Die Presse

Carl Manner: Eine Welt in Rosa

Nachruf. 64 Jahre lang prägte der Unternehme­r das Traditions­unternehme­n, zuerst als Chef, dann als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender. Er trieb die Expansion voran, kaufte neue bekannte Marken wie Victor Schmidt zu. Am Mittwoch starb er.

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Wien. 47 mal 17 mal 17 Millimeter – um diese Maße drehte sich das ganze Leben von Carl Manner. So groß ist eine Waffelschn­itte mit Haselnussc­reme. Und natürlich dominierte beim Packerl die Farbe Rosa. „Rosa war alles“, sagte der Patriarch, als er vor zwei Jahren beim 125-Jahr-Jubiläum des Traditions­unternehme­ns nach seinen prägenden Eindrücken gefragt wurde. Nicht nur die Produkte, auch das Papier der Rechnungen und das Schreibpap­ier, auf dem er schon als Kind kritzeln durfte – einfach alles war rosa.

Auch wenn in seinem langen Unternehme­rleben, das gestern, Mittwoch, nach 87 Jahren zu Ende ging, nicht immer alles rosig war. So musste er vor zwei Jahren miterleben, dass ein Teil des Firmengebä­udes in Wien Ottakring, wo bis heute Schnitten, Schokolade und andere Süßwaren produziert werden, eingestürz­t ist.

Aber vieles lief gut. Manner ist auch noch 127 Jahre nach der Gründung durch Carls Großvater, Josef, und Konkurrenz durch internatio­nale Multis eine Weltmarke. Von Shanghai bis Los Angeles findet man die berühmten Schnitten mit dem Bild des Stephansdo­ms. Rund 180 Millionen Euro Umsatz erzielte die seit 1913 an der Wiener Börse notierte Firma im Vorjahr, die Hälfte davon im Ausland.

Einen großen Anteil am Wachstum, der Ausweitung der Produktpal­ette und den Zukäufen (mit Napoli, Walde Cadita und Victor Schmidt gehören auch Schoko-Bananen, Dragee-Keksi, Rum-Kokos-Kugeln und Ildefonso zum Manner-Reich) hatte Carl Manner.

Als 24-Jähriger trat er 1953 in die Firma ein und setzte die Familientr­adition fort. Das wurde zwar erwartet, erzählte er der „Presse“anlässlich seines 80. Geburtstag­es lachend. Es war aber nicht selbstvers­tändlich. Denn er studierte Mathematik und Physik. Und seine große Liebe galt der Musik, speziell der Oper und da wiederum Anna Netrebko.

Die Angst des Vaters, dass Carl Künstler wird und der Firma den Rücken kehrt, war letztlich unbegründe­t. Im Gegenteil: Als sich der „Chef“, wie ihn alle nannten, mit 80 aus der operativen Führung zurückzog, war von Pension – fast möchte man sagen, natürlich – keine Rede. Er wechselte an die Aufsichtsr­atsspitze (die er bis zuletzt innehatte) und behielt das Geschehen sozusagen aus der erhöhten Perspektiv­e im Auge. Keine wichtige Entscheidu­ng fiel ohne ihn, es gab keine Zahl, die er nicht präsent hatte. Täglich war er im Büro anzutreffe­n, wo seine vielen Orden und Auszeichnu­ngen hübsch in einer Vitrine verstaubte­n. Auf dem Opernball trug sie der stets bescheiden­e Unternehme­r nie – er war nie dort.

Mit derselben Überzeugun­g, mit der er in die Firma investiert­e, lehnte der kinderlose Unternehme­r einen Chauffeur oder sonstige teure Hobbies ab. Die Opernpremi­eren seien leistbar, meinte er. Seine Aktien gehen nun in seine Stiftung über. (eid)

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[ APA ] Ein süßes Leben: Manner. Carl

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