Mit 15 zum Marathon
Vienna City Marathon. Während sich Kenianer und Äthiopier den Sieg ausmachen, ist der Niederösterreicher Benjamin Strahlhofer der jüngste Teilnehmer über die 42,195 Kilometer.
Der Niederösterreicher Benjamin Strahlhofer ist der jüngste Teilnehmer beim Vienna City Marathon am Sonntag.
Wien. Der Kenianer Eliud Kiptanui, 27, oder der Äthiopier Deribe Robi, 26, wird wohl am Sonntag beim Vienna City Marathon über 42,195 km triumphieren (Start 8.58 Uhr, live in ORF eins). Der jüngste Teilnehmer bei den Männern aber kommt aus Niederösterreich. Benjamin Strahlhofer, geboren im Mai 2001, 15 Jahre alt, war schon vor zwei Jahren jüngster Läufer beim Halb-Marathon, heuer nimmt er in Wien sein erstes Rennen über die Marathon-Distanz in Angriff.
Strahlhofer ist nicht der erste Marathon-Teenager in Wien. Die Salzburgerin Monika Frisch wurde hier 1983 mit nur 13 Jahren Staatsmeisterin (3:10:03 Stunden), die Deutsche Jule Aßmann lief 2006 nur wenige Sekunden langsamer (3:10:16). Nicht in Wien, aber in Kalifornien erreichte die US-Amerikanerin Mary Etta Boitano schon Mitte der 1970er-Jahre eine Zeit von knapp über drei Stunden – als Zehnjährige. Erst vor zwei Jahren komplettierte die damals zwölfjährige Blanca Ramirez aus den USA ihr Projekt von sieben Marathons auf sieben Kontinenten, der letzte in der Antarktis. Und die Bilder vom indischen Laufwunder Budhia Singh, für den als Vierjähriger die Marathondistanz längst kein Problem mehr darstellte, gingen dank eines Dokumentarfilms („Marathon Boy“) um die Welt – bis die indischen Behörden Singh die Teilnahme an Marathons verboten haben.
Denn kindgerechte Leistungen sind das allesamt keine. Extrembelastungen stellen ein Risiko dar, können vor allem im Wachstum Folgeschäden an Gelenken, Sehnen und Knorpel verursachen. Wien-Starter Strahlhofer aber ist keines dieser Marathon-Wunderkinder, beim HTLSchüler aus Bad Fischau-Brunn überwiegt die Vernunft. Eine Zeit zwischen dreieinhalb und vier Stunden peilt er in Wien an, vorrangiges Ziel ist, durchzukommen und das Burgtheater zu erreichen. Im Vorfeld hat er sich zudem am IMSB in der Südstadt einem Check unterzogen, die Sportmediziner gaben grünes Licht für die Herausforderung am Sonntag.
Dort gilt es noch, die Monotonie im Kopf zu verarbeiten, ein weiterer Grund, wieso im Kindes- alter von solchen Laufdistanzen abgeraten wird. „Du denkst über alles nach, was dir gerade einfällt, versuchst dabei das Negative zu vermeiden. Irgendwann gibt es einen Punkt, und man fällt in eine Art Trance. Dann denke ich über gar nichts mehr nach, bin im Flow und laufe“, erzählt Strahlhofer.
Angefangen mit den großen Distanzen hat er vor einigen Jahren bei Charity-Läufen. „Ich habe gemerkt, dass ich ziemlich weit laufen kann für mein Alter.“Mit den immer besseren Leistungen kam der Spaß, mit den Erfolgen ein erster Sponsor. Wunderdinge darf man sich vom Nachwuchs-Athleten noch keine erwarten, der 15-Jährige weiß, er gehört zu den starken Läufern, „aber es gibt halt auch noch andere“. Eine Lauf-Karriere will er nicht ausschließen.
Zur Vorbereitung für Wien lief Strahlhofer den Halbmarathon in Mödling, 1:44:52 und ein Muskelkater. Die volle Marathon-Distanz hat er bisher zweimal absolviert, einmal im vergangenen Sommer, eine nächtliche Runde um den Wörthersee („Um die Großeltern damit nicht zu belasten“), zum Frühstück war er rechtzeitig zurück. Einen Monat später dann von Bad Fischau-Brunn nach Puchberg am Schneeberg und retour, wieder ein Muskelkater, sonst aber keine Beschwerden. Das Herz-Kreislauf-System kommt auch in Strahlhofers Alter mit Leistungssport zurecht, eine sportmedizinische Betreuung verhindert Fehlbelastungen. Bewegungsmangel richtet wohl die größeren Schäden an.
Der jüngste Weltmeister
Die meisten Marathon-Teenager haben ihre Karrieren dennoch früh beendet, für Aufsehen sorgte deshalb Ghirmay Ghebreslassie aus Eritrea, als er sich 2015 in Peking als 19-Jähriger zum jüngsten Marathon-Weltmeister der Geschichte krönte (2:12:28). Bei Olympia in Rio wurde er Vierter (2:11:04), ebenfalls 2016 war er der bisher jüngste Sieger des New-York-CityMarathons (2:07:51). Die Halbmarathon-Distanz lief er als 17-Jähriger in 1:00:09. „Meine Eltern wollten, dass ich ein großer Student und nicht ein großer Läufer werde“, pflegt Ghebreslassie zu sagen.
Irgendwann fällt man in eine Art Trance. Dann denke ich über gar nichts mehr nach. Benjamin Strahlhofer HTL-Schüler