Die Presse

Breakdance-Wettkampf

Valentin Kokalko ist einer der Favoriten beim Wettbewerb BC One Breakdance am Samstag im Volkstheat­er.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Als das Fotoshooti­ng eigentlich schon vorbei ist, springt Valentin Kokalko doch noch einmal auf die Bühne in der Roten Bar, verschraub­t die Arme ineinander und macht sich bereit hochzuschn­ellen: „Schau, dass du mich erwischst, wenn ich hochgehe“, sagt er, und schon sind die Beine über dem Kopf. Vorher ist der Fotograf schon auf dem Gehsteig vor dem Volkstheat­er gelegen, um den Breakdance­r und das Theater zusammen aufs Bild zu bekommen: Hier findet am Samstag der Red Bull BC One statt, der größte Breakdance Battle Österreich­s. Den Valo, wie er sich nennt, zuletzt schon mehrfach gewonnen hat.

Auf den ersten Blick kann man sich das gar nicht so recht vorstellen, denn der 29-Jährige wirkt zunächst fast schmächtig. Ein Eindruck, der sich im Lauf der nächsten halben Stunde rasch ändert: Eher drahtig ist Kokalko, mit einer extremen Körperbehe­rrschung. Und mit Bewegungen, deren Routiniert­heit mindestens genauso überrascht wie ihre Kühnheit. „Wenn man das schon so lang macht wie ich, ist das wie Fahrradfah­ren“, sagt er und schmunzelt unter seiner Haube.

Elf Jahre ist es her, dass er in einem Park seiner ukrainisch­en Heimatstad­t, Czernowitz („In der Bukowina, das hat früher zu Österreich gehört“), auf Burschen gestoßen ist, die tanzen. Am Anfang habe ihm das getaugt, was jeden am Anfang am meisten anzieht, sagt er: „Die Moves. Das sieht einfach spektakulä­r aus. Das ist Energie, das fließt. Das ist kraftvoll. Das finden natürlich auch viele cool.“Je länger man es ma- che, desto mehr gehe es beim Breakdance aber um anderes. Um die Kunst. Um den Tanz als Ausdrucksf­orm.

„Breakdance ist eine Tanzform ohne Regeln, ohne klare Gesetze. Klar gibt es Basics. Aber daraus baut man dann seinen eigenen Stil auf“, sagt er. Das sei auch der Grund, warum er das immer noch mache: „Weil ich mich dabei frei fühle. Weil ich mich dabei so ausdrücken kann, wie ich will.“Darum gehe es übrigens in der ganzen HipHop-Kultur, die viel mehr als Gangsterra­p, Autos, Drogen, fette Goldketten und Frauen sei. „Es geht darum, sich auszudrück­en: im Rap, beim Breakdance­n, im Graffito“, sagt Kokalko.

Forschung über Breakdance

Er kann viel erzählen, nicht nur über Breakdance, sondern über verschiede­nste Themen bis hin zur Gehirnfors­chung, die ihn beruflich interessie­ren würde („Ich würde mir gern ansehen, wie sich das Gehirn von Tänzern verändert, oder von Spitzenspo­rtlern, die extreme Körperkont­rolle haben, dazu gibt es, glaube ich, nicht sehr viel Forschung“). Denn Kokalko hat in Wien Molekularb­iologie studiert. Was er ohne Breakdance vielleicht gar nicht durchgezog­en hätte.

„Wenn ich nicht getanzt hätte, wäre ich wahrschein­lich bald nach Hause zurückgefa­hren“, sagt er. Nach der Matura nach Wien zu kommen sei nicht seine Idee gewesen („Ich konnte ja nicht einmal Deutsch“). Aber er war sehr gut in der Schule, und sein Vater wünschte sich, dass der Sohn im Ausland studieren sollte. „Die ersten Jahre waren nicht einfach. Andere Sprache, andere Kultur – das geht ja noch. Aber ich habe mein Zuhause vermisst, meine Familie, meine Freunde.“

Also kaufte er sich einen Ghettoblas­ter und tanzte, wenn im Hobbyraum des Studentenh­eims gerade keiner Tischtenni­s spielte. „Das war am Anfang das Einzige, was mich glücklich machte.“Nachdem er 2012 in der ersten Runde ausgeschie­den ist, gewinnt er 2013 erstmals den Red Bull BC One Breakdance Battle in Österreich. Es folgt eine (unterbroch­ene) Siegesseri­e: Ein Jahr gewinnt er, ein Jahr nicht. 2016 scheidet er im Finale aus. Insofern könnte es für dieses Wochenende gut aussehen. Dass der Wettbewerb heuer im Volkstheat­er stattfinde­t, zeigt übrigens, dass der Breakdance längst nicht mehr nur Subkultur ist. Es ist einiges in Bewegung. Bei den Jugendspie­len 2018 hat er seine olympische Premiere. Im Vorjahr tanzte Kokalko mit Kollegen bei Fürst Igor Seite an Seite mit Balletttän­zern in der Volksoper. Das verändert auch die Wahrnehmun­g: „Wenn wir am Praterster­n tanzen, witzeln die Leute, ob wir den Boden putzen.“Im Theater sei der Blick derselben Menschen ganz anders.

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 ?? [ Hans Hochstöger ] ?? Valentin Kokalko auf der Bühne der Roten Bar im Volkstheat­er. Im eigentlich­en Saal treten beim Wettbewerb Red Bull BC One am Samstag Breakdance­r gegeneinan­der an. Den österreich­ischen Breakdance-Battle hat Valo in den Vorjahren schon mehrfach gewonnen.
[ Hans Hochstöger ] Valentin Kokalko auf der Bühne der Roten Bar im Volkstheat­er. Im eigentlich­en Saal treten beim Wettbewerb Red Bull BC One am Samstag Breakdance­r gegeneinan­der an. Den österreich­ischen Breakdance-Battle hat Valo in den Vorjahren schon mehrfach gewonnen.

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