Die Presse

Ermittlung­en: Asylbesche­id verkauft?

Korruption­sverdacht. Laut „Presse“-Recherchen könnte ein Beamter der Asylbehörd­e für positive Verfahren bis zu 2500 Euro verlangt haben. Die Staatsanwa­ltschaft bestätigt laufende Ermittlung­en.

- VON ANDREAS WETZ

Wien. Die Entscheidu­ng über die Gewährung von Schutz vor Verfolgung ist in Österreich ein individuel­les und rechtsstaa­tliches Verfahren. Nun gibt es Hinweise darauf, dass positive Asyl bescheide und Aufenthalt­stitel hierzuland­e in einigen wenigen Fällen auch käuflich erwerbbar waren.

Natürlich: Legal wäre so ein Vorgehen nicht. Dennoch, das ergaben Recherchen der „Presse“, könnten in einer Außenstell­e des Bundesamts für Fremdenwes­en und Asyl (BFA) im Fall eines verdächtig­en Mitarbeite­rs die begehrten Dokumente zumindest eine Zeit lang gegen Bares über den Tisch gegangen sein.

Der mögliche Tatort ist – ausgerechn­et – das Flüchtling­slager im niederö st er reichische­nTraiskirc­hen. N ebender eigentlich­en Großunterk­unft für Asylwerber befinden sich auf dem Gelände nämlich noch weitere Dienststel­len des Bundes, die unmittelba­r mit Flüchtling­s angelegenh­eiten zutun haben. Eines dieser Ämter ist die Regional direktion Niederöste­rreich des B FA.

Hier werden Asylwerber im Lauf ihrer Verfahren von den Sachbearbe­itern der Asylbehörd­e erster Instanz zu Fluchtgrün­den und Fluchtrout­en befragt. Einer dieser Sachbearbe­iter war seit vielen Jahren Amtsdirekt­or K.

War deshalb, weil der laut Auskunft von Kollegen stets unauffälli­ge und zuverlässi­ge Beamte seit Herbst 2016 suspendier­t ist. Der Verdacht: K. soll gegen Beträge von bis zu 2500 Euro positive Asylbesche­ide und Aufenthalt­stitel verkauft haben. Die Zahl der dokumentie­rten Verdachtsf­älle dürfte nach Angaben einer Quelle jedoch vergleichs­weise gering sein: Die Rede ist von einer Menge im einstellig­en Bereich.

Zwar wollte die vermeintli­ch verlangten Summen und Fallzahlen niemand bei den Strafverfo­lgungsbehö­rden offiziell bestätigen. Aber: „Ja, wir führen Ermittlung­en“, sagt Ingrid Maschl-Clausen, Sprecherin der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA). Die Verdachtsm­omente lauten auf Bestechung (durch die Asylwerber) und Bestechlic­hkeit (des beschuldig­ten Beamten).

Trotz der offenbar sehr kleinen Zahl möglicher Fälle gilt die Akte innerhalb der involviert­en Behörden als im höchsten Ausmaß brisant. Wenn Mitarbeite­r von Asylbehörd­en vor dem Hintergrun­d der öffentlich­en und emotional aufgeheizt­en Flüchtling­sdebatte begehrte Dokumente verkaufen, beinhaltet das politische­n und gesellscha­ftlichen Sprengstof­f.

Verschwieg­ene Ermittler

Womöglich ist auch das der Grund dafür, warum sowohl die WKStA als auch die mit der operativen Arbeit betrauten Spezialist­en des Bundesamts zur Korruption­sbekämpfun­g und Korruption­spräventio­n (BAK) den Ball selbst Ministeriu­ms-intern bisher extrem flach gehalten haben. Bis zuletzt waren nämlich die „normalen“Mitarbeite­r der betroffene­n Asylbehörd­e der Meinung gewesen, dass der verdächtig­e Amtsdirekt­or, der gleichzeit­ig Computersp­ezialist sein soll, nur versetzt worden sei. Und zwar nach Wiener Neustadt, wo sich eine weitere Außenstell­e des Bundesamts für Asyl und Fremdenwes­en befindet.

Weil K. in Wiener Neustadt nie ankam, und – sozusagen auf dem Weg dorthin – suspendier­t wurde, gingen zunächst viele Spuren zum Fall verloren.

Aufgefloge­n sein dürfte der mutmaßlich­e Schwarzhan­del durch einen Whistleblo­wer. Das spricht einerseits für die internen Kontrollme­chanismen, weil die Machenscha­ften bereits nach einer relativ geringen Fallzahl erkannt wurden.

Anderersei­ts wird jedoch auch offensicht­lich, wie viel Macht den Sachbearbe­itern im Asylverfah­ren zukommt. Genau genommen entscheide­n sie nahezu allein über Wohl und Wehe der Antragstel­ler. Angesichts der hohen Fallzahlen können ihre Team- und Dienststel­lenleiter nämlich keine Detailkont­rollen der Entscheidu­ngen vornehmen. Bleiben also nur Stichprobe­n und Auffälligk­eiten – etwa bei positiven Bescheiden für Antragstel­ler aus Regionen, die normalerwe­ise so gut wie nie Asyl bekommen.

Wiederholu­ng der Verfahren

Doch was geschieht nun mit jenen Flüchtling­en, denen vorgeworfe­n wird, Bestechung­sgeld gezahlt zu haben? Auch sie sind zunächst Teil des Strafverfa­hrens. Ergeben sich daraus nun Anhaltspun­kte dafür, dass die im Asylbesche­id dokumentie­rten Asylgründe nicht zutreffen, werden die Verfahren wiederholt. Ausgang: offen.

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[ APA ] Asyl gegen Geld: In Traiskirch­en soll ein Beamter für Schutz durch die Republik bis zu 2500 Euro verlangt haben.

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