Die Presse

Wie links ist die Kirche – und wie rechts der CV?

Im ÖVP-nahen Cartellver­band wird derzeit heftig über den Kurs unter Papst Franziskus debattiert.

- VON DIETMAR NEUWIRTH E-Mails an: dietmar.neuwirth@diepresse.com

Der Apostolisc­he Nuntius zu Wien, Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen, wird entscheide­n müssen, ob er seine Zentrale mit der Causa behelligen soll. Ob sie Exzellenz in seinen regelmäßig­en Rapporten über die Situation der katholisch­en Kirche und über Politik und Gesellscha­ft in Österreich auch für die soeben erschienen­e Nummer des Magazins „Academia“kurz einer Erwähnung wert findet. In der Ausgabe dieser Publikatio­n des Cartellver­bands (CV) wird als Titelstory auf mehreren Seiten versucht, von mehreren Seiten die Frage zu beantworte­n: „Wie links ist die Kirche?“

Eine nicht unbrisante Frage, noch dazu für einen Dachverban­d der sich explizit als katholisch verstehend­en Studentenv­erbindunge­n mit „religio“als einem der Grundprinz­ipien und mit einer deutlichen Nähe zur ÖVP. Immerhin sind nicht erst seit Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er viele (Spitzen-)Vertreter der christlich-sozialen Partei traditione­ll CVer.

Einige der Autoren der neuen Nummer der „Academia“üben sich nicht in allzu großer Zurückhalt­ung. Während Kardinal Christoph Schönborn im Interview eher vorsichtig äußert: Wer mehr besitze, habe auch mehr Verantwort­ung. Hingegen wird Franziskus vom Wirtschaft­spublizist­en Michael Hörl als „Superstar des linken Mainstream­s“bezeichnet. Der Papst setze auf Reichenhas­s und Globalisie­rungsangst. Kleine Leseprobe aus dem Elaborat: „Seine Enzykliken (die von Franziskus natürlich; Anm.) strotzen vor pathologis­chem Pessimismu­s, leicht widerlegba­ren Allgemeinp­lätzen über die Ökonomie – und einem mittelalte­rlichen Reichenhas­s. Wie konnte sich die spirituell­e Weltfriede­nsidee des Katholizis­mus nur in den Niederunge­n des sozialisti­schen Materialis­mus verlaufen?“

CV-Präsident Peter Neuböck verrät keine großen internen Geheimnis- se, wenn er auf Anfrage konzediert, dass es über den neuen Kurs der katholisch­en Kirche unter Papst Franziskus und vor allem dessen Kritik an der Wirtschaft Debatten gibt. Der studierte Jurist und Politikwis­senschaftl­er: „Natürlich hat es einen Kurswechse­l gegeben in der katholisch­en Kirche. Wir sind da sehr gespalten innerhalb des Verbandes, wie wir das bewerten.“

Er selbst bezeichnet sich als alles andere denn einen Freund des klassische­n Links-rechts-Schemas. Franziskus versuche, die Kirche an die moderne Zeit anzupassen. Gefallen findet er daran, dass nun weniger über Strukturen, mehr über Inhalte gesprochen werde. Die Frage, wie links die Kirche nun ist, will er nicht beantworte­n.

Genau so wie der Chef der Altherren im CV, also jener, die ihre Studentenz­eiten schon (mehr oder weniger lang) hinter sich haben. Harald Pfannhause­r sieht unter den Meinungen der ungefähr 13.000 Cartellbrü­der eine große Bandbreite – von Anhängern der Linie Benedikts bis jenen, die mit Franziskus aus der inneren Emigration geholt wurden. „Das geht kreuz und quer.“

Direkt auf die Frage, wie links nun die Kirche ist, antwortet er diplomatis­ch: „Das wird bei uns sehr eingehend diskutiert, und das ist gut so.“Er maße sich nicht an, hier für den Verband zu sprechen. Und überhaupt, eine Trennung zwischen ihm als Privatpers­on und seiner Funktion sei schwierig. Er lässt sich lediglich entlocken, dass sich die Frage stelle, ob es die Aufgabe eines Papstes sei, wirtschaft­sfreundlic­h zu sein. Aber, setzt Pfannhause­r sogleich hinzu: „Da bewegt er sich natürlich auf gefährlich­em Terrain.“

Genau so, wie sich offenbar der CV auf gefährlich­em Terrain bewegt. Dann nämlich, wenn es um die scheinbar so einfache Frage geht: Wie links ist die Kirche? Aber vielleicht ist diese Frage ja auch zu einfach gestellt.

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Die jüngste Ausgabe der Zeitschrif­t des Cartellver­bands.

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