Wie links ist die Kirche – und wie rechts der CV?
Im ÖVP-nahen Cartellverband wird derzeit heftig über den Kurs unter Papst Franziskus debattiert.
Der Apostolische Nuntius zu Wien, Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen, wird entscheiden müssen, ob er seine Zentrale mit der Causa behelligen soll. Ob sie Exzellenz in seinen regelmäßigen Rapporten über die Situation der katholischen Kirche und über Politik und Gesellschaft in Österreich auch für die soeben erschienene Nummer des Magazins „Academia“kurz einer Erwähnung wert findet. In der Ausgabe dieser Publikation des Cartellverbands (CV) wird als Titelstory auf mehreren Seiten versucht, von mehreren Seiten die Frage zu beantworten: „Wie links ist die Kirche?“
Eine nicht unbrisante Frage, noch dazu für einen Dachverband der sich explizit als katholisch verstehenden Studentenverbindungen mit „religio“als einem der Grundprinzipien und mit einer deutlichen Nähe zur ÖVP. Immerhin sind nicht erst seit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner viele (Spitzen-)Vertreter der christlich-sozialen Partei traditionell CVer.
Einige der Autoren der neuen Nummer der „Academia“üben sich nicht in allzu großer Zurückhaltung. Während Kardinal Christoph Schönborn im Interview eher vorsichtig äußert: Wer mehr besitze, habe auch mehr Verantwortung. Hingegen wird Franziskus vom Wirtschaftspublizisten Michael Hörl als „Superstar des linken Mainstreams“bezeichnet. Der Papst setze auf Reichenhass und Globalisierungsangst. Kleine Leseprobe aus dem Elaborat: „Seine Enzykliken (die von Franziskus natürlich; Anm.) strotzen vor pathologischem Pessimismus, leicht widerlegbaren Allgemeinplätzen über die Ökonomie – und einem mittelalterlichen Reichenhass. Wie konnte sich die spirituelle Weltfriedensidee des Katholizismus nur in den Niederungen des sozialistischen Materialismus verlaufen?“
CV-Präsident Peter Neuböck verrät keine großen internen Geheimnis- se, wenn er auf Anfrage konzediert, dass es über den neuen Kurs der katholischen Kirche unter Papst Franziskus und vor allem dessen Kritik an der Wirtschaft Debatten gibt. Der studierte Jurist und Politikwissenschaftler: „Natürlich hat es einen Kurswechsel gegeben in der katholischen Kirche. Wir sind da sehr gespalten innerhalb des Verbandes, wie wir das bewerten.“
Er selbst bezeichnet sich als alles andere denn einen Freund des klassischen Links-rechts-Schemas. Franziskus versuche, die Kirche an die moderne Zeit anzupassen. Gefallen findet er daran, dass nun weniger über Strukturen, mehr über Inhalte gesprochen werde. Die Frage, wie links die Kirche nun ist, will er nicht beantworten.
Genau so wie der Chef der Altherren im CV, also jener, die ihre Studentenzeiten schon (mehr oder weniger lang) hinter sich haben. Harald Pfannhauser sieht unter den Meinungen der ungefähr 13.000 Cartellbrüder eine große Bandbreite – von Anhängern der Linie Benedikts bis jenen, die mit Franziskus aus der inneren Emigration geholt wurden. „Das geht kreuz und quer.“
Direkt auf die Frage, wie links nun die Kirche ist, antwortet er diplomatisch: „Das wird bei uns sehr eingehend diskutiert, und das ist gut so.“Er maße sich nicht an, hier für den Verband zu sprechen. Und überhaupt, eine Trennung zwischen ihm als Privatperson und seiner Funktion sei schwierig. Er lässt sich lediglich entlocken, dass sich die Frage stelle, ob es die Aufgabe eines Papstes sei, wirtschaftsfreundlich zu sein. Aber, setzt Pfannhauser sogleich hinzu: „Da bewegt er sich natürlich auf gefährlichem Terrain.“
Genau so, wie sich offenbar der CV auf gefährlichem Terrain bewegt. Dann nämlich, wenn es um die scheinbar so einfache Frage geht: Wie links ist die Kirche? Aber vielleicht ist diese Frage ja auch zu einfach gestellt.