Die Presse

Strategie gegen die Zinswende: High Yields mit kurzer Laufzeit

Rentenmärk­te. In den USA begann die Zinswende bereits, in Europa steht sie bevor. Bestimmte Anleihen bieten trotzdem Chancen.

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In den USA hat es erste Zinsanhebu­ngen gegeben, in Europa reduzierte die EZB die monatliche­n Anleihekäu­fe seit Anfang April von maximal 80 auf 60 Mrd. Euro. Ein Zeichen, dass auch die europäisch­en Währungshü­ter nicht mehr ganz so verbissen an einer ultratiefe­n Zinspoliti­k festhalten dürften.

Dennoch verdient man mit sicheren Anleihen – im historisch­en Vergleich – immer noch mickrige Renditen. Da locken höher verzinste Renten umso mehr. Das sind solche, die von Schuldnern mit einer schlechter­en Bonität begeben werden. Genauer gesagt haben Emittenten von Hochzinsan­leihen eine Bonitätsno­te, die schlechter als ein BBB- ist. Solche Anleihen zählen nicht mehr zum Investment-Grade-Segment, das für viele Großanlege­r ein wichtiges Mindestmaß darstellt.

Vorteil: Kurze Restlaufze­it

Der Preis für die höhere Verzinsung ist somit ein höheres Risiko eines Zahlungsau­sfalls oder sogar einer Emittenten­pleite. Deshalb sollten Anleger nur breit gestreut mittels Fonds in solche Anleihen investiere­n, und auch dann nur mit einem Teil ihres Vermögens. Die Tabelle gibt einen Überblick über in Österreich zugelassen­e Branchenfo­nds, die eine Wertentwic­klung von zumindest einem Jahr aufweisen.

Besonders interessan­t könnten im aktuellen Umfeld vor allem Hochzinsan­leihen mit einer sehr kurzen Restlaufze­it sein. Denn was passiert, wenn das allgemeine Zinsniveau zu steigen beginnt? Dann sind bestehende, somit schlechter verzinste Anleihen weniger attraktiv, sie werden folglich abverkauft.

Bei Anleihen, die nur noch eine sehr kurze Restlaufze­it haben, halten sich die Kursverlus­te jedoch in Grenzen, da sie ohnedies bald zu 100 Prozent getilgt werden. Und Anleger können ihr Geld dann umso rascher zu höheren Zinsen wieder veranlagen, erklärt Ulrich Gerhard, Fondsmanag­er des BNY Mellon Global Short-Dated High Yield Fund.

Einen konkreten Vergleich liefert Marina Cohen, Leiterin des Hochzinsan­leihe-Portfolios bei Amundi: „Kurz laufende Hochzinsan­leihen mit einer Restlaufze­it von gut zwei Jahren bieten derzeit eine Rendite von rund 1,5 Prozent. Die vergleichb­are Rendite bei deutschen Bundesanle­ihen ist hingegen im Minusberei­ch.“

Bleibt noch die Frage, wie die Branchenpr­ofis vorgehen. Wie Ulrich Gerhard von BNY Mellon IM sagt, sollten die Unternehme­n je- denfalls über einen Cashflow verfügen, um sich refinanzie­ren zu können. „Deshalb ist es umso wichtiger, sich diese Unternehme­n einzeln anzusehen.“Nur so könne man gut aufgestell­te Emittenten ausfindig machen.

Telekom „gut einschätzb­ar“

Als Beispiel nennt Ulrich Gerhard den kroatische­n Lebensmitt­elproduzen­ten und -händler Agrokor: „Vor einiger Zeit waren wir in Anleihen des Konzerns investiert. Vergangene­n Sommer begannen wir aber, die Position abzubauen, da uns die Entwicklun­g bei Agrokor nicht mehr gefiel.“Inzwischen habe sich die Lage rund um den Konzern tatsächlic­h dramatisch verschlech­tert.

Im Amundi Fonds zählen Automobilb­ranche und Telekom zu den Sektoren mit den größten Gewichtung­en. An letzterem Sektor findet auch Ulrich Gerhard Gefallen: „Hier kann man Kundenstru­kturen, aber auch den Cash Flow, relativ gut einschätze­n.“

Beachtung verdient auch das Produkt von M&G, das vor allem auf variabel verzinste Hochzinsan­leihen setzt. Diese passen ihren Kupon regelmäßig – meist alle drei oder sechs Monate – an die kurzfristi­gen Zinsen an. Eine Eigenschaf­t, die in Zeiten steigender Zinsen einen interessan­ten Aspekt bietet.

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