Die Besten der Welt
27. April 1947, New York. An einem Tisch im Museum of Modern Art wird ein Mythos begründet: der Mythos Magnum. Wie aus einer kleinen, feinen Fotoagentur ein global agierender Medienkonzern wurde.
Ein Medienkonzern und der Mythos Magnum.
Frühe Einladungen zum Beitritt richteten sich auch an Fotografen aus Österreich: 1949 Ernst Haas, 1951 Erich Lessing, 1955 Inge Morath.
Ich habe den Vertrag von Magnum in Händen“, schrieb der Schweizer Fotograf Werner Bischof am 9. September 1948 triumphierend aus Helsinki, wo er gerade arbeitete. Bischof war der erste Fotojournalist, den die im Jahr zuvor gegründete Fotografenkooperative Magnum zum Beitritt einlud. Dieses Angebot sollte ihm eine fulminante Weltkarriere eröffnen, die freilich schon nach wenigen Jahren wieder zu Ende war. Denn im Mai 1954 verunglückte Bischof während einer Reportage in Peru tödlich. Im selben Jahr kam Robert Capa, der Gründungsvater und informelle Chef von Magnum, im Indochinakrieg durch eine Mine ums Leben. Zwei Jahre später starb ein weiterer wichtiger Magnum-Fotograf, David Seymour (Chim), während der Suezkrise.
Magnum-Fotografen lebten damals gefährlich. Aber das Risiko war auch Teil des Magnum-Mythos, den die Agentur von Anfang an sorgfältig kultivierte. 1952 brachte Robert Capa, das Credo der Agentur auf den Punkt: „When Suez and Teheran are burning, the quiet middle between the two is not going to excite editors very much. If you want to do sad stories, you have to get nearer to the news.“Magnum hatte immer den Anspruch, mit der Kamera am Puls der Zeit zu sein. Das bedeutete: das Leben aufs Spiel zu setzen auf der Jagd nach spektakulären Aufnahmen, Zeugnis abzulegen auch über die dunkelsten Seiten dieser Welt – Katastrophen, Krieg, Gewalt, Terror. Dieser Tage feiert die legendäre Fotoagentur ihren 70. Geburtstag. Lassen wir aus diesem Anlass die Geschichte der Agentur Revue passieren. Und fragen wir: Was ist aus dem Haufen unerschrockener Fotografen, die im Frühjahr 1947 bei einem Mittagessen im New Yorker Museum of Modern Art beschlossen, künftig als fotografische Kooperative zu arbeiten, eigentlich geworden?
Der 27. April 1947 gilt als Gründungsdatum von Magnum. Über dieses erste Treffen ist aber so gut wie nichts bekannt. Wer beim Gründungstreffen anwesend war, ist ebenfalls umstritten. Am Tisch im MoMA saßen vermutlich nur vier Personen: Robert Capa, der die Idee zur Fotografenkooperative gehabt hatte, der amerikanische „Life“-Fotograf William (Bill) Vandivert und seine Frau Rita sowie die Deutsche Maria Eisner, die in den 1930er-Jahren in Paris die Fotoagentur Alliance Photo gegründet hatte. Dass eine Flasche Magnum-Sekt in der Mitte gestanden sei, gehört wohl ins Reich der Märchen. Gesichert ist lediglich, dass die neue Firma unter dem Namen Magnum Photos Inc. am 22. Mai 1947 in das New Yorker Handelsregister eingetragen wurde.
Die neue Agentur entstand als Kooperative, und sie begann bescheiden. Jedes Gründungsmitglied brachte 400 Dollar in das gemeinsame Unternehmen ein. Damit sollten die ersten Grundkosten abgedeckt werden. Die künftigen Einnahmen wurden geteilt: 40 Prozent für Magnum, 60 Prozent für die Fotografen. Aber die Fotografen profitierten nicht nur, sondern trugen auch das Risiko. Wenn sie keine Bilder verkaufen konnten, gab es kein Geld. Das kommerzielle Konzept der neuen Agentur war einfach und bestechend zugleich: Der organisatorische Apparat der Agentur sollte möglichst klein sein, um rasch und flexibel auf aktuelle Themen und Nachrichten reagieren zu können. Alle Fotografen arbeiteten als Freiberufler. Die Verhandlungen mit den Verlagen wollte man, gestärkt durch das kollektive Auftreten, auf Augenhöhe führen.
