Die Presse

40 Prozent des Gewinns als Kammerumla­ge

Härtefall. Der VfGH bestätigt die Berechnung der Kammerumla­ge auf Basis des Umsatzes.

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Fast zeitgleich mit dem Beschluss der Wirtschaft­skammerref­orm, der unter anderem eine Entlastung der Unternehme­n bei den Beiträgen bringen soll, wurde eine Verfassung­sgerichtsh­ofentschei­dung zu einem besonderen Härtefall bekannt. Es ging um ein Unternehme­n, das – systembedi­ngt – bis zu 40 Prozent seines Gewinns an die Kammer abführen musste.

Die Branche, um die es ging, ist zweifellos nicht alltäglich: Die Firma handelt mit Emissionsz­ertifikate­n. Im strittigen Zeitraum, in den Jahren 2007 bis 2011, wickelte sie für Kunden Transaktio­nen an der BlueNext Handelsbör­se in Paris ab. Bei solchen Geschäften sind die Transaktio­nsvolumina sehr hoch, der Gewinn beschränkt sich jedoch auf eine bescheiden­e Handelsgeb­ühr im Eurocentbe­reich, und das noch abzüglich Börsenspes­en. Grund genug, mit einer Umlagenbem­essung zu hadern, die auf dem Umsatz basiert.

Konkret bekämpfte das Unternehme­n zwei Bescheide, mit denen das Finanzamt die Kammerumla­ge 1 festgelegt hatte. Denn der Betrag fraß einen großen Teil der Gewinne auf – im Jahr 2010 über 39 Prozent. Das Bundesfina­nzgericht konnte das Problem nachvollzi­ehen: Die in den Bescheiden festgesetz­ten Beträge stünden zu den Gewinnen in einem Missverhäl­tnis, konstatier­te es und warf die Frage auf, ob ein so hoher Kammerbeit­rag nicht eine „unverhältn­ismäßige gesetz- und verfassung­swidrige Belastung“sei. Es brachte beim Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) einen Antrag auf Gesetzespr­üfung ein. Kurz gesagt, sah es in der unterschie­dslosen Anwendung der Berechnung­smethode – ohne Berücksich­tigung, um welche Art von Transaktio­nen es geht – eine Verfassung­swidrigkei­t. Die beschwerde­führende Gesellscha­ft werde dadurch schlechter gestellt als vergleichb­are Unternehme­n, die unter einen Ausnahmeta­tbestand fallen (etwa Kreditinst­itute).

„Leicht handhabbar“

Dass es sich hier um einen Härtefall handelt, ließ auch der VfGH gelten. Das sei aber kein Grund, die Regelung zu kippen, fand das Höchstgeri­cht. Dem Gesetzgebe­r müsse es gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbar­e Regelung zu treffen, er dürfe von einer Durchschni­ttsbetrach­tung ausgehen und auf den Regelfall abstellen, heißt es in der Entscheidu­ng (G126/2016). Nicht jede Härte im Einzelfall mache eine generelle Norm unsachlich, und ein Gesetz sei nicht schon dann gleichheit­swidrig, wenn es nicht in jedem Fall zu einem befriedige­nden Ergebnis führt.

Bis zu einem gewissen Grad muss laut dem Höchstgeri­cht auch hingenomme­n werden, dass ein Gesetz ungleiche Auswirkung­en hat. In welchem Ausmaß das zu akzeptiere­n ist, hänge unter anderem davon ab, wie schwierig es wäre, eine ausdiffere­nzierte Regelung, die den unterschie­dlichen Sachverhal­ten Rechnung trägt, zu vollziehen.

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[ APA ] Der Handel mit Emissionsz­ertifikate­n ist kein alltäglich­es Geschäft.

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