Man könnte, man muss nur wollen
Fahrbericht. Erstmals bietet Jeep den Grand Cherokee als Trailhawk-Version an, speziell gebaut für das Gelände. Damit hat man eigentlich keine Ausreden mehr für einen Ausflug in den Wald.
Wien. Der Rubicon Trail ist ein 22 Meilen langer historischer Postweg in der Sierra Nevada im Westen der USA, der über befestigte Straßen und durchs Gelände führt. Jeep testet seine Autos gerne auf dieser legendären Offroadstrecke und verpasst ihnen, wenn sie die Vorgaben des unabhängigen Nevada Automotive Test Center in Bezug auf Traktion, Watfähigkeit, Wendigkeit, Verschränkung und Bodenfreiheit erfüllen, die Bezeichnung „Trail rated“.
Umgelegt auf das Auto bedeutet das spezielle Modifikationen, die den ohnehin schon geländegängigen Jeep noch geländetauglicher machen: ein serienmäßiger Unterbodenschutz beispielsweise, mehr Bodenfreiheit, ein verfeinertes Allradsystem. Die solcherart ausgestatteten Autos verkauft Jeep unter dem Namen Rubicon (Wrangler) bzw. Trailhawk.
Bisher blieb dem Grand Cherokee dieser Zusatz verwehrt. Aus nachvollziehbarem Grund: Nur wenige Besitzer fahren mit diesem Luxus-SUV überhaupt ins Gelände – und wenn doch, dann sehr, sehr vorsichtig.
Dass Jeep nun erstmals einen Grand Cherokee Trailhawk anbietet, könnte also eine reine Marketingaktion sein, um etwas Neues im Programm zu haben, weil sich die nächste Generation des SUV verzögert. Was eigentlich gar nicht notwendig wäre. Der aktuelle Grand Cherokee beschert den Amerikanern (im Besitz von Italienern, nämlich Fiat) Rekordverkäufe, und auch wir sind deklarierte Fans des Jeep Grand Cherokee, Modelljahr 2014. Kein anderer Hersteller – außer vielleicht Land Rover mit dem Range Rover – hat den Fahrkomfort einer Limousine so perfekt mit den Offroadqualitäten eines Geländewagens zu einem SUV kombiniert.
Aber natürlich darf man das „Ich könnte, wenn ich wollte“-Gefühl als Kaufanreiz für einen Geländewagen nicht unterschätzen. Und mit dem Trailhawk könnte man noch mehr. Der Grand Cherokee zeigt das auf den ersten Blick: Der kernige Charakter wird dadurch verstärkt, dass der Trail- hawk völlig auf Chrom- und sonstige Zierleisten verzichtet. Selbst der Schriftzug an der Seite und auf der Motorhaube ist schwarz gehalten und nur rot umrandet. Einzig das Abzeichen „Trail rated“an den vorderen Kotflügeln sticht hervor.
Reifen aus Kevlar
Die Reifen sind serienmäßig mit Kevlar verstärkt, die Motorhaube ist mit einer schwarzen Blendschutzfolie überzogen. Zu den umfangreichen Offroadtechnologien gehören eine serienmäßige Luftfederung mit fünf Einstellstufen (maximale Bodenfreiheit ist 27,5 Zentimeter) und eine elektronisch geregelte Differenzialsperre.
Erstmals bietet der Grand Cherokee einen Gelände-Tempomaten, der das Fahrzeug mit konstanter Geschwindigkeit über Offroadstrecken kriechen lässt, ohne dass der Fahrer Brems- oder Gaspedal betätigen muss. Das funktioniert sowohl bei Steigungen als auch bei Gefälle. Die Geschwindigkeit stellt man über die Schaltpaddel am Lenkrad ein.
Auch innen hat Jeep den Grand Cherokee auf Geländeanforderungen abgestimmt. Fahrerund Beifahrersitz mit Leder/Velours-Polsterung sind kräftig konturiert und verleihen so auch im Gelände stabilen Seitenhalt. Die Sitze können nicht nur beheizt, sondern auch belüftet werden. Rote Ziernähte an Lenkrad, Sitzen, Mittelkonsole und Türverkleidungen setzen interessante Kontrastpunkte, auf dem Lenkrad und den Sitzlehnen prangt prominent der rote Trailhawk-Schriftzug.
In dem Auto erleben wir auch, dass der Diesel durchaus noch seine Berechtigung hat. Der 3.0-Liter-V6 mit 250 PS liefert das notwendige Drehmoment, dabei bleibt er lautstärkemäßig dezent im Hintergrund. Der Verbrauch von neun Litern geht in Ordnung.
Ein paar Features irritierten: Den Spurhalteassistenten haben wir bei der Konkurrenz schon besser erlebt, und warum sich der automatische Abstandstempomat im Stau abschaltet, wenn das Auto kurz stillsteht, ist uns ein Rätsel.
Offroad-Test im Wald
Und wie fährt er sich nun im Gelände? Wir wollten und konnten – dank eines gut versicherten Testautos und des stets freundlichen, hilfsbereiten A., der uns seinen Wald in Mauerbach als Teststrecke zur Verfügung stellte. Es war ein regnerischer Tag, der Waldboden war nass und durchweicht, tiefe Schlammlöcher waren eine zusätzliche Herausforderungen. „Ich werd dich wohl“, meinte A., „mit dem Traktor herausziehen müssen.“Er musste nicht.