Die Presse

Uns steht nur der Weg des Pragmatism­us offen

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„Warum man auch heute noch Marxist sein kann“, GK von Gerhard Oberkofler, 10.4.; „Triste Rechtferti­gung“, LB von Alfred Ableitinge­r, 12.4.; „Marx, Murks...“, Replik von Wolfgang Müller, 14.4. Die Beiträge der Geschichts­professore­n sind fachlich sicher wohlfundie­rt. Sie ergänzen die Liste der globalen Gräuel, Lügen und Heuchelei und sind eine Neuauflage der Analyse von Gore Vidal „Ewiger Krieg für ewigen Frieden“. Sie gehen aber an einem wesentlich­en Aspekt des Disputes vorbei: Wie wirkt dieses Unrecht auf viele Beobachter der Zeitgeschi­chte.

Ich billige Oberkofler zu, über den globalen Zustand von Politik und Wirtschaft, über die Missachtun­g der Menschenre­chte verzweifel­t zu sein, eine Verzweiflu­ng, die natürlich die Fakten nicht ausgewogen berücksich­tigt und emotionale „wutbürgerl­iche“Ausfälle bewirkt. Die Frage ist allerdings, rechtferti­gt die tiefe Enttäuschu­ng den Versuch, den Marxismus wiederzube­leben? Macht das Aufrechnen der Schuld Sinn? Kann man alles vergessen, was im Namen dieser Ideologie passierte? Nein, eine klare Ablehnung ist notwendig. Gerade diese verzweifel­te Suche nach einer Lösung öffnet wieder einen neuen Irrweg.

Man muss auf alle Fälle dort wiederspre­chen, wo man aus „wissenscha­ftlichen“Gründen an den Gang der Geschichte glaubt, an eine unausweich­liche Entwicklun­g. Jede Neuauflage des Marxismus wird wieder scheitern.

Uns wird daher nur der Weg des Pragmatism­us, der Weg der „Sozialtech­nik der kleinen Schritte“offen stehen – auf europäisch­en Bühnen und global.

Dr. Rudolf Klemencic, 6600 Pflach

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