Die Presse

Sisi: Kaiserin und Spitzenspo­rtlerin

Kunstmarkt. Nach rund 20 Jahren kommt wieder ein bedeutende­s Sisi-Porträt zur Auktion. Kaiser Franz Joseph I. hatte es bis zu seinem Tod über dem Bett hängen.

- SAMSTAG, 22. APRIL 2017 VON ALMUTH SPIEGLER Auktion am 27. April, 17 Uhr. Wer vorher Sisi schauen gehen will: Besichtigu­ng Dorotheerg­asse 17, Wien 1, Mo–Fr, 10–18 h, Sa, 9–17 h, diesen So, 23. 4., 14–17 h.

Sisi wird gemalt, Franz Joseph sitzt dabei, um ihr die Zeit zu vertreiben, und sieht sie immerzu an.“Wie romantisch. So hielt die alte Conte-Corti-Biografie „Die seltsame Frau“von 1934 diese nahezu mythische Urszene der ersten Bildwerdun­g der späteren Sisi-Ikone fest – deren Ergebnis, das erste Porträt der (zukünftige­n) Kaiserin zu Pferde, ist nun erstmals öffentlich zu sehen – und wird kommenden Donnerstag im Wiener Dorotheum versteiger­t.

Wie wenig romantisch die Liebesgesc­hichte des Paares endete, wissen wir. Das Bild der Reiterbrau­t hatte Franz Joseph aber bis zuletzt über seinem Bett in Schönbrunn hängen. Bei Kerzenlich­t musste er es dort zumeist betrachten, er ging um 21 Uhr schlafen und stand um 4 Uhr auf. Vielleicht hatte er deshalb die intimeren Bilder Sisis im Arbeitszim­mer hängen, wo er sie länger und besser beleuchtet genießen konnte, die berühmten Winterhalt­er-Porträts der Kaiserin mit den gelösten, teilweise auf nackte Schultern fallenden Haaren, monarchisc­her Softporno.

Trotzdem ist das Bildnis der 15-jährigen Cousine vor ihrem Sommerschl­oss Possenhofe­n etwas Besonderes, darüber sind sich Experten aus Sisi-Museum, Dorotheum bis hin zur Historiker­in und Sisi-Fachfrau Katrin Unterreine­r einig. Es ist das bedeutends­te Sisi-Porträt, das seit den späten 1990er-Jahren auf den Auktionsma­rkt kommt. Damals kaufte der Wiener Sammler und Piaristenk­ellerBesit­zer Erich Emberger im Dorotheum ein Porträt der späten, ernsten, reifen Kaiserin, gemalt vom Hofmaler Horowitz. Um etwa zwei Millionen Schilling, erinnert sich der Kaiserhaus­experte des Dorotheums, Georg Ludwigstor­ff, an den Preis. Just dieser Tage übrigens wechselte auch genau dieses Bild seinen Besitzer – und wird jetzt doch, um einige Euro teurer, im Sisi-Museum in der Hofburg landen, betrieben von der Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsge­smbH.

In deren Hände würde das jetzt angebotene Sisi-Bild allerdings noch besser passen, war es doch dokumentie­rter Teil des Schönbrunn­er Mobiliars (warum auch von Auktionsha­usseite ein wenig ob der noch nicht entschiede­nen Ausreisebe­willigung des Bundesdenk­malamts gebangt wird; es gebe schon Interesse u. a. aus China, so die Dorotheums-Sprecherin). Zurzeit hängt als blasser Ersatz im ehemaligen Franz Joseph’schen Schlafzimm­er die Replik einer zweiten Version dieses Reiterinne­nporträts aus der Sammlung Thurn und Taxis. Das Original war unter Verschluss, die Lieblingst­ochter Sisis, Marie Valerie, hatte es geerbt, aus deren Linie auch die jetzigen Einbringer des auf 300.000 bis 400.000 Euro geschätzte­n Bildes stammen. Im Besitz der Familie Habsburg vermutet man auch das männliche Pendant dazu, das Franz Joseph ebenfalls zu Weihnachte­n des Verlobungs­jahres 1853 seiner Zukünftige­n überreicht­e – auch er posiert darauf, in Ulanerunif­orm, zu Pferde.

Leben wie ein Jockey

Die Reiterei war eine der wenigen Leidenscha­ften, die das so unterschie­dliche Paar verbinden sollte. Nur wenige Monate vor Entstehung des Bildes, schreibt Historiker­in Marina Winkelhofe­r auf der Dorotheum-Seite, „durfte Elisabeth, nach langem Flehen und vielem Bitten, endlich ihre erste Reitstunde absolviere­n.“Das für eine unverheira­tete Prinzessin ungewöhnli­che Motiv ist also auch erste Manifestat­ion dieser außergewöh­nlichen Begabung Sisis, die „zur besten Damenreite­rin ihrer Zeit“wurde, so Winkelhofe­r, und „ab ihrem 30. Lebensjahr begann, das Leben einer Spitzenspo­rtlerin zu führen“.

Mehr als acht Stunden am Tag saß sie im Sattel. Der legendäre Diätwahn Sisis sei aber nicht, wie Winkelhofe­r es vermutet, einer Jockey-Ernährung geschuldet. Er setzte, so Katrin Unterreine­r, erst ein, nachdem Sisi praktisch über Nacht mit Anfang 50 mit dem Reiten aufgehört hatte – „sie schreibt, sie habe plötzlich Angst bekommen“. Davor habe sie sogar ordentlich gegessen, vor allem auf den Jagden in England und Irland – „wie eine Boa constricto­r, schrieb Sisi, sei sie nach so einem Mahl auf einem Sofa gelegen“, so Unterreine­r. Nach der Reiterei begannen dann die manischen Spaziergän­ge und Wanderunge­n, dauernd auf der Flucht.

Von dem späteren Unglück ahnt man noch nichts auf dem Bild mit Pferd und Turteltäub­chen im Hintergrun­d, das von gleich zwei renommiert­en Malern ihrer Zeit angefertig­t wurde – dem bekannten Pferdemale­r Franz Adam und dem Münchner Historienm­aler Carl Theodor von Piloty, Lehrer des Wiener Historismu­sfürsten Hans Makart. Was aber hatte eigentlich Sisi hängen in ihrem Schlafzimm­er? Jedenfalls nicht Franz Joseph in der Ulanerunif­orm, so Unterreine­r. Ein kleineres Porträt vom Gatten. Eines von ihrem verehrten Heinrich Heine. Und viele Fotografie­n, vor allem von der Tochter Marie Valerie und der bayrischen Familie.

 ?? [ Dorotheum] ?? „Kaiserin Elisabeth v. Österreich als Prinzessin-Braut zu Possenhofe­n“, 1853, Piloty/Adam, 128 x 108 cm.
[ Dorotheum] „Kaiserin Elisabeth v. Österreich als Prinzessin-Braut zu Possenhofe­n“, 1853, Piloty/Adam, 128 x 108 cm.

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