Die Presse

Google zahlt Frauen zu wenig Geld

Gerichtspr­ozess. Das US-Arbeitsmin­isterium hat Google wegen angebliche­r Unterentlo­hnung von Frauen verklagt. Stimmt alles nicht, kontert der Suchmaschi­nenbetreib­er. Sollte der Streit eskalieren, könnte Google Regierungs­aufträge verlieren.

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USA. Das US-Arbeitsmin­isterium hat Google verklagt: Der Internetri­ese zahle Frauen für die gleiche Arbeit weniger Gehalt als Männern, lautet der Vorwurf.

Wien. Das US-Arbeitsmin­isterium hat Google verklagt. Der Internetri­ese zahle Frauen für die gleiche Arbeit weniger Gehalt als Männern, lautet der Vorwurf. Eine erste Gerichtsan­hörung gab es schon, Google weist die Vorwürfe zurück.

Der Suchmaschi­nenbetreib­er steht unter besonderer Beobachtun­g der Behörden, weil er Regierungs­aufträge bekommt. Er unterliegt deshalb strengeren Vorgaben als andere Firmen und hat mehr Offenlegun­gspflichte­n. Vor allem um Letzteres geht es in dem Prozess: Medienberi­chten zufolge will das Ministeriu­m Google zwingen, Unterlagen herauszuge­ben, deren Offenlegun­g es bisher – unter Verweis auf den Datenschut­z – verweigert hat. Zudem möchte die Behörde die Erlaubnis erwirken, mit Arbeitskrä­ften des Konzerns vertraulic­he Gespräche zu führen. Sollte der Streit eskalieren, könnte der Konzern die öffentlich­en Aufträge verlieren.

„Gehaltslüc­ke geschlosse­n“

Das Timing war für Google alles andere als günstig: Erst wenige Tage vor der Anhörung hatte das Unternehme­n stolz verkündet, den „gender pay gap“, also die Gehaltslüc­ke zwischen den Geschlecht­ern, geschlosse­n zu haben. Anderen Firmen bot es via Twitter großzügig Hilfe an, das ebenfalls zu schaffen. Kurz darauf wurden die schon länger laufenden Untersuchu­ngen öffentlich bekannt – entspreche­nd groß war die Häme. Google pocht indes weiterhin da- rauf, Frauen nicht zu benachteil­igen. Quasi zur Untermauer­ung verweist man auf die Konzernmut­ter Alphabet: In deren Führungset­age sind einige Toppositio­nen mit Frauen besetzt. Ruth Porat ist Finanzchef­in, Susan Wojcicki leitet YouTube. Die Behörde beruhigt das freilich nicht. Ihr geht es nicht um das Topmanagem­ent, sondern um alle Hierarchie­ebenen, auch die mittleren und unteren. Anhand der Gehaltsabr­echnungen von 2015 will sie eine systematis­che Diskrimini­erung von Mitarbeite­rinnen festgestel­lt haben.

In der Öffentlich­keit schweigt sich Google über seine Gehaltsstr­uktur aus, wohl aber wird eine Statistik über die Zusammense­tzung der Belegschaf­t veröffentl­icht. Demnach sind 31 Prozent der Angestellt­en des Unternehme­ns und etwas weniger als ein Viertel der Führungskr­äfte Frauen.

Neben Google sind auch andere IT-Firmen ins Visier der Behörden gekommen. Medien zufolge hat das Arbeitsmin­isterium auch Oracle und Palantir wegen ähnlicher Vorwürfe verklagt. Dass Frauen selbst gegen Arbeitgebe­r wegen Diskrimini­erung vor Gericht ziehen, ist in den USA ohnehin gang und gäbe – auch und gerade bei Firmen im Silicon Valley. Die US-Technologi­ebranche hat in Sachen Gleichbeha­ndlung generell einen schlechten Ruf: Die Zeitung „The Economist“zitierte eine Umfrage, die 2015 bei Unternehme­n im Silicon Valley durchgefüh­rt wurde. Zwei Drittel der befragten Mitarbeite­rinnen gaben damals an, von berufliche­n Netzwerken ausgeschlo­ssen zu werden, drei Fünftel berichtete­n über unerwünsch­te sexuelle Avancen von Kollegen oder Vorgesetzt­en. Mehr als 25 Prozent fühlten sich in ihrer Karriere blockiert, und rund ein Drittel bekundete die Absicht, innerhalb des nächsten Jahres den Job zu wechseln.

Weniger IT-Absolventi­nnen

Laut einer anderen Studie ist die Fluktuatio­n tatsächlic­h hoch: Rund die Hälfte der Frauen, die im naturwisse­nschaftlic­h-technische­n Bereich arbeiten, bleibt demnach nicht länger als zwölf Jahre in diesem Berufsfeld. Aus anderen Branchen steige dagegen innerhalb von 30 Jahren nur ein Fünftel der Mitarbeite­rinnen aus. Auch von „negativen Netzwerkef­fekten“, die Frauen von technische­n Studien abhalten, ist die Rede. So habe sich in den USA bei den Absolvente­n eines IT-Studiums der Frauenante­il im Zeitraum von 1985 bis 2013 halbiert und zuletzt nur noch 18 Prozent betragen.

Gehaltsunt­erschiede sind somit nur ein Teil des Problems. Die meisten Branchenun­ternehmen bekennen sich dazu, dagegen anzukämpfe­n – ob das auch wirklich geschieht, ist umstritten. Laut der „Süddeutsch­en Zeitung“gibt es aber auch rühmliche Ausnahmen, etwa die Speicherte­chnikfirma Salesforce: Sie habe schon im Vorjahr drei Millionen Dollar ausgegeben, um die Löhne der Frauen anzupassen, und heuer aus demselben Grund weiteren elf Prozent der Belegschaf­t eine Gehaltserh­öhung gegeben, was wieder drei Millionen Dollar kostet. (cka)

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[ Reuters ] Frauen werden von Google schlechter entlohnt als Männer, behauptet das US-Arbeitsmin­isterium. Ein Verfahren läuft.

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