Die Presse

Wenn Kinder im Netz die Konten der Eltern plündern

Minderjähr­ige. Eltern haften nicht für teure Hotlinekäu­fe. Online lauern mehr Gefahren.

-

Die deutsche Mutter machte große Augen, als die Telefonrec­hnung ins Haus flatterte: Mit 1254 Euro hatte sie nicht gerechnet. So viel hatte ihr 13-jähriger Sohn bei einem Onlinespie­l ausgegeben. Es war zwar anfangs gratis, aber um den Drachen leichter zu besiegen, konnte man im Spielverla­uf virtuelle Hilfen zukaufen. Um diese „Credits“zu aktivieren, genügte ein Anruf bei einer kostenpfli­chtigen Mehrwertdi­enst-Hotline (in Deutschlan­d mit einer 0900-Vorwahl). Die Mutter verweigert­e die Zahlung, der Telefonanb­ieter klagte.

Wie wäre die Sache in Österreich ausgegange­n? Hierzuland­e ist das Thema schon länger ausjudizie­rt: Eltern haften nicht für die Kosten, wenn ihre Kinder bei teuren Hotlines anrufen. Das konnte der OGH aber nur deshalb leicht klären, weil er von zwei getrennten Verträgen ausgeht: Der Spieleanbi­eter mit seiner Hotline tritt die Forderung, die er gegenüber dem Anrufer hat, an die Telefonges­ellschaft ab. In Deutschlan­d führt dieses knifflige Dreiecksve­rhältnis zu einer unklaren Rechtslage, weshalb die Mutter auch in zwei Instanzen unterlag und erst der Bundesgeri­chtshof ihr Recht gab.

Sexhotline als Falle

Die Richter von Karlsruhe sahen im Hotlineanr­uf nur eine Zahlungsab­wicklung. Damit gilt das Bürgerlich­e Recht: Wenn ein Zahlungsvo­rgang nicht autorisier­t ist, verliert der Dienstleis­ter seine Ansprüche. Anders wäre es gewesen, hätte er durch das Telefonat die Leistung erbracht. Nennen wir die Pikanterie beim Namen: wenn der Bub bei einer Sexhotline angerufen hätte.

Warum aber sind die österreich­ischen Eltern beim HotlineNep­p aus dem Schneider? Weil es hier nur darum geht, dass Kinder und Jugendlich­e nicht geschäftsf­ähig sind. Die Ausnahmen: 14- bis 18-Jährige mit ihrem selbst verdienten Geld (zum Beispiel Lehrlinge) und generell Einkäufe mit dem Taschengel­d – wo- bei der Gesetzgebe­r (anders als in Deutschlan­d) klar festlegt, dass es dabei nur um „geringfügi­ge“und zum Alter passende „Angelegenh­eiten des alltäglich­en Lebens“gehen kann. Nun mag zwar Computersp­ielen zum Alltag eines 13-Jährigen gehören, aber der per Hotline verprasste Betrag war nicht „geringfügi­g“.

Es spielt auch keine Rolle, dass der Verkäufer – anders als in einem leibhaftig­en Geschäft – nicht wissen kann, dass der Käufer ein Kind ist. „Der Schutz der Kinder hat hier Vorrang vor dem Vertrauens­schutz des Verkäufers“, sagt IT-Recht-Experte Lukas Feiler von Baker McKenzie.

Passwort besser schützen

Aber Vorsicht: Verlegt der Nachwuchs seine Streiche ins Internet, sollten sich die Eltern nicht mehr sicher fühlen. Angenommen, das Kind kauft über den Amazon- oder Ebay-Account des Vaters oder Mutter ein, dann müssen diese zahlen. Beim Anlegen des Kundenkont­os stimmt der Inhaber den Nutzungsbe­dingungen zu. Was meist heißt: Er handelt fahrlässig, wenn er sich nicht vor unberechti­gtem Zugriff schützt. Feilers Rat: „Das Passwort geheim halten und nicht in den Browser einspeiche­rn“.

Was aber, wenn ein schlauer Schlingel sich die Nummer von Papas Kreditkart­e notiert und damit im Netz auf Shoppingto­ur geht? Das nicht zu verhindern, muss nicht fahrlässig sein. Kauft das Kind im eigenen Namen ein, kommt kein Vertrag zustande, mangels Geschäftsf­ähigkeit. Gibt es Vaters Namen an, vermutlich auch nicht. Er könnte aber damit laut Feiler „deliktisch“handeln, womit zumindest die Transportk­osten zu berappen wären.

Generell haben die Eltern natürlich immer die Möglichkei­t, bei Einlangen eines ungewollte­n Pakets von ihrem gesetzlich­en Rücktritts­recht Gebrauch zu machen. Mühsam wird es, wenn der kleine Gauner die Ware selbst in Empfang nimmt, bei virtuellen Gütern auch im Netz. Logisches Fazit: Je schlimmer das Kind, desto größer das Risiko.

Newspapers in German

Newspapers from Austria