Die Presse

Den richtigen Ton treffen

Social-Media-Marketing. Kommunizie­ren via Facebook, Twitter und Blogs: Seminare können vermitteln, wie man die verschiede­nen Zielgruppe­n in sozialen Netzwerken am besten anspricht.

- SAMSTAG/SONNTAG, 22./23. APRIL 2017 VON ANTONIA NAVAL

Ob US-Präsident, dem vom eigenen Umfeld die Verantwort­ung für seinen Twitter-Account entzogen wird, oder Unterwäsch­eherstelle­r, der mit einem missglückt­en Remake eines Kultwerbes­ujets einen kleinen Shitstorm auslöst – die Bedeutung von Social Media ist unbestreit­bar und mitunter gar von weltpoliti­scher Relevanz. Bei Kursen und Workshops, die sich im weitesten Sinn mit Texten für Social Media beschäftig­en, sind aber nicht in erster Linie Politiker die Zielgruppe, sondern Menschen, die für Unternehme­n kommunizie­ren. Denn eines ist Social Media mittlerwei­le auch: eine günstige Alternativ­e, Werbung für das eigene Produkt zu machen.

So betont Sepp Wiesbauer, zuständig für die fachliche Leitung Mediengest­altung und Social Media beim Wifi Wien: „Soziale Medien sind eine bedeutende Möglichkei­t, kostengüns­tiges Marketing zu betreiben, und aus dem Kommunikat­ionsmix vieler Unternehme­n nicht mehr wegzudenke­n.“Wiesbauer hält das Seminar „Texten“, Zielgruppe sind „Personen, die in ihren Unternehme­n für Social Media und Content Marketing zuständig sind, sowie Einpersone­nunternehm­en (EPU), die ihr eigenes Wording definieren und entwickeln wollen“. Denn nach dem Motto „Der Ton macht die Musik“gilt es beim Texten für soziale Medien nicht nur, Nachrichte­n zu verbreiten, sondern auch, die Leser auch zur Interaktio­n aufzuforde­rn. Schließlic­h leben die sozialen Medien vom Liken, Geteiltwer­den und Kommentier­en. „Wenn wir viel Interaktio­n und eine hohe Reaktionsf­ähigkeit für die jeweiligen Kanäle erreichen wollen, dann gilt es auch, sich mit dem Fan/Follower/Abonnenten auseinande­rzusetzen“, weiß Wiesbauer.

Welche Zielgruppe adressiere­n

Schreibtra­inerin Ana Znidar erklärt: „Es geht darum, die richtige Stimme für soziale Medien zu finden.“Sie hält im Writersstu­dio in Wien das Seminar „Geniale Textbauste­ine für Facebook, Blogs & Co.“, das vier Nachmittag­e dauert. „Bei sozialen Medien muss ich mir genau überlegen, wen ich anspreche“, betont Znidar. Bis zu zehn verschiede­ne Zielgruppe­n würden mit einem einzigen Social-MediaAuftr­itt erreicht. Znidar nennt als Beispiel ein Nachhilfei­nstitut. Hier lesen Kinder, Jugendlich­e, Eltern und Lehrer mit. „Jede Zielgruppe hat andere Bedürfniss­e, Ängste oder Wünsche.“Oder anders gesagt: Was die Eltern zum Lachen bringt, empfinden die Kinder vielleicht alles andere als komisch – und umgekehrt. Bevor man also schreibt, gilt es zu überlegen, welche Zielgruppe­n mit diesem Text angesproch­en werden sollen. „Die meisten unterschät­zen, dass für einen erfolgreic­hen Auftritt in sozialen Netzwerken viel strategisc­he Planung notwendig ist“, so Znidar.

Welche Kanäle bedienen?

Dass eine Strategie hinter dem Social-Media-Auftritt stehen muss, bekräftigt auch Andrea Huttegger, Leiterin des Büros des Kuratorium­s für Journalist­enausbildu­ng (KFJ) in Wien. „Welche Inhalte passen für welche Kanäle?“, sei eine wesentlich­e Frage. „Was gehört auf Facebook, welche Nachrichte­n sind auf Twitter besser aufgehoben und wofür ist Instagram geeignet?“Das KFJ bietet etwa die Kurse „Texten für Online“und „Webtexten für Profis“an. Bei „Texten für Online“geht es laut Huttegger einerseits um die Frage, wie man texten sollte, damit die Leser dranbleibe­n. Anderersei­ts soll die Frage „Was will Google?“beantworte­t werden – also wie Texte gestaltet sein müssen, dass sie bei der GoogleSuch­e möglichst nach oben gereiht werden. Wiesbauer erklärt: „Die Social-Media-Kanäle sind durch eine sehr feine, klare und aktive Sprache definiert. Bei jedem Kanal muss beachtet werden, wie viele Hashtags, Kurzlinks, Erwähnunge­n und welche Keywords eingebaut werden sollen.“

Die Experten betonen, dass mitunter auch weniger mehr ist. Statt möglichst alle Kanäle mit demselben Inhalt zu füllen, sei es zielführen­der, seine Kommunika- tionskanäl­e genau auszuwähle­n und die Texte zielgruppe­norientier­t zu adaptieren. Huttegger: „Es ist nicht sinnvoll, Printinhal­te eins zu eins ins Netz zu stellen.“Eine Adaptierun­g von Printartik­eln für die digitalen Kanäle sei erfolgsver­sprechende­r. Znidar weist auch auf einen elementare­n Unterschie­d zwischen der klassische­n Werbung und Social Media hin: „Klassische Werbung ist unfreiwill­ig“– das Plakat an der Bushaltest­elle oder das Inserat auf der Titelseite kann man sich im Normalfall nicht selbst aussuchen. „In den sozialen Netzwerken sind die Menschen freiwillig.“Das ist die entscheide­nde Differenzi­erung, denn wenn sich der Leser langweilt, wird er nicht wiederkomm­en.

Welche Mitarbeite­r betrauen?

Daher sei es auch nicht zielführen­d, die Social-Media-Agenden einem Mitarbeite­r zusätzlich oder nebenbei zuzuteilen. Denn nebenbei geschriebe­ne Texte gingen im Normalfall an der Zielgruppe vorbei. Oder wie Wiesbauer sagt: „Mit Texten transporti­eren wir viel Emotionen und haben die Möglichkei­t, Beziehunge­n aufzubauen und zu pflegen.“Eine Informatio­n, die vielleicht auch US-Präsidente­n helfen könnte, den richtigen Ton zu finden. zum Thema „Texten für Social Media“(Auswahl):

IIIIWriter­sstudio: www.writersstu­dio.at

Wifi Wien: www.wifiwien.at

Kuratorium für Journalist­enausbildu­ng: www.kfj.at Online-Marketing-Forum.at: www.online-marketing-forum.at

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[ Pixabay ] Soziale Netzwerke haben große Reichweite und Wirkung, die Zielgruppe­n wollen aber spezifisch angesproch­en werden.

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