Warum Trump den Dollar runterredet
Analyse. Der starke Dollar hat eine Schattenseite: Die Weltwährung ist schlicht zu teuer. Nicht nur der US-Präsident, die ganze Welt braucht jetzt einen schwächeren Dollar. Damit Handel und Wachstum wieder in Schwung kommen können.
Wien. Der Dollar ist ihm zu stark. Die Zinsen sind ihm zu hoch. Fed-Chefin Janet Yellen will er vielleicht doch nicht feuern. Und China sei kein Währungsmanipulator. Mit einem Interview für das „Wall Street Journal“hat US-Präsident Donald Trump die Börsen durchgerüttelt. Der Dollar ist gefallen, der Goldkurs auf den höchsten Wert seit Monaten gestiegen. Was steckt dahinter? Und wohin führt der erratische Kurs des Präsidenten den Dollar und die Weltwirtschaft? „Die Presse“gibt Antworten.
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Seit 2011 ist der Dollarkurs um rund 40 Prozent gestiegen. Einer der Gründe dafür ist die schrittweise Anhebung der Zinsen durch die Notenbank Federal Reserve. Andere sind die Rolle des US-Dollar als Weltreservewährung und die relative Größe des US-Finanzmarkts. Aber die internationale Rolle des Dollar hat eine Schattenseite: Um die Welt mit Geld zu versorgen, müssen die USA immer mehr importieren und Geld ausgeben. Das US-Handelsbilanzdefizit ist nach der Finanzkrise aber stark geschrumpft, was die Dollar international verknappt – und den Dollarkurs verteuert hat.
Der Zusammenbruch der Rohstoffpreise hat diesen Effekt noch verstärkt, weil weniger Dollar in Rohstoffexportländer fließen. Gleichzeitig sind aber die Kosten für Zinsen von Dollarkrediten gestiegen. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich geht davon aus, dass rund zehn Billionen an Dollarkrediten weltweit ausstehend sind. Das alles führt zu einem Problem, das im Grunde seit der Finanzkrise nicht gelöst ist: Es herrscht Dollarknappheit. Das stranguliert den Welt- handel und damit das Wachstum. Oder anders gesagt: Nicht nur Trump, die ganze Welt will einen schwächeren Dollar sehen.
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Trump gibt die Antwort im Interview selbst: „Ein starker Dollar hat einige gute Seiten. Aber in der Regel ist das Beste daran, dass es gut klingt.“Trumps Programm zur Wiederbelebung der US-Exportindustrie hat nur dann eine Chance, wenn der Dollar fällt.
Andere Trends laufen schon viel länger und hätten auch eine fiktive Präsidentin Hillary Clinton getroffen. Tatsächlich ist die Gesamtsituation der USA nicht so rosig, wie es den Anschein hat. Die Probleme, die ein starker Dollar in anderen Ländern verursacht, haben zur Suche nach Alternativen geführt. Russland, China, Europa, Südamerika: Der Dollar wird als finanzielles Zentrum der Welt immer stärker infrage gestellt. Dollarreserven werden abgebaut. Dazu kommt die atemberaubende Schuldensituation der USA.
Zwar hat Donald Trump der deutschen Kanzlerin eine fiktive Rechnung für die von Europa verursachten Nato-Kosten vorgelegt, aber die Realität sieht ganz anders aus. „Noch nie in der Geschichte hat ein Land dem Rest der Welt so viel Geld geschuldet“, schreibt etwa der US-Ökonom Joseph Gagnon. Der ist nicht irgendjemand, sondern ein ehemaliger Mitarbeiter der Fed und des USFinanzministeriums. Sein Koautor, Fred Bergsten, war in den 1970er-Jahren ein Assistent von Außenminister Henry Kissinger.
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Bisher nicht. Aber jetzt. Das nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte System funktioniert inzwischen weder für Amerika noch für die übrigen Länder. Gagnon und Bergsten haben errechnet, dass die USA (Staat und Firmen gemeinsam) der Welt rund 8,4 Billionen Dollar mehr schulden, als die Welt den Amerikanern schuldet. Diese „Netto Internationale Investment Position“, oder NIIP, entspricht laut den zwei Ökonomen inzwischen rund 45 Prozent des BIPs. Bis 2021 sollte sie auf 53 Prozent anwachsen.
Bei 60 Prozent wäre nach den Berechnungen der Ökonomen die rote Zone erreicht. Kein Land habe ein derartiges Defizit bisher überstanden, ohne „in schwere finanzielle Probleme“zu geraten, so Gagnon. Der Vorschlag der Ökonomen: Die USA sollten ihre Politik nicht mehr auf einen „starken Dollar“ausrichten, sondern auf einen „angemessenen Dollar“. Anders gesagt: Der Dollar muss abwerten. Eine Schwächung um 14 Prozent könnte das Handelsbilanzdefizit bis 2020 auf zwei Prozent halbieren und das NIIP bei 50 Prozent stabilisieren. Gleichzeitig sollte Washington gemeinsam mit den andern G20-Staaten neue Richtlinien für die Wechselkurse erarbeiten.
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Das ist eine Möglichkeit. Trump hat China im Wahlkampf extrem scharf kritisiert. Aber seit seinem ersten Treffen mit Chinas Präsident Xi Jinping tönt der US-Präsident anders. Man hat sich eine 100-Tage-Frist eingeräumt, um Handelsfragen miteinander zu besprechen. Amerika will mehr nach China exportieren, um das Handelsbilanzdefizit zu verkleinern. Das passt zu Trumps Wirtschaftsprogramm – und zu den Vorschlägen von Gagnon und Bergsten. Mögliche Handelsbarrieren sind indes aus der Agenda verschwunden. Solche wären laut den Ökonomen kontraproduktiv.
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Trump signalisiert, dass er Janet Yellen als Fed-Chefin behalten könnte. Er wünscht sich jetzt zwar auch niedrige Zinsen. Aber: Sollte es zu einer politischen Abwertung des Dollar kommen, etwa durch eine Wechselkursabsprache im Rahmen einer internationalen Konferenz, könnte die Fed ihren eingeschlagenen Weg fortfahren. Denn dann müsste sie erst recht die geldpolitischen Zügel anziehen, um eine Überhitzung der US-Wirtschaft zu vermeiden. Für die Fed ein PR-Coup: Sie könnte so ihre Unabhängigkeit vom Weißen Haus unter Beweis stellen.