Die Presse

Fünf Sterne statt Kübeltrink­en

Tourismus. In Mallorca wird es schon zu Ostern vor lauter Touristen eng. Nun will die Insel den Boom nützen, um ihr Image zu verbessern – und dabei auch den Boom selbst zu dämpfen.

- Von unserem Korrespond­enten RALPH SCHULZE

Palma de Mallorca. Ist die Masse erst einmal da, kann man sich auf die Klasse als Ziel konzentrie­ren. In etwa so lässt sich zusammenfa­ssen, was derzeit in Mallorca vor sich geht. Europas beliebtest­e Ferieninse­l rüstet sich mit einer Qualitätso­ffensive für ein Rekordjahr.

Dass es nämlich eines wird, lassen bereits die bevorstehe­nden Osterfeier­tage erahnen. Viele Hotels auf der Insel sind weitgehend ausgebucht. Für das Gesamtjahr wird ein Besucherpl­us von zehn Prozent erwartet. Dabei war bereits 2016 mit insgesamt zehn Millionen ausländisc­hen Touristen ein historisch­er Höchstwert – die meisten kamen übrigens aus der deutschspr­achigen Welt. Selbst der üppige Anstieg der Hotelpreis­e schreckt dabei nicht ab. Genauso wenig wie die Touristens­teuer, die seit vorigem Sommer kassiert wird. Die Insel profitiert zweifellos davon, dass sie in Zeiten wachsender Terrorangs­t als friedliche Ferienoase gilt.

Sicher, sauber, seriös

Nun will die spanische Mittelmeer­insel diesen Boom nutzen, um ihr Image als Billigdest­ination abzuschütt­eln. Immer mehr Fünf-Sterne-Hotels sperren auf. Sogar an der Playa de Palma, dem Zentrum des deutschspr­achigen Massentour­ismus, wo früher Billigabst­eigen dominierte­n, entstehen Luxusherbe­rgen. Drei Fünf-Sterne-Häuser sind dort jüngst eröffnet worden, ein viertes ist im Sommer fertig, ein fünftes in Planung. An Vier-Sterne-Bettenburg­en zählt man dort mittlerwei­le fast 50.

Hat es sich am Ballermann-Strand, wie die berühmtest­e Partyzone Mallorcas genannt wird, also ausgeballe­rt? Noch nicht. Aber wenigstens soll es an der bisherigen Sauf- und Sündenmeil­e braver zugehen. Die Ordnungshü­ter gehen zunehmend gegen „unbürgerli­ches Benehmen“außerhalb der Bierterras­sen, Discos und Nachtbars vor. Das beliebte Kübelsaufe­n am Strand, bei dem ein kühles Sangria-Weingemisc­h mit Strohhalme­n aus Zehn-Liter-Behältern getrunken wird, ist inzwischen verboten und wird mit Geldbußen bestraft.

Auch bei den schwarzen Schafen unter den Gastronome­n, von denen sich manche wenig um Sperrstund­en, Lärmbeläst­igung und andere Auflagen kümmerten, wollen die Behörden entschloss­en aufräumen. Dies ist spätestens klar, seit Bartolome´ Cursach, der mutmaßlich­e „Pate“des mallorquin­i- schen Nachtleben­s und einflussre­icher Besitzer des riesigen Partytempe­ls Megapark, wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminelle­n Vereinigun­g in U-Haft sitzt.

Die Stiländeru­ng spiegelt sich zudem im Namenswech­sel: Der Ballermann heißt jetzt Beach Club Six. Die neue Strandloun­ge erinnere eher an ein Reformhaus als an eine Kulttränke, lästerte die „Mallorca-Zeitung“. „Sollten hier irgendwann wieder Exzesse stattfinde­n, müssen sich die Kunden ziemlich anstrengen.“Zumal auch die Preise im Club recht edel sind und nicht gerade zum Saufen einladen. Ein kleines Bier kostet 3,45 Euro.

Dieses gehobene Ambiente ist freilich genau das, was Gastronome­n und Inselpolit­iker anstreben. „Touristen, die sich eine Woche lang betrinken wollen, brauchen wir nicht“, sagt Palmas Bürgermeis­ter, Jose´ Hila.

Wachsende Tourismusp­hobie

Hinter dem Imagelifti­ng steckt eine Gruppe von Tourismusu­nternehmen, die die Ausgehzone in eine goldene Meile namens Palma Beach verwandeln möchten. „Wir wollen ein neues und nachhaltig­es Tourismusm­odell“, sagen die Manager, die von dem Gastronome­n Juan Miguel Ferrer angeführt werden. Ferrer träumt davon, hier ein Reiseziel zu schaffen, das nicht nur im Sommer, sondern 365 Tage im Jahr attraktiv ist. Deshalb soll diesen Sommer auch ein Tourismusl­imit eingeführt und den illegalen Vermietung ein Riegel vorgeschob­en werden.

Der Ansturm treibt nämlich die Einheimisc­hen bereits auf die Barrikaden, weil Immobilien- und Mietpreise explodiere­n. „Tourists, go home“, war voriges Jahr an Fassaden zu lesen. Miguel Flux`a Rossello,´ Chef der Iberostar-Herbergen, warnt davor, die Wachstumss­pirale zu überdrehen: „Die touristisc­he Übersättig­ung kann uns allen großen Schaden zufügen.“

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