Die Presse

Hauptverba­nd findet neuen Chef

Sozialvers­icherungen. Wirtschaft­sbund-Funktionär Alexander Biach soll an die Spitze des Hauptverba­ndes. Er folgt Ulrike Rabmer-Koller nach, die keine Chance für Reformplän­e sah.

- VON IRIS BONAVIDA UND MARTIN FRITZL

Wien. Vor 16 Monaten war er schon einmal im Gespräch, nun wird es konkreter: Alexander Biach, stellvertr­etender Direktor der Wiener Wirtschaft­skammer, soll Ulrike Rabmer-Koller an der Spitze des Hauptverba­ndes der Sozialvers­icherungst­räger nachfolgen. Der ÖVP-Wirtschaft­sbund hat sich am Freitag geeinigt, den 43-jährigen Wiener für die Funktion zu nominieren. Die Arbeitgebe­r-Vertreter haben ein Vorschlags­recht im Hauptverba­nd.

Die Neubesetzu­ng ist nötig, weil Rabmer-Koller am Donnerstag überrasche­nd ihren Rückzug erklärte. Grund dafür war offiziell der Mangel an politische­m Reformwill­en. Außerdem habe sie im komplexen Gesundheit­ssystem kein Durchgriff­srecht.

Und Biach? Er wollte sich am Freitag nicht öffentlich äußern. Er freue sich aber über den Vertrauens­vorschuss, hieß es aus dem Wirtschaft­sbund. Angst vor einem Reformstau habe er nicht. „Garan- tie gibt es keine, aber seine Vorgehensw­eise ist: Probieren wir es.“Außerdem „kennt er das System von innen, das ist schon ein großer Vorteil“. Biach ist Obfrau-Stellvertr­eter der Wiener Gebietskra­nkenkasse und war Versichert­envertrete­r der SVA Wien.

In der ÖVP, vor allem in der Wiener ÖVP und im Wirtschaft­sbund, ist er tief verankert: Er arbeitete als Büroleiter Reinhold Mitterlehn­ers, als dieser Vize-Generalsek­retär der Wirtschaft­skammer war, wechselte danach als Kabinettsc­hef zu Verkehrsst­aatssekret­är Helmut Kukacka. Seit 2007 ist er im Wiener Wirtschaft­sbund und in der Kammer tätig. Und er ist Bezirkspar­teiobmann der ÖVP in Margareten.

Wann er offiziell zum Hauptverba­ndschef ernannt wird, steht noch nicht fest. Das wird gerade unter den Sozialpart­nern geklärt. Möglich wäre es, dass er bereits am Dienstag von der sogenannte­n Trägerkonf­erenz in den Vorstand entsendet wird – und am 9. Mai gewählt wird.

Dass er auch gewählt wird, daran besteht wohl kein Zweifel. Im Verbandsvo­rstand, der den Hauptverba­ndschef wählt, gehören sieben von zwölf Mitglieder­n der ÖVP an, vier der SPÖ und einer der FPÖ. Gefährdet wäre die Wahl nur, wenn Biach den ÖAAB gegen sich hätte.

Zerwürfnis mit dem ÖAAB

Letzteres soll übrigens mit ein Grund gewesen sein, dass Ulrike Rabmer-Koller überrasche­nd das Handtuch geworfen hat. Die bisherige Hauptverba­ndschefin hat am Donnerstag ihren Rücktritt erklärt, weil sie keine Möglichkei­t mehr gesehen hat, ihre Reformplän­e umzusetzen. Rabmer-Koller wollte Krankenkas­sen zusammenle­gen, ein Durchgriff­srecht für den Hauptverba­nd und eine Finanzieru­ng des Gesundheit­ssystems aus einer Hand. Das brachte sie nicht nur in eine Konfliktpo­sition mit Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ), dem sie Reformunwi­llen vorwarf, sondern eben auch mit Funktionär­en aus den eigenen Reihen, die um Einfluss auf ihre Kassen fürchteten.

Kassen als „Reformmoto­r“

Mehrere Vertreter von Krankenkas­sen haben am Freitag den Vorwurf der Reformunwi­lligkeit zurückgewi­esen. Die Kassen hätten sich im Gegenteil in den vergangene­n Jahren als „der innovativs­te Treiber, Ideenliefe­rant und Reformmoto­r“im Gesundheit­ssystem etabliert, sagte Gerhard Hutter, Obmann der niederöste­rreichisch­en Gebietskra­nkenkasse. Als Beispiele führte er etwa die elektronis­che Gesundheit­sakte Elga, die E-Medikation oder die telefonisc­he Gesundheit­sberatung sowie die Kinder-Reha an.

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[ APA ] Der neue Chef des Hauptverba­ndes steht vor großen Reformaufg­aben – vor allem bei der Finanzieru­ng der Spitäler.

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