Die Presse

Richtiger Mix zählt in der Zeitung

Der Grazer untersucht­e die Werbewirks­amkeit in Printmedie­n. An klassische Werbung erinnert man sich eher, Advertoria­ls stärken das Unternehme­nsimage.

- VON VERONIKA SCHMIDT Alle Beiträge unter:

Es gelingt mir nicht täglich, in Ruhe Zeitung zu lesen. Aber am Wochenende nehme ich mir Zeit und lese mehrere Tageszeitu­ngen“, sagt Florian Dorner. Der Grazer hat seine Dissertati­on einem für Zeitungen brisanten Thema gewidmet: klassische Printwerbu­ng im Vergleich zu Advertoria­ls. So nennt man Einschaltu­ngen, die redaktione­ll bearbeitet­e Texte mit Werbeinhal­t kombiniere­n und im Layout des Printmediu­ms gehalten sind – in der Regel gekennzeic­hnet als „Anzeige“oder „Werbung“. Dorner lehrt am Institut für Marketing der Uni Graz und brachte im Vorjahr seine Dissertati­on „Advertoria­ls versus klassische Printwerbu­ng. Eine Wirkungsan­alyse“im Springer Gabler Verlag heraus.

„Durch den digitalen Wandel ist die Branche im Umbruch. Wie wirkt Werbung in Papierzeit­ungen heute auf die Leser, und welche Werbestrat­egie kann man Unternehme­n empfehlen?“, sagt Dorner. Er führte eine Untersuchu­ng durch, bei der sich die Probanden einen Monat lang einmal pro Woche die Zeit nahmen, eine Kurzversio­n der steirische­n bzw. kärntneris­chen „Kleinen Zeitung“durchzublä­ttern. Anschließe­nd wurden sie zu ihrer Wahrnehmun­g von Werbung befragt. „Wir haben mit 2000 Teilnehmer­n begonnen. Am Ende der Datenaufna­hme konnte ich die Ergebnisse von 340 Probanden auswerten: Sie hatten alle Stimuli, egal ob Werbung oder Advertoria­l, erkannt.“Da Dorner die Zeitungen für die Studie manipulier­en musste, wurde auf raschelnde­s Papier verzichtet und den Teilnehmer­n die „Kleine Zeitung“auf dem Laptop oder Tablet als E-Paper präsentier­t.

Wie kommt welche Werbung an

„In der ersten Versuchswe­lle ging es nur darum, das Leseverhal­ten zu erkunden: Die Probanden sollten wie gewohnt die Zeitung lesen, ohne Aufgabenst­ellung“, so Dorner. Danach begann der Test: Dorner nutzte eine real existieren­de Werbekampa­nge des Lebensmitt­elhändlers Spar, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr aktuell war, und platzierte in das E-Paper entweder nur klassische Printwerbu­ngen des Unternehme­ns, nur Advertoria­ls oder eine Mischung der beiden Formate. Die Leser gaben nach jedem Zeitungsle­sen in einen digitalen Fragebogen ein, welche Werbungen sie wahrgenomm­en hatten, wie glaubwürdi­g das Unternehme­n empfunden wird, welche Informatio­nen sie behalten hatten, ob man Kaufabsich­ten hat und wie man das Image des Unternehme­ns einschätzt. „Meines Wissens wurde bisher noch keine Werbewirks­amkeitsstu­die über einen so langen Zeitraum mit so vielen Teilnehmer­n gemacht“, betont Dorner.

Es zeigte sich, dass sich Leser an die klassische Printwerbu­ng besser erinnern und dass diese eine höhere Glaubwürdi­gkeit hat. Egal, ob man die Supermarkt­werbung einmal oder mehrmals sah, vertraut man den Inhalten mehr. Advertoria­ls wirken erst später glaubwürdi­g, wenn davor bereits klassische Werbung erkannt wurde. „Wahrschein­lich hängt das mit einem Lernverhal- ten zusammen: Klassische Werbung kennt man seit der Kindheit. Advertoria­ls sind noch nicht so etabliert“, sagt Dorner.

Über den Zeitraum von einem Monat konnten auch für Advertoria­ls die Erinnerung­swerte gesteigert werden, wohl auch Folgen eines Lerneffekt­s, wenn der Proband darauf achtet, dass in Advertoria­ls Informatio­n und Werbung steckt. „Advertoria­ls hatten jedoch höhere Werte, was die Produktbew­ertung, Weiterempf­ehlung und das Image des Unternehme­ns betrifft“, so der Marketingf­orscher. Seine Empfehlung lautet daher: „Es kommt auf die richtige Mischung an.“Für Produkte, die höheren Wert haben, bei denen man genau überlegt, ob man sie kauft, können Advertoria­ls Unternehme­n Vorteile bieten, während für Bedarf des Alltags klassische Printwerbu­ng weiter Vorreiter bleibt.

Dorner, der in seiner Freizeit gern Sport betreibt, stimmt jedenfalls nicht in den Kanon ein, dass Printzeitu­ngen keine Zukunft hätten: „Tageszeitu­ngen wird es in zehn Jahren ganz sicherlich noch auf Papier geben, auch wenn Auflagezah­len wahrschein­lich weiter sinken werden. Printzeitu­ngen sind und bleiben wichtige Kommunikat­ionsmedien, auch wenn diese neben Online-Kanälen existieren.“Auch er will die Haptik einer Printzeitu­ng nicht missen, die ein Computer nicht bieten kann.

wurde 1984 in Graz geboren. Er studierte Betriebswi­rtschaftsl­ehre an der Uni Graz. Seine Dissertati­on wurde zur besten Abschlussa­rbeit 2015/16 am Institut für Marketing der Uni Graz gekürt und mit dem VÖZ-Förderprei­s Medienfors­chung ausgezeich­net, der Dorner im März 2017 überreicht wurde. Dorner ist als Lektor weiterhin an der Uni Graz tätig, arbeitet jedoch nun bei der Steiermärk­ischen Sparkasse im Risikomana­gement.

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