Geboten wurde die Arbeit hervorragender, berühmter Fotografen, die eine weltweite Präsenz garantierten. Den Redaktionen wurden nicht Einzelbilder angeboten, sondern wann immer möglich geschlossene Reportagen, die möglichst teuer verkauft wurden. Die Rechte an den Bildern sollten künftig bei den Fotografen und der Agentur verbleiben und nicht an den Auftraggeber abgegeben werden. Weitere Einkünfte sollten sich aus Mehrfachverwertungen ergeben.
Die ersten Erfolge der Agentur stellten sich bald ein. Immerhin fiel die Gründung in die goldenen Jahre des amerikanischen Fotojournalismus. Die Zeitschriften „Life“und „Look“gehörten zu den ersten großen Kunden der Agentur. In den 1940er-Jahren schnellten die Auflagen dieser beiden amerikanischen Illustrierten in die Höhe. Die Zeitschrift „Look“etwa konnte ihre Auflage zwischen 1940 und 1946 von 1,3 auf 6,4 Millionen steigern. Der Konkurrent „Life“, der 1936 vom Verleger Henry Luce gegründet worden war, war mit bescheidenen 380.000 Stück pro Woche gestartet. Nach dem Krieg erschien das Magazin in einer amerikanischen und einer internationalen Ausgabe und erreichte bis 1953 eine Auflage von fünf Millionen Exemplaren wöchentlich und mehr als 20 Millionen Leser weltweit. Das Anzeigengeschäft blühte in diesen Jahren, die Einnahmen der Verlage sprudelten. Magnum segelte jahrelang sehr erfolgreich im Windschatten dieses Booms.
Magnum wurde zwar in New York gegründet, war aber am Beginn eine Fotoagentur, die aus dem Geist Europas geboren wurde. Die meisten Gründungsmitglieder waren Europäer, und die ersten Einladungen zum Beitritt richteten sich ebenfalls an europäische Fotografen – nicht wenige von ihnen kamen aus Österreich. 1949 trat etwa Ernst Haas der Agentur bei, 1951 Erich Lessing, 1955 Inge Morath. Mitte der 1950erJahre war die „Magnum-Familie“bereits auf 24 Personen angewachsen.
Europäisch war aber auch der kommerzielle Hintergrund der Agentur. Die Idee, vom Einzelbild abzurücken und den Verlagen geschlossene Fotoreportagen anzubieten, hatte Capa bereits um 1930 in Deutschland kennengelernt. Er hatte damals in der kleinen, innovativen, vom Wiener Simon Guttmann gegründeten Berliner Fotoagentur Dephot (Deutscher Fotodienst) assistiert.
Capa war in seinem Herzen Europäer. Er blieb es auch noch in New York, als er zusammen mit Magnum den amerikanischen Fotojournalismus prägte. Gerne und oft hielt er sich im Pariser Magnum-Büro auf. Erst nach seinem Tod verlagerte die Agentur den Schwerpunkt stärker in die USA und nahm vermehrt amerikanische Fotografen auf: Eve Arnold, Burt Glenn, Erich
Hartmann, Dennis Stock und andere. John Morris, der 1953 als Generalmanager zu Magnum wechselte, erinnerte sich später: „I had to raise the status of the Americans.“Heute umfasst Magnum mehr als 70 Mitglieder. Aus der kleinen, feinen Agentur ist ein global agierender Medienkonzern geworden mit Büros in New York, Paris, London und Tokio sowie einem weltweiten Netzwerk von Subagenten, die die Marke Magnum verkaufen.
