Selbstzerfleischung, made in Hütteldorf
Die Rapid-Krise ruft notorische Besserwisser auf den Plan, nur Debatten mit Funktionären helfen dem Spiel nicht. Fußball soll man spielen, aber nicht mit Business- und Polittalks stören. Auch Veteranen sollten besser schweigen.
Geht es Rapid und Austria gut, geht es Österreichs Fußball gut – so lautet eine Weisheit, die seit jeher durch die Stadien geistert. Betrachtet man diese Aussage allerdings unter dem Blickwinkel des 321. Wiener Derbys, ist Österreichs Fußball auf der Intensivstation gelandet. Austria hat gewonnen – aber nur dank der absoluten Harmlosigkeit der Rapid-Abwehr, einer alarmierenden Ideenlosigkeit im Angriff der Hütteldorfer und der kollektiven Unruhe, die sich auf das Spiel übertragen hat.
Bei Rapid lief in dieser Saison vieles falsch. Der Rauswurf von Trainer Büskens und Sportdirektor Müller, der katastrophale Auftritt mit Trainer Canadi oder die auffällige Stille rund um Sportdirektor Bickel – selbst die Beför- derung von Goran Djuricin zum Cheftrainer könnte Rapid teuer zu stehen kommen. Er betreute davor Ebreichsdorf, war Teil des erfolglosen CanadiKonzepts und durfte (nur) aus Kostengründen oder in Ermangelung profunder Alternativen bleiben. Das Problem: Er findet sogar für seine eigene Aufstellung kein System. Beim 0:2 gegen Austria war er verloren.
Djuricin wird von den Rapid-Verantwortlichen die Last der Trendwende, also der Gewinn des ÖFB-Cups, zugetraut. Nur noch dieser Titel rettet Saison, Europacup und dringend benötigte Einnahmen. Schon am Mittwoch könnte sich wieder einmal bewahrheiten, dass Fußball keinesfalls mit Businesstalks oder politischem Funktionärsgeschick zu lenken ist. Aufsteiger Lask ist der Gegner im Halbfinale des ÖFB-Cups, gestärkt durch Euphorie, Emotion, dem Know-how eines Ex-Ligaspielers und gereiften Trainers, Oliver Glasner.
Die Vision, dass die Wiener scheitern, ist nicht absurd. Dann wäre in dieser Spielzeit alles verloren – und dieser Umstand bliebe nicht ohne Konsequenzen im Vorstand. Personelle Abgänge hätten Nebeneffekte: Notorische Besserwisser würden womöglich verstummen. Naive, stets die eigene Vergangenheit verklärende Klubveteranen würden mit Medienpartnern und Fans applaudieren, Ziele ausloben – mit tunlichst neuen Spielern. Der neue Trainer, womöglich Didi Kühbauer, könnte ohne sinnbefreite Zwischenrufe oder sinnlose Autobahnstopps, nur um aufgebrachte Anhänger zu kalmieren, arbeiten.
Ist das bloß Illusion, oder ist die Realität nur noch wenige Niederlagen entfernt? Egal, Hauptsache die Selbstzerfleischung in Hütteldorf endet. Denn: Geht es Rapid und Austria gut, geht es Österreichs Fußball gut.