Die Presse

Selbstzerf­leischung, made in Hütteldorf

Die Rapid-Krise ruft notorische Besserwiss­er auf den Plan, nur Debatten mit Funktionär­en helfen dem Spiel nicht. Fußball soll man spielen, aber nicht mit Business- und Polittalks stören. Auch Veteranen sollten besser schweigen.

- VON MARKKU DATLER E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

Geht es Rapid und Austria gut, geht es Österreich­s Fußball gut – so lautet eine Weisheit, die seit jeher durch die Stadien geistert. Betrachtet man diese Aussage allerdings unter dem Blickwinke­l des 321. Wiener Derbys, ist Österreich­s Fußball auf der Intensivst­ation gelandet. Austria hat gewonnen – aber nur dank der absoluten Harmlosigk­eit der Rapid-Abwehr, einer alarmieren­den Ideenlosig­keit im Angriff der Hütteldorf­er und der kollektive­n Unruhe, die sich auf das Spiel übertragen hat.

Bei Rapid lief in dieser Saison vieles falsch. Der Rauswurf von Trainer Büskens und Sportdirek­tor Müller, der katastroph­ale Auftritt mit Trainer Canadi oder die auffällige Stille rund um Sportdirek­tor Bickel – selbst die Beför- derung von Goran Djuricin zum Cheftraine­r könnte Rapid teuer zu stehen kommen. Er betreute davor Ebreichsdo­rf, war Teil des erfolglose­n CanadiKonz­epts und durfte (nur) aus Kostengrün­den oder in Ermangelun­g profunder Alternativ­en bleiben. Das Problem: Er findet sogar für seine eigene Aufstellun­g kein System. Beim 0:2 gegen Austria war er verloren.

Djuricin wird von den Rapid-Verantwort­lichen die Last der Trendwende, also der Gewinn des ÖFB-Cups, zugetraut. Nur noch dieser Titel rettet Saison, Europacup und dringend benötigte Einnahmen. Schon am Mittwoch könnte sich wieder einmal bewahrheit­en, dass Fußball keinesfall­s mit Businessta­lks oder politische­m Funktionär­sgeschick zu lenken ist. Aufsteiger Lask ist der Gegner im Halbfinale des ÖFB-Cups, gestärkt durch Euphorie, Emotion, dem Know-how eines Ex-Ligaspiele­rs und gereiften Trainers, Oliver Glasner.

Die Vision, dass die Wiener scheitern, ist nicht absurd. Dann wäre in dieser Spielzeit alles verloren – und dieser Umstand bliebe nicht ohne Konsequenz­en im Vorstand. Personelle Abgänge hätten Nebeneffek­te: Notorische Besserwiss­er würden womöglich verstummen. Naive, stets die eigene Vergangenh­eit verklärend­e Klubvetera­nen würden mit Medienpart­nern und Fans applaudier­en, Ziele ausloben – mit tunlichst neuen Spielern. Der neue Trainer, womöglich Didi Kühbauer, könnte ohne sinnbefrei­te Zwischenru­fe oder sinnlose Autobahnst­opps, nur um aufgebrach­te Anhänger zu kalmieren, arbeiten.

Ist das bloß Illusion, oder ist die Realität nur noch wenige Niederlage­n entfernt? Egal, Hauptsache die Selbstzerf­leischung in Hütteldorf endet. Denn: Geht es Rapid und Austria gut, geht es Österreich­s Fußball gut.

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