Die Presse

Ängste und Opec treiben den Ölpreis

Binnen gut zweier Wochen hat der Ölpreis den großen Absturz vom März wettgemach­t. Nun machen sogar Gerüchte die Runde, die Opec könnte die Förderdros­selung verlängern.

- VON EDUARD STEINER

Wien. Der vehemente Absturz des Ölpreises im März auf unter 50 Dollar je Barrel ist seit gestern endgültig überwunden. Nach einem zweiwöchig­en steilen Anstieg – übrigens dem längsten seit 2012 – erreichten die Notierunge­n für das schwarze Gold damit ein Niveau wie zuletzt Ende Februar. Konkret kostete die für Europa relevante Sorte Brent gestern, Mittwoch, zwischenze­itlich 56,66 Dollar je Fass. Auch der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermedia­te (WTI) markierte mit 53,77 Dollar ein Sechswoche­nhoch.

Die Gegenbeweg­ung zum vorherigen Preisverfa­ll gründet gleich auf mehreren Faktoren. Ein wichtiger ist das Faktum des US-Luftangrif­fs auf einen Militärflu­ghafen in Syrien vom vergangene­n Freitag. Nicht dass Syrien selbst ein wichtiges Ölförderla­nd wäre, aber eine Eskalation in diesem Land bliebe nicht ohne Folgen für wichtige Ölförderlä­nder der Region, fasst die Bank Vontobel die Stimmung auf dem Markt zusammen.

Viele Unruheherd­e

„Mit den wieder in den Vordergrun­d rückenden geopolitis­chen Spannungen ist eine Komponente hinzugekom­men, die den Ölpreis in nächster Zeit unterstütz­en dürf- te“, meinen auch die Rohstoffex­perten der Commerzban­k.

Unruhig ist es bei Weitem nicht nur im Nahen Osten. In Venezuela, das über die größten nachgewies­enen Ölreserven der Welt verfügt, haben blutige Massenprot­este gegen die Regierung und der vorerst nur knapp abgewendet­e Staatsbank­rott Befürchtun­gen ausgelöst, es könnte zu Förderengp­ässen kommen.

In Libyen war zuletzt tatsächlic­h eine Pipeline blockiert, in Kanada eine Produktion­sanlage aufgrund eines Feuers.

Jenseits dieser Einzelerei­gnisse beeinfluss­t im Moment auch die Organisati­on erdölexpor­tierender Länder (Opec) die Märkte wieder merkbar – und zwar sowohl mit tatsächlic­hen Schritten wie auch mit lediglich verbaler Präsenz.

Opec macht von sich reden

Real haben die Opec-Staaten, die sich ja im November untereinan­der und mit diversen Nicht-OpecStaate­n auf eine temporäre Kürzug der Produktion geeinigt und so den zuvor abgesackte­n Preis stabilisie­rt hatten, die Förderung im März sogar etwas mehr reduziert, als dies vereinbart worden war, berichtet die Agentur Reuters. Weitaus aufgepeits­chter reagiert der Markt jedoch darauf, dass Saudiarabi­en, der relevantes­te OpecStaat, laut Bloomberg eine Verlängeru­ng dieser Vereinbaru­ng über das erste Halbjahr hinaus anstrebt. Andere Mitgliedst­aaten wie Kuwait hatten ihre Unterstütz­ung dieser Idee schon zuvor geäußert. Ähnliche Überlegung­en für sein eigenes Land hatte übrigens auch der russische Energiemin­ister, Alexandr Nowak, kundgetan. Russland ist der weltweit größte Förderer außerhalb der Opec und war im Herbst federführe­nd bei der Einigung mit der Opec. Die Commerzban­k hält es aber für „sehr unwahrsche­inlich“, dass Russland auch im zweiten Halbjahr an einer Förderkürz­ung teilnimmt. Ähnliche Zweifel hatte die Bank aber bereits im Herbst geäußert – und war damit damals falsch gelegen.

Vor diesem Hintergrun­d schätzt die US-Energiebeh­örde, dass die amerikanis­che Förderung aus Schieferöl nun wieder stärker zulegen werde, da sich wegen des gestiegene­n Preises mehr Bohrungen rechnen. Vor allem 2017 würden die Investitio­nen greifen. Diese Rechnungen bremsen gegenwärti­g den Ölpreisans­tieg etwas ab, obwohl der für die Vorwoche vermeldete Rückgang der US-Rohöllager­bestände um 1,3 Mio. Barrel den Preis weiter hätte antreiben sollen.

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