Wieso ging die Rechnung von Magnum auf? Nicht zuletzt, weil bei der Agenturgründung im Jahr 1947 keiner der an der Agentur Beteiligten ein Newcomer im Geschäft mit der Fotografie war. Capa, die treibende Kraft hinter dem Projekt, ein erfahrener Kriegsfotograf, der bereits in den 1930er-Jahren mit seinen Aufnahmen aus dem Spanischen Bürgerkrieg berühmt geworden war, hatte jahrelang für die Zeitschrift „Life“gearbeitet, ebenso Chim (David Seymour), der auch in Spanien begonnen hatte. Beide hatten bereits vor dem Krieg Bekanntschaft mit Henri Cartier-Bresson gemacht, einem Maler, der in den 1930er-Jahren zur Fotografie gekommen war. George Rodger und Capa lernten sich während des Zweiten Weltkriegs als Kriegsfotografen kennen. Erfahrung war also genügend da, und auch an Selbstbewusstsein fehlte es den MagnumGründern nicht. „Es gibt in Amerika sicher zwei Millionen Amateure, die besser sind als ich. Aber sie sind Amateure, und ich bin Profi.“An diesen großspurigen Satz Capas erinnerte sich der österreichische MagnumFotograf Erich Lessing in einem Interview noch Jahrzehnte später.
Bis in die frühen 1960er-Jahre liefen die Geschäfte der Agentur ausgesprochen gut. Die Mitglieder profitierten von den wachsenden Ausschüttungen. Während ein fest angestellter Pressefotograf bei „Look“in den 1950er-Jahren zwischen 50 und 100 Dollar pro Woche verdiente, muten die Summen, die Magnum in diesen Jahren für viele ihrer Reportagen aushandelte, astronomisch an: 5000, 10.000, 15.000, 20.000 Dollar und sogar darüber.
Je exklusiver das Thema, je aktueller und sensationeller der Anlass, je berühmter der Fotograf, desto höher der Preis. Durch geschicktes Verhandeln – und ab und zu auch durch bewusst herbeigeführte Bieterschlachten (wie bei Auktionen) – gelang es Magnum, häufig weit bessere Ergebnisse zu erzielen als andere Agenturen, die vor allem Einzelbilder verkauften. Als 1954 Stalin starb, stieß eine Reportage des MagnumFotografen Henri Cartier-Bresson plötzlich auf gewaltige Nachfrage. Der Agentur gelang es, den Preis für die Serie hochzutreiben und sie für sagenhafte 40.000 Dollar an die Zeitschrift „Life“zu verkaufen, die sie in ihrer internationalen Ausgabe veröffentlichte. Die Geschichte spielte schließlich noch weit mehr Geld ein, denn sie erschien in anderer Zusammenstellung kurz darauf auch in Europa, etwa im deutschen „Stern“, in der englischen „Picture Post“, in der französischen „Paris Match“und in der italienischen Zeitschrift „Epoca“.
„Die Besten der Welt: Capa, Henri Cartier-Bresson, Chim und Rodger.“In euphorischen Worten und voller Stolz hatte Werner Bischof 1948 seiner Freundin Rosellina Mandel den exklusiven Fotografenklub geschildert, dem er nun ebenfalls angehören würde. Und er ergänzte: „Was mir wichtig erscheint, dass alle zuverlässige und sozialistisch gesinnte Menschen sind. Zwei davon waren im Spanischen Bürgerkrieg.“Als 1949 Bischofs erste große über Magnum vermittelte Osteuropareportage in „Life“erschien, war er jedoch enttäuscht und entsetzt. „,Life‘ machte im Dezember 1949 aus Osteuropa ,Iron Curtain Countries‘. Elf Seiten Fotos, aber ganz schlimme ,KalterKrieg‘-Texte.“
Zwar kultivierte Magnum von Anfang an den Mythos der unabhängigen, unbestechlichen Agentur, die die besten Fotografen weltweit unter Vertrag hat und den Verlagen selbstbewusst gegenübertreten konnte, aber die Praxis sah oft ganz anders aus. Was die Redaktionen aus den zugekauften Reportagen machten, mit welchen Texten sie die Bilder veröffentlichten, darauf hatte Magnum wenig bis keinen Einfluss. Und so kam es, dass die Fotos der Agentur auch für zahlreiche Propagandaschlachten des Kalten Krieges herhalten mussten, an denen vor allem die Zeitschriften „Life“und „Look“beteiligt waren.
Aber auch Werner Bischofs sozialistisches Ethos verblasste allmählich. Er zog in die Vereinigten Staaten und fotografierte gern und häufig für Magnum-Großkunden, die Kapitalisten reinsten Wassers waren. Anfang der 1950er-Jahre dokumentierte er etwa für Standard Oil (Esso) den Bau amerikanischer Autobahnen, während sein Freund George Rodger für dasselbe Unternehmen das weltweite firmeneigene Netz petrochemischer Anlagen ablichtete.
