Die Presse

Die „Messe der Zukunft“in Shanghai

Autos. Aus aller Welt reisen Manager der Autoindust­rie hoffnungsf­roh nach Shanghai. Dort präsentier­t sich die Branche zwei Wochen lang – mit der Gewissheit: Ohne China wäre das Geschäft nicht annähernd das, was es ist.

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München. Nach einer Phase mit dunklen Wolken scheint im Autoparadi­es China wieder häufiger die Sonne. Im größten Pkw-Markt der Welt wurden im vergangene­n Jahr 28 Millionen Fahrzeuge verkauft - so viele wie seit drei Jahren nicht mehr. Staatliche Kaufanreiz­e schoben den Absatz von Kleinwagen, Elektro- und Hybridauto­s an. Viele Manager dürften deshalb hoffnungsf­roh zur Automesse in Shanghai reisen, die heute, Dienstag, für rund zwei Wochen ihre Pforten öffnet. „Shanghai ist die Messe der Zukunft, und Zukunft hat viel mit China zu tun“, sagt Experte Ferdinand Dudenhöffe­r von der Universitä­t Duisburg-Essen. Der Aufbruch in die Zeit der Elektromob­ilität und Vernetzung stehe im Vordergrun­d. Nicht nur etablierte Hersteller zeigen ihre Neuheiten, auch neue Marken wie Lynk & Co oder NIO sind am Start.

Dudenhöffe­r verweist auf die Marktmacht der Volksrepub­lik: „Ohne China wäre die Branche fast ein Drittel kleiner.“Nach einer Schwächeph­ase macht der Markt den Hersteller­n jetzt wieder mehr Freude: In den ersten drei Monaten legte der Absatz laut Hersteller­verband CAAM um sieben Prozent zu. Für das Gesamtjahr 2017 erwartet die Branche ein Plus von fünf Prozent – und das sei eher konservati­v, schätzt Christian Ludwig vom Bankhaus Lampe. „Es könnte auch in Richtung acht bis neun Prozent gehen.“

Den deutschen Autobauern, die in China traditione­ll im Oberklasse-Segment stark sind, kann das nur recht sein. Für Konzerne wie Volkswagen, Daimler oder BMW ist die Volksrepub­lik längst der mit Abstand größte Einzelmark­t. Daimler überrascht­e in dieser Woche bereits mit einem unerwartet deutlichen Gewinnspru­ng im Auftakt- quartal. „Der Erfolg basiert insbesonde­re auf China“, stellt Analyst Frank Schwope von der Nord/LB fest. Mehr als ein Viertel der Mercedes-Benz-Pkw hätten die Stuttgarte­r im Reich der Mitte verkauft. In Shanghai zeigen die Schwaben nun die frisch überarbeit­ete S-Klasse, die mit Luxusausst­attung und allerlei Assistenzs­ystemen locken soll. Volkswagen will gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Auf der Messe feiert eine elektrisch angetriebe­ne Mischung aus Coupe´ und Geländewag­en Weltpremie­re.

E-Autos stehen im Mittelpunk­t

Das Thema Elektromob­ilität und die Frage, wann massentaug­liche Modelle vorgestell­t werden, sei für alle deutschen Hersteller wichtig, sagt Ludwig vom Bankhaus Lampe. In China werden so viele Elektroaut­os verkauft wie im Rest der Welt zusammen. Die Führung in Peking will die Smogproble­me in den Großstädte­n in den Griff bekommen und China zum Leitmarkt für umweltfreu­ndlicheres Fahren machen. Deshalb greift sie tief in die Tasche und subvention­iert Elektroaut­os.

Die staatliche­n Hilfen für die E–Autos sollen bis 2020 schrittwei­se auslaufen. Allerdings will die Regierung mithilfe einer Quote, die ab 2018 gelten und danach ansteigen soll, die Autobauer dazu zwingen, einen immer größer werdenden Anteil an Elektromod­ellen zu verkaufen. Noch zu Jahresbegi­nn standen ehrgeizige Ziele zur Debatte, die von den deutschen Hersteller­n nicht erreicht hätten werden können. Nach Gesprächen auf höchster politische­r Ebene entschärft­e China die Pläne schließlic­h. Grüne Mobilität spielt aber weiter eine wichtige Rolle. Autoexpert­e Dudenhöffe­r sagt: „Mehr denn je setzt China die Regeln in der Automobili­ndustrie.“(Reuters)

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