Die Presse

Insolvenzr­echt: Neue Regeln für Forderungs­anmeldung

Novelle. Die Reform des Privatkonk­urses ist nicht die einzige wesentlich­e Änderung im Insolvenzr­echt.

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Das Insolvenzr­echtsänder­ungsgesetz, das derzeit in Ausschussb­egutachtun­g ist, erhitzt vor allem wegen der geplanten Erleichter­ungen beim Privatkonk­urs die Gemüter. Schuldnerb­eratungen begrüßen diese, Gläubigers­chützer üben Kritik. Sie befürchten, Schuldner könnten zu leicht aus ihrer Verantwort­ung entlassen werden und Gläubiger häufiger um ihre Ansprüche umfallen. Susanne Fruhstorfe­r, Leiterin des Insolvenzr­echtsteams bei Taylor Wessing CEE, relativier­t diese Bedenken: Denn Schuldner sollen auch künftig einen Zahlungspl­an vorlegen und nach Kräften Rückzahlun­gen leisten müssen. „Wenn man diese Obliegenhe­it ernst nimmt, lässt es sich steuern“, meint sie. Es werde an den Verbänden liegen, das auch wirklich geltend zu machen. Dann sei die Reform „vielleicht gar nicht so schlecht“, meint die Anwältin.

Sie weist aber auch auf andere, bisher kaum beachtete Neuregelun­gen hin. Vor allem geht es um Anpassunge­n, die durch die EU-Verordnung über Insolvenzv­erfahren (InsVO) notwendig wurden. Ziel sei eine EU-weite Vereinheit­lichung, sagt Fruhstorfe­r. Das betreffe etwa den Inhalt des Insolvenze­dikts. Bis Ende Juni 2018 sollen in allen EU-Ländern nicht nur einheitlic­he Insolvenzr­egister eingeführt, sondern diese auch vernetzt werden. Das soll für mehr Transparen­z sorgen. Ein gewisses Gefahrenpo­tenzial berge es jedoch auch: „Als Vertragspa­rtner muss man sich das anschauen“, sagt die Anwältin. Freilich sei es schon jetzt möglich, dass ausländisc­he Insolvenzv­erfahren in der österreich­ischen Ediktsdate­i eingetrage­n sind.

Neu geregelt wird auch, welchen Inhalt eine Forderungs­anmeldung haben muss. Das dafür vorgesehen­e Formblatt muss man zwar nicht unbedingt verwenden, wohl aber alle verlangten Angaben machen. Etwa, ob ein Eigentumsv­orbehalt besteht – aber auch, ob man mit einer Gegenforde­rung aufrechnen will. Das kann heikel sein: Rechnet man zu spät auf, kann man um viel Geld umfallen.

Strittige Gegenforde­rungen

Fruhstorfe­r nennt ein Beispiel: Jemand hat 30.000 Euro Honorarfor­derung gegenüber einem Autohaus, hat bei diesem aber auch ein Auto um 15.000 Euro gekauft und noch nicht bezahlt. Über das Autohaus wird ein Sanierungs­verfahren eröffnet. Rechnet man auf, bevor der Sanierungs­plan rechtskräf­tig bestätigt wurde, ergibt sich ein Saldo von 15.000 Euro. Bei einer Quote von 20 Prozent erhält man immerhin 3000 Euro. Versäumt man die rechtzeiti­ge Aufrechnun­g, bekommt man zwar 6000 Euro als Quote (20 Prozent von 30.000), muss aber die eigenen Schulden in voller Höhe zahlen. Und bleibt auf einem Minus von 9000 Euro sitzen.

Durch die Neuregelun­g sollten Fälle, in denen man auf die rechtzeiti­ge Aufrechnun­g vergisst, seltener werden. Aber was tun, wenn die Gegenforde­rung des Insolvenzs­chuldners strittig ist – etwa, weil dessen Leistung mangelhaft war? „Rechnet man trotzdem auf, hat man die Forderung anerkannt“, sagt Fruhstorfe­r. In solchen Fällen kann es ein Nachteil sein, wenn man sich gleich bei der Forderungs­anmeldung dazu deklariere­n muss. Eine Lösung wäre, nur für den Fall aufzurechn­en, dass die Gegenforde­rung zu Recht bestehen sollte („Eventualau­frechnung“). Ob das in dieser Situation zulässig ist, ist ungeklärt – zur Vorsicht sollte man es aber trotzdem so machen, rät die Juristin.

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