Robert Capa wusste, dass die MagnumFotos sich den Zielen der großen Kunden unterzuordnen hatten. Solange die Kasse stimmte, schien ihn das nicht zu stören. Henri Cartier-Bresson hingegen versuchte seine Bilder aus Russland, China und Polen gegen die politische Vereinnahmung zu schützen, indem er sie mit folgendem Satz stempelte: „This photograph can be reproduced only with the accompanying caption or with text strictly in the spirit of its caption.“Er duldete auch nicht, dass seine Bilder beschnitten wurden. Dennoch, die Verwendung von Magnum-Fotos für die Kalter-Krieg-Rhetorik konnte auch er nicht verhindern. Verglichen mit den finanzstarken Auftraggebern saß Magnum, die kleine, unabhängige Agentur, letztlich auf dem kürzeren Ast.
Etwa eineinhalb Jahrzehnte währte die ungetrübte Erfolgsgeschichte von Magnum. Dann, in den 1960er-Jahren, veränderte sich der Medienmarkt in den USA grundlegend. Das Fernsehen wurde zum erstzunehmenden Konkurrenten für die Printmedien. 1945 gab es erst 10.000 registrierte Fernsehkunden in den USA, zehn Jahre später waren es bereits 29 Millionen. Die Zahl der Fernsehsender stieg in dieser Zeit von sechs auf über 200.
Das Fernsehen war in der Bildberichterstattung weit schneller als die wöchentlich erscheinenden Illustrierten. Der Schweizer Fotograf Rene´ Burri, seit 1959 Magnum-Mitglied, beklagte einmal, dass er in den 1960er-Jahren, nach dem Abschluss einer Vietnam-Reportage, abends im Hotelzimmer saß und im Fernsehen jene Bilder sah, die er selber kurz zuvor mit seiner Kamera festgehalten hatte.
Die Satellitenübertragung von Live-Sendungen, die ab 1962 möglich war, revolutionierte die Welt der Bildnachrichten. Die Fotojournalisten, die ihre Filme per Flugzeug in die Redaktionen schicken mussten, hatten nun das Nachsehen. Erst gut drei Jahrzehnte später konnten auch sie ihre ersten digitalen Bilder per Satellit übertragen. Aber die Medienwelt war inzwischen bereits eine ganz andere geworden. Denn um das Jahr 2000 hatte sich eine völlig neue Plattform der globalen Berichterstattung etabliert: das Internet.
Noch folgenreicher als die enorme Beschleunigung der Nachrichten war der kommerzielle Umbruch, den das Fernsehen ab den 1950er-Jahren einleitete. Es entzog den Printmagazinen viel Werbung und damit Geld. Die Luft für die großen Magazine, die sich in hohem Ausmaß über die Anzeigen finanzierten, wurde immer dünner. Im angloamerikanischen Raum begann ein Zeitungssterben unter den Illustrierten. „Collier’s“und die britische „Picture Post“mussten bereits 1957 aufgeben, „The Saturday Evening Post“folgte 1969.
Anfang der 1970er-Jahre erwischte die Medienkrise dann auch die beiden großen US-amerikanischen Flaggschiffe „Look“und „Life“– trotz nach wie vor enormer Reichweiten in der Leserschaft. „Life“verkaufte 1969 sagenhafte 8,9 Millionen Exemplare wöchentlich, ähnlich viele „Look“. Dennoch machten beide Magazine seit den 1960erJahre Verluste, da ihnen die Anzeigenerlöse wegbrachen. Am 19. Oktober 1971 wurde „Look“eingestellt. Im folgenden Jahr kam das Ende von „Life“.
Damit war die große Zeit des amerikanischen Fotojournalismus zu Ende. Die Agentur Magnum, die einen Gutteil ihres Ge- schäfts mit „Life“und „Look“gemacht hatte, musste sich neu orientieren. An die Stelle aktueller Reportagen traten nun andere Geschäftsfelder, die die Agentur teilweise schon seit den 1950er-Jahren beackert hatte, etwa die Illustration von Geschäftsberichten großer Firmen, die Erarbeitung von Company Books, aber auch große Auftragsarbeiten aus der Mode- und Filmbranche.
