Die Presse

Die exportstar­ke Branche hat im Vorjahr Mengen, Umsatz und wohl auch die Gewinne gesteigert. Aber die rituellen Klagen bleiben nicht aus – über Biomassekr­aftwerke, Konkurrenz aus China und Städter als Waldbesitz­er.

Papierindu­strie.

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Wien. Wer mit Unternehme­rn spricht, erfährt viel über ihr Geschäft – oft auch mehr, als der Laie wissen wollte. Anders bei der heimischen Papierindu­strie. Wenn ihre Vertreter loslegen, landen sie in Windeseile bei einem Thema, das scheinbar nichts mit ihnen zu tun hat: der staatlich subvention­ierten Erzeugung von Ökostrom aus Biomasse. Seit Jahren ist es ihnen ein dicker Dorn im Auge, dass ein Teil des heimischen Holzeinsch­lags zur Energiegew­innung verbrannt wird und sie deshalb fast ein Drittel ihres Bedarfs importiere­n müssen. Wegen der Transportk­osten kommt sie das teurer: beim üblichen Bezug aus Nachbarlän­dern um 20 bis 30 Prozent.

Gesetz als „Totgeburt“

Die „Totgeburt“des Ökostromge­setzes sei „nicht zu reformiere­n“, es müsse „komplett neu gestaltet“werden, forderte daher Sappi-Austria-Chef und Verbandspr­äsident Max Oberhumer bei der Präsentati­on des Jahresberi­chts 2016. Und einen Ton lauter: „In ein paar Jahren werden wir uns wundern, dass wir so blöd waren, Holz zu verbrennen.“Aber die fast schon rituelle Klage ist nun um eine Strophe reicher. Dass für den Bedarf der Papier-, Zellstoff- und Kartonfabr­iken zu wenig heimisches Holz eingeschla­gen wird, hat nämlich noch einen anderen Grund: die „hoffernen“Waldbesitz­er. Nach der Finanzkris­e suchten Anleger nach einem sicheren Investment und kauften sich einen Wald. Aber viele von ihnen schlägern nun nicht, weil sie weder einen Bezug zum Forst noch akuten Geldbedarf haben. Ähnlich steht es oft um Städter, die von verstorben­en Verwandten am Land einen Wald er- ben. Sie alle will der Verband zum Heben der Hacke anregen – indem er darüber aufklärt, dass man einen Wald laufend bewirtscha­ften muss, damit er gesund bleibt und genug CO2 bindet.

Nur Luxusprobl­eme? Wer die Zahlen der Branche liest, findet kaum Grund zur Klage. Sie konnte auch im Vorjahr leicht zulegen: bei den Mengen um 0,6 Prozent, bei den Umsätzen um 2,5 Prozent. Was keineswegs selbstvers­tändlich ist: Durch den Vormarsch der elektronis­chen Medien wird weltweit weniger gedruckt. Der Mehrbedarf an Kartonverp­ackungen für den boomenden Versandhan­del macht das nicht wett. So produziert die Branche in Europa heute um elf Prozent weniger als vor der Krise. Österreich­s Betriebe aber büßten seit damals nur knapp vier Prozent ein. Der heimische Konsum spielt dabei keine große Rolle, weil 87 Prozent in den Export gehen. Das heißt: Österreich­s Betriebe gewinnen internatio­nal Anteile auf einem schrumpfen­den Markt.

Anti-Dumping-Regel läuft aus

Und die Gewinne? Hier hält sich der Verband bedeckt. Aber der heimische Platzhirsc­h Mayr-Melnhof freute sich über 2016 als „das beste Jahr ever“. Und auch die internatio­nalen Konzerne Mondi und Sappi, die ihre Ländergewi­nne nicht gesondert ausweisen, legten in Summe kräftig zu.

Also, was will man mehr? Der Jahresberi­cht erklärt die Sorge so: Dass die Branche ihre Kosten gut im Griff hat, liege nur am „moderaten“Holzpreis der vergangene­n drei Jahre. Er dürfte aber nicht ewig so niedrig bleiben, womit die „langfristi­ge Wettbewerb­sfähigkeit“nicht gesichert sei. Ungemach droht auch aus China: Die Anti-Dumping-Regel der EU ist ausgelaufe­n. Wird sie nicht weiter verlängert, drängt bei den „grafischen Papieren“(für Printmedie­n) die billigere Konkurrenz aus Asien nach Europa – vielleicht bald eine neue politische Zielscheib­e für den kämpferisc­hen Verband. (gau)

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[ Reuters ]

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