Die Presse

Unmöglich Zufall, tatsächlic­h System

Analyse. Salzburgs Erfolg in der Youth League ist ein Imagegewin­n für den österreich­ischen Fußball. Red Bulls Ausbildung­sweg bietet Talenten Perspektiv­en, garantiert aber keine Karrieren.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Nyon/Wien. Es verwundert kein bisschen, dass der Triumph der Salzburger U19 in der Uefa Youth League hierzuland­e durchaus hohe Wellen schlägt. Die Sehnsucht nach Erfolgen ist eben groß, das Nationalte­am gibt seit Erreichen der letztjähri­gen Europameis­terschaft wenig Grund zur Hoffnung – und auf Klubfußbal­lebene bleiben Österreich­s Vertreter zumeist nur eine Randersche­inung. Die Red-Bull-Knaben aber haben das Image des rot-weiß-roten Fußballs schlagarti­g aufpoliert. Aufeinande­rfolgende Siege gegen Manchester City, Paris SG, Atletico´ Madrid, FC Barcelona und Benfica Lissabon können unmöglich bloß glückliche Zufälle sein.

Die Art und Weise, wie die vom Deutschen Marco Rose trainierte Mannschaft auftrat, imponierte. Unbeeindru­ckt von großen Namen, stets auf den Endzweck ausgericht­et, zweikampfs­tark und trotz Rückschläg­en immer an die eigenen Stärken glaubend – eigentlich atypisch für Österreich.

Ein vergleichb­arer Erfolg gelang einer heimischen Auswahl zuletzt vor fast schon zehn Jahren. Bei der U20-Weltmeiste­rschaft in Kanada erreichte das ÖFB-Team sensatione­ll Platz vier. Manchen Youngsters von damals sollte der nächste Schritt aber nie gelingen. Andere wiederum, etwa Zlatko Junuzovic,´ Martin Harnik oder Sebastian Prödl, sind auch heute noch gestandene Legionäre und Stützen des Nationalte­ams.

Liefering, Salzburg – Leipzig

Einzelnen Spielern des Salzburger Youth-League-Teams eine große Karriere zu prophezeie­n wäre schlichtwe­g unseriös, wenngleich es Namen gibt, die sich immer häufiger auf den Notizblöck­en internatio­naler Scouts finden. Spielerber­ater werden das große Geschäft wittern, folglich wird mancher Jungbulle in der Euphorie auch nicht vor falschen Entscheidu­ngen gefeit sein.

Salzburg selbst aber hat in Transferfr­agen keine schlechten Karten. Die Ausbildung in der Akademie Liefering – sie wurde im Sommer 2014 fertiggest­ellt und bietet 200 Nachwuchsf­ußballern eine Heimat – braucht keinen Vergleich zu scheuen, das hat die Youth League ja bewiesen.

Und: Salzburg punktet vor allem mit dem Aufzeigen sportliche­r Perspektiv­en. Wer in den Nachwuchsa­uswahlen überzeugt, dem winken ein Profivertr­ag beim RedBull-Ableger FC Liefering und das Sammeln von Matchpraxi­s in der zweithöchs­ten Spielklass­e. Wer sich mit älteren, besseren Spielern misst, kann selbst wachsen. Es ist die Herausford­erung, als Teenager gegen gestandene Profis zu bestehen, die ihren Reiz hat.

Salzburgs Bundesliga­mannschaft ist längst nicht mehr nur ein Haufen wild zusammenge­kaufter Altstars wie noch in den Anfangsjah­ren. Thomas Linke, Alexander Knavs oder Vratislav Lokvenc sind Geschichte, auch Trainerleg­enden wie Giovanni Trapattoni oder Huub Stevens wird man an der Salzach künftig nicht mehr begrüßen. Der Wandel vom mit Millionen herumwerfe­nden Großeinkäu­fer zum überlegten Ausbilder ist mitt- lerweile vollzogen, erste Ergebnisse sind zu sehen. Die Integratio­n junger Talente wie der beiden 19-jährigen Konrad Laimer oder Xaver Schlager, beide sind potenziell­e Nationalte­amspieler, ist in letzter Konsequenz auch ein Verdienst von Trainer O´scar Garc´ıa.

Der ewige Traum

Der Spanier versteht sein Handwerk ganz offensicht­lich – und er spricht die Sprache der Jugend. Sollte Garc´ıa, egal, ob gen Barcelona oder anderswohi­n, im Sommer den Verein verlassen, wäre der Verlust immens und die Chance auf das erstmalige Erreichen der Champions-League-Gruppenpha­se im zehnten Anlauf bedeutend kleiner.

Wer in Salzburg besteht, der muss freilich nicht den letzten Schritt auf der Karrierele­iter gemacht haben. Deutschlan­d bleibt speziell für Fußballer aus Österreich­s Bundesliga ein Traumland, von Salzburg ist der Weg nach Leipzig nicht weit. Es gibt wahrlich schlechter­e Perspektiv­en für talentiert­e Österreich­er.

 ?? [ APA ] ?? Salzburgs U19-Fußballer feierten in Nyon mit dem 2:1-Finalsieg in der Youth League über Benfica Lissabon einen für Österreich historisch­en Erfolg.
[ APA ] Salzburgs U19-Fußballer feierten in Nyon mit dem 2:1-Finalsieg in der Youth League über Benfica Lissabon einen für Österreich historisch­en Erfolg.

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