Als in den 1950er-Jahren die großen Hollywoodstudios ihre fotografischen Abteilungen auflösten, sorgten unter anderem Magnum-Fotografen für Ersatz. John Hustons monumentale Filmproduktion „The Misfits“im Jahr 1960 beispielsweise wurde exklusiv von mehreren Magnum-Fotografen (darunter Inge Morath) dokumentiert. Dazu kamen in der jüngeren Vergangenheit auch groß angelegte Kooperationen und Aufträge für internationale Kultur- und Hilfsund Menschenrechtsorganisationen, so zum Beispiel für Unicef oder Amnesty International.
Die mediale Präsenz von Magnum hat sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten deutlich verändert. Hatte die Agentur in den Anfangsjahren ihren Königsweg noch in der Belieferung der großen internationalen Magazine gesehen, so ist die Agentur nun auf vielen „Kanälen“präsent. Sie produziert, oft in Kooperation mit Unternehmen, Museen oder Galerien, Fotoausstellungen, gibt Fotobücher heraus, verkauft darüber hinaus Fotoabzüge am Kunstmarkt und produziert multimedial angelegte Bildreportagen im Netz. Wie alle anderen Fotoagenturen vermarktet Magnum ihre Bilder seit 1998 in erster Linie über das Internet.
Die berühmten Magnum Vintage Prints, die originalen Fotoabzüge, wurden allmählich zum Klotz am Bein der Agentur, denn ihre Lagerung und Verwaltung war teuer und aufwendig. 2009 verkaufte Magnum daher das umfangreiche analoge Fotoarchiv an MSD Capital, eine private amerikanische Investmentfirma des Computerunternehmers Michael S. Dell. Dieser schenkte die rund 200.000 Fotos umfassende Fotosammlung 2013 dem Harry Ransom Center an der University of Texas in Austin, wo sie nun aufbewahrt und erforscht wird. Unbestätigten Berichten zufolge soll der Preis der Sammlung mehr als 100 Millionen Dollar betragen haben – eine wichtige Finanzspritze für die zu dieser Zeit kommerziell strauchelnde Agentur. Inzwischen schreibt sie, so heißt es, wieder schwarze Zahlen.
Wie schon so oft, ist Magnum auch gegenwärtig dabei, sich den Umbrüchen der Medienwelt anzupassen, um zu überleben. Und so schickt sich die Agentur an, den riesigen über die sozialen Netzwerke erschlossenen Massenmarkt der privaten Konsumenten zu beackern. Sie folgt damit erfolgreichen, im Internet tätigen StockPhotography-Agenturen, die mit ihren Geschäftsmodellen seit Jahren satte Gewinne einfahren.
Wirft die Agentur mit dieser Neuausrichtung ihre Tradition als Garant für Qualität und ihr elitäres Credo über Bord? Nicht wirklich. Denn die Agentur war immer schon kreativ im Ausloten neuer Geschäftsfelder. Sie verkaufte, was sich verkaufen ließ und gutes Geld versprach. Erfolgreich war die Agentur, weil sie eben nicht nur ein chaotischer Haufen von Kreativen war, sondern immer auch ein beinhart kalkulierendes Unternehmen, das rechnen musste – und konnte.
Magnum ist also Business, aber nicht nur. Der humanistische Mythos, den die Gründungsväter hochgehalten haben, wird nach wie vor gepflegt, und sei es als lukratives Markenzeichnen. „Branding“, also Markenpflege, ist heute, 70 Jahr nach der Gründung der Agentur, immer noch ebenso wichtig wie das Bildermachen und das Bilderverkaufen. Um die legendäre Frühgeschichte der Agentur nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, wird zur Zeit ein Spielfilm über die Gründerväter von Magnum gedreht. Der Produzent heißt Carnival Films, der mit der Serie „Downtown Abbey“bekannt wurde. Die Fotoagentur unterstützt die Produktion dieses Heldenepos nach Kräften. „It’s a damn good story“, so Magnum-Chef David Kogan zum Filmprojekt. „And great for us.“
Magnum ist Business, aber nicht nur. Der humanistische Mythos, den die Gründer hochgehalten haben, wird nach wie vor gepflegt. Robert Capa: „Es gibt in Amerika sicher zwei Millionen Amateure, die besser sind als ich. Aber sie sind Amateure, und ich bin Profi.“