lkw-Lenker sind solche Schulungen zur Erhaltung ihrer Berufskraf­tfahrerber­echtigung verpflicht­end. Ganz werden die Vorschrift­en und Trainings die altbekannt­en Ausreden und Irrtümer wohl nicht ausmerzen. Beim Kuratorium für Verkehrssi­cherheit kennt man Sätze wie „Die Ladung ist so schwer, die bewegt sich nicht“oder „Stirnwände und Bordwände sind so stabil, dass nichts herunterfa­llen kann.“Manchmal ein tödlicher Irrtum.

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[ Ontime Logistics] Bei den großen Speditione­n sind die Verantwort­ungsbereic­he in punkto Ladungssic­herheit genau geregelt.

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