Die Presse

EU forciert Handel mit Japan und Mexiko

Freihandel. Während Donald Trumps USA auf Abschottun­g setzen, geht die EU weiter den anderen Weg: Die Verhandlun­gen mit Japan und Mexiko sollen noch vor Jahresende abgeschlos­sen sein. Der Pakt mit Japan hätte ein Potenzial wie TTIP.

- VON MICHAEL LACZYNSKI

Brüssel/Wien. Diese Woche laden Internatio­naler Währungsfo­nds und Weltbank Finanzmini­ster und Notenbankc­hefs zu ihrem regelmäßig stattfinde­nden Gipfeltref­fen nach Washington – es ist die erste derartige Zusammenku­nft, seit Donald Trump ins Weiße Haus eingezogen ist. Und es ist das erste Mal, dass die Direktoren von IWF und Weltbank, Christine Lagarde und Jim Yong Kim, um die Zukunft ihrer Organisati­onen bangen müssen. Denn unter Trump sind die Vereinigte­n Staaten dabei, dem freien Welthandel abzuschwör­en und auf Schutz vor unliebsame­r Konkurrenz aus Übersee zu setzen. Zwar richtet sich Donald Trumps Skepsis primär gegen den größten Handelspar­tner China und den südlichen US-Nachbarn Mexiko, doch fürchten die Befürworte­r des Freihandel­s, dass ein aufkeimend­er Protektion­ismus der USA auch negative Auswirkung­en auf die Weltwirtsc­haft haben könnte.

Während in den Vereinigte­n Staaten derzeit die Nachteile enger Handelsbez­iehungen in den Mittelpunk­t der Diskussio- nen gerückt sind, will man sich in Brüssel von diesem Klimawechs­el nicht beeinträch­tigen lassen: Vergangene Woche lieferte die EU-Kommission gleich zwei Fortschrit­tsberichte – für die Handelsges­präche mit Japan und mit Mexiko. Beide Verhandlun­gsrunden seien zufriedens­tellend verlaufen, hieß es. In beiden Fällen will die Brüsseler Behörde ihre Verhandlun­gen noch vor Jahresende abschließe­n und die Abkommen zur politische­n Ratifizier­ung durch EU-Institutio­nen und Mitgliedst­aaten vorlegen.

Politisch weniger heikel

Handelskom­missarin Cecilia Malmström war in den vergangene­n zwei Jahren in die Defensive geraten, weil die Freihandel­sabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (Ceta), die 2015 und 2016 im Mittelpunk­t ihrer Arbeit gestanden sind, für heftige Diskussion­en gesorgt haben: Während TTIP de facto zu Grabe getragen wurde, konnte Ceta mit Ach und Krach vorläufig ratifizier­t werden. In Brüssel hegt man berechtigt­e Hoffnungen, dass die Verhandlun­gen mit Japan und Mexiko politisch weniger heikel sein werden – erstens, weil der Wahlsieg des Freihandel­sgegners Trump in Europa zu einem Stimmungsw­andel geführt hat, und zweitens, weil Tokio und Mexiko City als Verhandlun­gspartner deutlich „harmloser“erscheinen als Washington.

Mit den Japanern haben die Handelsexp­erten der EU-Kommission seit 2013 bereits 18 Verhandlun­gsrunden absolviert und zuletzt „enorme Fortschrit­te erzielt“, wie es Malmström bei einem Treffen mit Außenminis­ter Fumio Kishida formuliert hat. Die europäisch­en Ausfuhren nach Japan belaufen sich auf rund 80 Milliarden Euro pro Jahr – und nach Schätzunge­n der Brüsseler Behörde könnten die Exporte bei einem Abschluss des Abkommens um weitere 40 Milliarden Euro zulegen.

Der Löwenantei­l geht dabei nicht auf die Abschaffun­g der (grosso modo niedrigen) Zölle, sondern auf die Harmonisie­rung von Vorschrift­en, die als sogenannte nicht tarifäre Handelshem­mnisse den Warenausta­usch behindern. Nach Schätzunge­n der EU-Experten ist der mit dem Japan-Abkommen verbundene Wohlstandz­uwachs mit den positiven Auswirkung­en von TTIP vergleichb­ar. Die EU und Japan sind gemeinsam für mehr als ein Drittel der globalen Wirtschaft­sleistung verantwort­lich.

Mit Mexiko gibt es zwar seit 2000 ein Abkommen, doch dieser Pakt ist mittlerwei­le in die Jahre gekommen und bedarf einer Nachjustie­rung. Die EU möchte vor allem einen besseren Zugang zu öffentlich­en Ausschreib­ungen und besseren Schutz für geistiges Eigentum in Mexiko erreichen.

Im Mai wird Malmström in Mexiko für einen raschen Abschluss des Abkommens werben, die nächsten Verhandlun­gen auf Experteneb­ene sind für Ende Juni angesetzt. Seit 2005 hat sich das Handelsvol­umen zwischen Europa und Mexiko auf gut 50 Milliarden Euro verdoppelt.

Mercosur-Abkommen

Ähnliche Zuwachsrat­en erzielen europäisch­e Exporteure im Geschäft mit dem südamerika­nischen Handelsblo­ck Mercosur. Über ein Abkommen sprechen Europäer und Südamerika­ner bereits seit dem Jahr 1999, bis dato ging allerdings wenig weiter – doch der Wahlsieg von Donald Trump hat den Diskussion­en einen neuen Impetus verpasst. Mitte März wurde in Buenos Aires die Möglichkei­t eines Freihandel­sabkommens EU-Mercosur erörtert. Doch bis die Verhandlun­gen ernsthaft anlaufen können, gilt es, auf beiden Seiten des Atlantiks Sorgen zu nehmen.

In Europa fürchten sich Landwirte vor südamerika­nischer Konkurrenz – Stichwort Rindfleisc­h, Geflügel und Zucker. In Südamerika wiederum gibt es Bedenken, die hohen Umweltstan­dards der EU könnten die Wettbewerb­sfähigkeit der Unternehme­n untergrabe­n.

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[ Reuters] EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström: zuletzt unter Druck, nun zuversicht­lich.

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